Ein neues, mithilfe von Daten der Modellpflanze Arabidopsis entwickeltes Untersuchungsverfahren,
eröffnet neue analytische Möglichkeiten für die Humangenetik: Publikation in Nature Genetics
Wien (öaw) - Ein Team um Magnus Nordborg, wissenschaftlicher Direktor des GMI - Gregor Mendel-Instituts
für Molekulare Pflanzenbiologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), und Arthur
Korte haben die umfassende genomweite Analyse durch eine neues Modell entscheidend erweitert. Die Wissenschaftler
verwendeten für ihre Untersuchungen die Modellpflanze Arabidopsis thaliana. Das neue Analyse-Modell lässt
sich jedoch nicht nur auf Pflanzen, sondern auch auf menschliche Daten anwenden. Die Ergebnisse sind in der aktuellen
Online-Publikation von Nature Genetics erschienen: “A mixed-model approach for genome-wide association studies
of correlated traits in structured population.”
Umwelt und genetische Veranlagung
Eine grundlegende Herausforderung in der Biologie ist es, zu verstehen, welche Rolle die Umwelt und die
genetische Veranlagung eines Organismus, Pflanze oder Tier, bei der Ausprägung der physischen Merkmale spielen.
Die Forscher nützen dabei die als "Genome-Wide Association Study" (GWAS) etablierte Technik. Diese
basiert auf dem Prinzip, die DNA-Sequenzen einzelner Individuen dahingehend zu vergleichen, ob gewisse Unterschiede
in der DNA-Sequenz immer zusammen mit ganz bestimmten Merkmalen der Organismen auftreten. Bisher wurden die Beziehungen
zwischen DNA-Sequenz und jeweiligem Merkmal separat analysiert. Etliche der zu untersuchenden Merkmale sind jedoch
aneinander gekoppelt. Mithilfe des nun entwickelten Analysemodells konnten die Wissenschaftler mehrere Merkmale
gleichzeitig untersuchen. Dadurch können neue Einblicke in die Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren
und genetischen Voraussetzungen gewonnen werden.
Entscheidend dabei ist: Die Methode ist auf Gensequenzen aller Organismen, auch des Menschen, anwendbar. Es ist
daher ein gutes Beispiel für die Bedeutung der Grundlagenforschung an Pflanzen für weiterführende
praktische Anwendungen. „Wie die genetische Variation in variable Merkmalsausprägung übersetzt wird und
wie dieser Prozess von der Umwelt abhängt, ist grundlegend für unser Verständnis der Evolutionsprozesse
und hat außerdem praktische Auswirkungen etwa in der Medizin oder in der Landwirtschaft", sagt Magnus
Nordborg.
Mithilfe dieses Modells können aber auch bereits vorhandene Daten zeit- und kostensparend neu analysiert werden.
Die Methode und die entsprechenden Tools zur Anwendung sowie umfangreiches Datenmaterial stehen anderen Forschern
online zur Verfügung.
Über das GMI
Das Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) wurde von der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften im Jahr 2000 gegründet, um Spitzenforschung in der molekularen Pflanzenbiologie
zu fördern. Das GMI, organisiert als GmbH, ist die einzige internationale Grundlagenforschungseinrichtung
auf diesem Gebiet in Österreich. Die Forschung am GMI gilt primär den Grundlagen der Pflanzenbiologie
und umfasst vor allem molekulargenetische Aspekte wie epigenetische Mechanismen, Populationsgenetik, Chromosomenbiologie,
Stressresistenz und Entwicklungsbiologie. Die Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana ist die am meisten verwendete
Versuchspflanze. Das GMI hat ca. 80 MitarbeiterInnen aus 22 verschiedenen Ländern. Die Umgangssprache ist
Englisch. Das GMI befindet sich in einem modernen Laborgebäude der Österreichischen Akademie der Wissenschaften,
das im Januar 2006 fertig gestellt wurde. Dieses gehört zum Vienna Biocenter Campus (VBC), auf dem mehrere
Forschungseinrichtungen sowie Biotechnologie-Firmen angesiedelt sind. |