Krise der Europäischen Währungsunion schwächt Österreichs Wirtschaft   

erstellt am
09. 08. 12

Wien (wifo) - Das weltwirtschaftliche Umfeld schwächt sich weiter ab. Insbesondere im Euro-Raum belastet die Krise die Wirtschaft. In den asiatischen Schwellenländern ist die Eintrübung ebenfalls spürbar. Diese Entwicklungen dämpfen die Konjunktur in Österreich. In der Sachgütererzeugung verlangsamt sich das Wachstum. Bauwirtschaft und Dienstleistungssektor entwickeln sich aber noch robust. Als Folge dieser Entwicklung verschlechtert sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Die Inflation bleibt hingegen niedrig.

Die Weltwirtschaft wächst weiterhin mäßig, die Zeichen einer Konjunkturabschwächung mehren sich jedoch. Diese Dämpfung resultiert in erster Linie aus der Krise im Euro-Raum und einer Verlangsamung des Wachstums in den asiatischen Schwellenländern. In den USA und in Lateinamerika ist die Konjunktur hingegen noch verhältnismäßig robust.

Im Euro-Raum ist in den nächsten Monaten mit einer weiteren Eintrübung der Konjunktur zu rechnen. Die Unsicherheit der privaten Haushalte und Unternehmen ist angesichts der anhaltenden Krise des Vertrauens in die öffentlichen Finanzen und das Finanzsystem der Europäischen Währungsunion hoch. Dies und die drastischen Konsolidierungsbemühungen der öffentlichen Haushalte in einer Vielzahl von Ländern dämpfen die Nachfrage. Die Konjunkturindikatoren deuten auf eine Vertiefung der Rezession in mehreren südeuropäischen Ländern hin. Auch in Deutschland flaut die bislang kräftige Konjunktur etwas ab. Die Wirtschaft des Euro-Raumes insgesamt dürfte im II. und III. Quartal schrumpfen.

In Österreich ist die Konjunktur nach wie vor robust. Die Abschwächung des internationalen Umfelds infolge der Krise der Europäischen Währungsunion bremst jedoch auch die Entwicklung in Österreich. Laut WIFO-Konjunkturtest verlangsamt sich das Wachstum in der - in einem hohen Ausmaß exportorientierten - Sachgütererzeugung in den nächsten Monaten merklich. Bauwirtschaft und Dienstleistungssektor entwickeln sich hingegen nach Einschätzung der Unternehmen weiterhin gut.

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt trübt sich in Österreich weiter ein. Saisonbereinigt stieg die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten seit April nicht mehr. Die Arbeitslosigkeit erhöht sich wieder, im Juli waren 228.000 Arbeitslose vorgemerkt (+8,6% gegenüber dem Vorjahr). Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote betrug nach österreichischer Berechnungsmethode im Juli 7,1%, gemäß Eurostat im Juni 4,5%. Die Zahl der Arbeitslosen in Schulungen stieg, jene der offenen Stellen verringerte sich. Die Inflation ist aber weiter niedrig: Der markante Rückgang der Rohstoff- und Energiepreise seit April 2012 dämpft den Preisauftrieb. Der Anstieg der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr betrug im Juni 2,2%. Die Inflationsrate liegt damit in Österreich etwas unter dem Durchschnitt des Euro-Raumes (2,4%).

Methodische Hinweise und Kurzglossar
Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen" Bezug genommen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.

Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone.

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenz- und Zivildiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".
     
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