Kaske: Die Beschäftigten im Tourismus spüren die Krise noch immer
vida, AK und IFES präsentieren Arbeitsklimaindex Tourismus
Wien (ögb) - Aus wirtschaftlicher Sicht hat sich der Tourismus als krisensichere Branche erwiesen.
Wie der aktuelle Arbeitsklimaindex Tourismus belegt, herrscht bei den Beschäftigten im Tourismus aber sehr
wohl "Krisenstimmung". Die Zufriedenheit mit dem Job ist seit 2008 im Vergleich zu anderen Branchen drastisch
gesunken.
"Obwohl sie für den wirtschaftlichen Erfolg eines Betriebes mitverantwortlich sind, erleben viele ArbeitnehmerInnen
eine Existenzkrise", sagt Rudolf Kaske, Vorsitzender der Gewerkschaft vida, am 16.08. im Rahmen der Pressekonferenz
zum aktuellen Arbeitsklimaindex Tourismus. "Der Erfolg wird nicht gerecht verteilt. Löhne und Gehälter
halten mit den steigenden Anforderungen meist nicht Schritt", sagt Kaske. So geben 11 Prozent der Befragten
an, dass sie mit ihrem Einkommen ihre Existenz nicht absichern können, 61 Prozent kommen "gerade noch"
über die Runden. Das sind deutlich mehr als noch 2007 und deutlich mehr als in anderen Branchen.
Einkommenssituation und Arbeitsbedingungen müssen besser werden
In der Wahrnehmung der Beschäftigten haben sich auch die Entwicklungs- und Aufstiegschancen im Tourismus verschlechtert.
Die Bindung zur Branche ist damit von ohnehin niedrigem Niveau weiter abgesunken. Fast ein Fünftel der Befragten
denkt an einen Berufswechsel. "Einkommenssituation und Arbeitsbedingungen lassen im Tourismus weiterhin zu
wünschen übrig", sagt Kaske: "Obwohl wir jede qualifizierte Kraft brauchen, wird zu wenig getan
um gegenüber anderen Branchen konkurrenzfähig zu sein. Immer wieder Thema ist die Anerkennung und die
Wertschätzung der Leistung. Da gibt es unveränderten Handlungsbedarf seitens der Arbeitgeber."
Wer Leistung nicht anerkennt, treibt qualifizierte MitarbeiterInnen in die Flucht
Ein maßgeblicher Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen sind für Kaske die jüngsten KV-Abschlüsse.
Auf Bundesebene wird der Mindestlohn bis zum Jahresende von 1.205 bzw. 1.208 Euro brutto auf 1.300 Euro erhöht.
"Allerdings gibt es auch hier einen Wermutstropfen: die Arbeitgeber in Tirol haben den Abschluss bislang verweigert",
kritisiert Kaske: "Mit solchen Methoden wird die Tiroler Unternehmerschaft den Wettbewerb auf allen Ebenen
verlieren. Qualifizierte MitarbeiterInnen lassen sich nicht ausbeuten." Als Positivbeispiel nennt Kaske dagegen
die Wiener Hotellerie. Hier haben sich die Sozialpartner auf ein modernes Lohn- und Gehaltsschema geeinigt, das
einen Mindestlohn von 1.350 Euro vorsieht und den Beschäftigten, aber auch den Betrieben Vorteile bringt.
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Schenner: Zielorientierte Verbesserung der Rahmenbedingungen statt aufgewärmte Pauschalkritik
Wirtschaft steht für konstruktive Gespräche jederzeit bereit - erfolgreiche Branche
nicht schlecht reden
Wien (pwk) - "Der gestern von Arbeiterkammer Wien und Gewerkschaft vida vorgelegte Arbeitsklimaindex
Tourismus bringt wenig Neues - weder, was die Ergebnisse der Erhebung betrifft, noch in Bezug auf die immer wieder
kehrenden negativen Pauschalreaktionen von AK und Gewerkschaft", hält der Obmann der Bundessparte Tourismus
in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), Hans Schenner, am 17.08. fest. Dass etwa die Zeiteinteilung für
Krankenschwestern, Polizisten, Notärzte, Verkehrsbedienstete sowie für Beschäftigte in Beherbergung
und Gastronomie schwieriger ist als für Beschäftigte in sogenannten "Nine-to-Five-Jobs", sei
offensichtlich und keine Neuigkeit. Der Erkenntniswert einer solchen Befragung sei damit enden wollend.
Auch, dass der in der jüngsten Erhebung angestellte Langfristvergleich mit Befragungsergebnissen seit 2007
ergibt, dass die Situation vor der Wirtschaftskrise besser eingeschätzt wurde, sei keine Überraschung,
betont Schenner. "Auch der Vergleich mit anderen Branchen wäre nur dann fair, wenn alle Branchen gegenüber
gestellt und eine korrekte Unterscheidung in Dienstleistungs- und Produktionsbranchen durchgeführt würde.
Stattdessen wurde jedoch ein diffuser Durchschnitt erstellt, wo Beamte, Industriefachkräfte und andere Branchen
in einen Topf geworfen werden und deren Verteilung in der Vergleichsgruppe nicht transparent ist. Wenn Vergleiche
notwendig sind, dann bitte Äpfel mit Äpfeln vergleichen und nicht Äpfel mit Birnen", meint
Bundesspartenobmann Schenner.
Interessant in der diesjährigen Präsentation war die die erstmalige Aufschlüsselung der Beschäftigten
im Tourismus in Verwaltung, Köche, Kellner und Reinigungskräfte. Hier wurde die Unterschiedlichkeit der
Perspektiven der einzelnen Beschäftigtengruppen erstmals gut dokumentiert. Doch die Ergebnisse sind mit Vorsicht
zu betrachten, betont Schenner. Reinigungskräfte und als Kellner jobbende Studenten sehen demnach schlechtere
Karrierechancen im Tourismus als Köche und Verwaltung. Auch in diesem Fall würde sich eine Bereinigung
der Zahlen nach Kern- und Randbelegschaft empfehlen.
"Undifferenzierte Aussagen wie diese führen zu Pauschalverurteilungen der Branche und können negativen
Einfluss auf Jugendliche haben, die sich eine Lehre im Tourismus vorstellen können. Stattdessen sollten wir
ganz klar festhalten: Eine Ausbildung in Österreichs Beherberungs- und Gastronomiebetrieben bietet sehr gute
Karrierechancen für junge Menschen! Wo es Anlass zur berechtigten Kritik gibt, steht die Wirtschaft jederzeit
als Gesprächspartner zur Verfügung. Statt die Branche schlecht zu reden, fordere ich Arbeiterkammer und
Gewerkschaft auf, gemeinsam und konstruktiv mit den Arbeitgebern an der Verbesserung der Rahmenbedingungen für
Arbeitnehmer und Arbeitgeber unserer Branche zu arbeiten".
Schenner abschließend: "Mit Pauschalkritisierungen wie dieser weinen AK und vida am falschen Grabstein.
Die heimische Tourismuswirtschaft hat immerhin zuletzt in der Leistungsbilanz hervorragend abgeschnitten, jeder
fünfte Vollzeitarbeitsplatz in Österreich ist direkt oder indirekt von Tourismus und Freizeitwirtschaft
abhängig, und mehr als 10.000 junge Menschen werden als Lehrlinge in unserer Branche ausgebildet. Mit einem
Wort: Die rot-weiß-rote Tourismuswirtschaft kann sich sehen lassen!" |