Das Auseinanderreißen der Eurozone würde Österreich Milliarden Euro kosten, die
Rückkehr zu nationalen Währungen würde finanziell und sozial kaum abschätzbare Folgen haben
Alpbach/Wien (bpd) - "Österreich hat von der Europäischen Integration profitiert:
Ein jährlich zusätzlicher Zuwachs von einem Prozent des BIP ist darauf zurückzuführen. Das
Land wurde damit in den letzten zehn Jahren zu einem der wohlhabendsten Europas und das Land mit der niedrigsten
Arbeitslosigkeit", sagte Bundeskanzler Werner Faymann am 30.08. beim Wirtschaftsgespräch beim Europäischen
Forum Alpbach, an dem er gemeinsam mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Franz Fischler,
dem Präsidenten des Forums Alpbach, teilnahm.
Im Gegensatz dazu würde ein Auseinanderbrechen der Eurozone in einem Jahr einen Verlust von 32 Milliarden
Euro und einen im Vergleich zum aktuellen BIP um 11 Prozent geringeren Wirtschaftsoutput bedeuten. Ein Einbruch,
von dem sich Österreich erst in frühestens fünf Jahren erholen könnte, so der Kanzler, der
aus einer neuen Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) zitierte. "Gleichzeitig würde die Arbeitslosenrate
um 3,3 Prozent steigen, das heißt, zusätzliche 140.000 Menschen würden ihren Arbeitsplatz verlieren.
Und wir können die sozialen Kosten und politischen Konsequenzen, die sich aus diesem Szenario ergeben, noch
keineswegs abschätzen."
Noch höher und unwägbarer wären die ökonomischen und sozialen Kosten bei einer Rückkehr
zum Schilling.
Es sei daher dringend geboten, konstruktiv an der europäischen Integration weiter zu arbeiten, betonte der
Kanzler und zeigte die notwendigen Schritte konkret auf. "Erstens müsse gemeinsam mit den Willigen der
Europäischen Union die Finanztransaktionssteuer eingeführt werden. Zweitens sei eine gemeinsame Bankenaufsicht
zu etablieren, die auch mit den entsprechenden Interventionsrechten ausgestattet sei. Drittens müsse der ESM
mit einer Bankenlizenz ausgestattet werden, damit er handlungsfähiger werde. Schließlich sei ein gemeinsames
Schuldenmanagement in der Eurozone zu installieren, um die Währung gegenüber Spekulation abzusichern."
Aber: "Es wäre naiv, gemeinsame Verbindlichkeiten ohne strenge Regeln und deren Kontrolle zu akzeptieren",
sagte Bundeskanzler Faymann. Ebenso bleibe es das Ziel und die Vision der Europäischen Union, dass sie nicht
nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine soziale und demokratische Union werde. "Dafür brauchen wir
- wie die Bergsteiger hier rund um Alpbach - auch eine gute Ausrüstung und verlässliche Seilschaften."
Das Bild des Bergsteigers verwendete auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Alpbach: "Wir
wollen niemanden zurücklassen, aber jetzt auch nicht vor dem Gipfel haltmachen. Die Integration muss gemeinsam
vervollkommnet werden." Es sei noch ein steiniger Weg, aber ohne diesen Wandel der EU seien die Herausforderungen
der Zukunft nicht zu bewältigen. |