Pressekonferenz mit Präsidenten Joachim Gauck und Heinz Fischer
Thema des Gesprächs der beiden Staatsoberhäupter mit den Journalisten waren u.
a. auch die Strategien zur Bewältigung der Euro-Krise
Wien (hofburg/apa) - "Das ist kein Dominanzstreben", mit diesen Worten hat der deutsche
Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem Besuch in Wien am 16.08. die prononcierte Sparhaltung der Regierung
in Berlin zur Bewältigung der gegenwärtigen Eurokrise verteidigt. Sein österreichischer Amtskollege
Heinz Fischer überraschte mit einem Appell zur Aufrechterhaltung der intensiven deutsch-französischen
Achse innerhalb der EU.
Präsident Gauck begründete die im europäischem Vergleich gesunde ökonomische Situation Deutschlands
am Donnerstag mit einem bilateralen Vergleich. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich habe man "die
Lasten früherer Reformen" - Gauck nannte explizit die SPD-Kanzlerschaft Gerhard Schröders - "in
Vorteile umgewandelt" und die Volkswirtschaften "gerüstet". Das nunmehrige Beharren auf einen
Sparkurs entspreche keinem "Dominanzstreben", sondern dem Bedürfnis nach "Solidität und
Verlässlichkeit" - einem Status, den Deutschland und Österreich "unter Schmerzen" erreicht
hätten und nun mit den anderen EU-Staaten "teilen" wollten.
Heinz Fischer, der im Unterschied zu Joachim Gauck die Gesetze über den Euro-Rettungsschirm und den EU-Fiskalpakt
bereits unterzeichnet hat, verwies "Differenzen" zu Joachim Gauck, der mit seiner Unterschrift auf das
Urteil des deutschen Verfassungsgerichtes am 12.9. wartet, ins Reich der Fabel: Im Gegensatz zu Deutschland sei
in Österreich die Unterschrift des Bundespräsidenten unter dem Gesetz nötig, um - bereits angekündigte
- Verfassungsbeschwerden erst zu ermöglichen.
Präsident Gauck wiederum wollte vor dem Spruch der Karlsruher Richter keinerlei inhaltliche Stellungnahme
zu ESM und Fiskalpakt abgeben, sprach aber von seiner "Freude" darüber, dass die deutsche Bevölkerung
nicht sofort "hysterisch" werde, wenn sich am europäischen Horizont Konfliktszenarien abzeichneten.
"Noch stehen die Menschen zu Europa" mahnte Gauck aber indirekt, es gelte "die Prinzipien der Verlässlichkeit"
in Europa darzustellen, um gegenüber den Bevölkerungen etwaige Autonomieabtretungen an die europäische
Union argumentieren zu können.
Eine dieser Achsen der Verlässlichkeit innerhalb der EU stellte Heinz Fischer in den Vordergrund, indem er
seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, die mittlerweile historische Zusammenarbeit zwischen Berlin und Paris im Rahmen
der EU möge - auch angesichts der von Heinz Fischer nicht erwähnten politischen Richtungsänderungen
in Frankreich - "aufrecht bleiben". Der Bundespräsident räumte die diesbezüglich zahlreichen
kritischen Stimmen im europäischen Konzert ein, die sich daran stoßen, dass zwischen Berlin und Paris
oft "Fakten und Tatsachen geschaffen" würden. Der positive Impetus dieser Achse sei aber "gar
nicht hoch genug einzuschätzen".
Im Anschluss an ein gemeinsames Mittagessen mit Heinz Fischer und dessen Frau Margit stand auf dem Programm von
Bundespräsident Gauck noch ein Treffen mit Bundeskanzler Werner Faymann und ein abschließender Besuch
in der Nationalbibliothek. |
Arbeitsgespräch mit Bundeskanzler Faymann über wirtschaftliche
Situation in Eurozone und in Europa
Wien (bpd) - Bundeskanzler Werner Faymann empfing Joachim Gauck, den Bundespräsidenten der Bundesrepublik
Deutschland, am Nachmittag des 16.08. zu einem Arbeitsgespräch in Wien. Im Mittelpunkt der Unterredung standen
die Stabilität der Eurozone und Maßnahmen zur Bewältigung der Wirtschafts- und Schuldenkrise.
"Wir stimmen gemeinsam darin überein, dass die Maßnahmen der nächsten Monate entscheidend
für die Stabilität der Eurozone und die Beschäftigungssituation in Europa sein werden", so
Faymann. Der deutsche Bundespräsident habe sich dabei unter anderem nach der Position des Bundeskanzlers zu
einer allfälligen Bankenkonzession für den Stabilitätsmechanismus ESM erkundigt.
"Zwischen Österreich und Deutschland gibt es traditionell eine sehr enge wirtschaftliche und politische
Zusammenarbeit. Im Mittelpunkt unserer Gespräche stand daher auch die Frage, wie man die Herausforderungen
in der Eurozone und in der EU am besten bewältigen kann", so der Bundeskanzler.
"Wir waren uns einig, dass wir mit unseren Anstrengungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur
Steigerung von Wachstum und Produktivität nicht nachlassen dürfen, auch wenn unsere beiden Länder
die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in der EU aufweisen", so Faymann abschließend. |