Schwache Nachfrage bremst Österreichs Industrie   

erstellt am
30. 08. 12

Bank Austria EinkaufsManagerIndex sinkt im August mit 46,7 Punkten auf tiefsten Wert seit Mitte 2009 und entfernt sich klar vom Wachstumsbereich
Wien (ba) - Die heimische Industriekonjunktur hat zu Sommerbeginn begonnen, sich rapide abzukühlen. Aktuell zeigt sich jedoch bereits eine Verlangsamung des Abwärtstrends und die Anzeichen für eine Bodenbildung nehmen zu. „Die zu Jahresbeginn eingesetzte Talfahrt des Bank Austria EinkaufsManagerIndex hat sich im August eingebremst, der Indikator ist von 47,4 im Vormonat auf aktuell 46,7 Punkte gesunken. Damit liegt der Indikator den zweiten Monat in Folge in einem Wertebereich, der ein Schrumpfen der österreichischen Industrie anzeigt“, erklärt Stefan Bruckbauer, Chefvolkswirt der Bank Austria. Das schwierige europäische Wirtschaftsumfeld schlägt zunehmend belastend auf die heimische Industrie durch. „Die Auftragslage hat sich im August nun auch im Inland verschlechtert, die Produktionsleistung wurde wieder reduziert und Jobs gingen verloren. Doch gestiegene Verkaufspreise und leicht gesunkene Bestände in den Verkaufslagern sowie eine Verlangsamung des Rückgangs der Teilindikatoren auf breiter Basis weisen bereits auf eine Stabilisierung der Industriekonjunktur hin“, meint Bruckbauer. Die österreichische Industrie ist durch das fordernde internationale Umfeld zwar belastet, sodass sie derzeit vom Wachstumspfad der vergangenen 2 ½ Jahre abgekommen ist, jedoch ist auf Basis der aktuellen Umfrageergebnisse unter Österreichs Einkaufsmanagern kein so schwerer und nachhaltiger Einbruch wie im Jahr 2008/2009 in Sicht.

Die Verschlechterung der Auftragslage ist das augenscheinlichste Zeichen der schwächelnden Konjunkturlage der heimischen Industrie. Zwar zeigt sich bei der seit März rückläufigen Nachfrage nach österreichischen Sachgütererzeugnissen aus dem Ausland im August nun erstmalig eine Konsolidierung, doch hat sich jüngst die Nachfrage von inländischen Abnehmern stark reduziert. Die Auftragspolster der Betriebe sinken daher mit unvermindert hohem Tempo. „Aufgrund der verschlechterten Auftragslage ist die Produktionsleistung der österreichischen Industriebetriebe im August spürbar gesunken. Der leichte Anstieg des Produktionsindex auf 48,4 Punkte zeigt aber, dass sich das Tempo des Rückgangs bereits einzubremsen begonnen hat“, so Bruckbauer.

Die Zurücknahme der Produktion führte abermals zu Jobverlusten. „Bereits den dritten Monat in Folge haben die befragten Industriebetriebe im August Beschäftigung abgebaut und dies mit zunehmendem Tempo“, meint Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. In den Monaten Jänner bis Juli ergab sich in Österreichs Industrie noch ein durchschnittliches Beschäftigungsplus im Jahresvergleich von 1,9 Prozent. Bis zum Jahresende wird der durchschnittliche Anstieg aufgrund des eingesetzten negativen Trends auf rund 1 ½ Prozent absinken. Das bedeutet, dass im Jahresdurchschnitt mehr als 580.000 Menschen im Sektor beschäftigt sein werden, um rund 10.000 mehr als im Jahr davor, aber weiterhin weniger als vor der Krise 2008/2009. In der Gesamtwirtschaft wird sich nach Ansicht der Ökonomen der Bank Austria dank der stabilen Entwicklung im Dienstleistungssektor – trotz einer schwächeren Dynamik im laufenden Jahr – 2012 ein neuer Rekordbeschäftigtenstand von rund 3,46 Millionen ergeben.

Die Einkaufspreise gingen im August weiter zurück, wenn auch nicht mehr so stark wie im Vormonat. Zwar drücken die durch die Euroschwäche hohen Erdölpreise auf die Entwicklung, doch viele andere Rohstoffe wie z.B. einige Metalle sind bedingt durch eine verhaltene globale Konjunktur günstiger geworden. „Während die Einkaufspreise im August bereits den dritten Monat in Folge deutlich gesunken sind, konnten die österreichischen Industriebetriebe trotz der schwächeren Nachfrage gegenüber dem Vormonat höhere Verkaufspreise durchsetzen. Damit hat sich im Durchschnitt die Ertragssituation im Sektor verbessert“, analysiert Pudschedl.

Der aktuelle Rückgang des Bank Austria EinkaufsManagerIndex bestätigt die seit einigen Monaten bereits schwachen internationalen Vorgaben für die heimischen Industriebetriebe und zeigt die hohe Verunsicherung, die dadurch zunehmend auch die heimischen Akteure befällt. Gleichzeitig ist die Lage in der österreichischen Industrie jedoch nicht ungünstig, denn die Auslastung ist hoch und der aktuelle Indikator zeigt in den meisten Teilbereichen bereits eine Stabilisierung des Tempos des Konjunkturrückgangs an. Auch der Quotient aus dem Index für Neuaufträge und Lagerbestände, der ein zuverlässiger Frühindikator für die weitere Entwicklung in der heimischen Industrie ist, liegt nur knapp unter der Neutralitätslinie. „Ein Einbruch der heimischen Industrie wie in der Krise 2008/2009 ist aufgrund der aktuellen Befragung der österreichischen Industriebetriebe nicht zu erwarten, kräftigende Impulse sind im gegebenen Umfeld bis zum Jahresende 2012 allerdings auch nicht in Sicht. Wir haben daher nach der bereits bisher sehr moderaten Entwicklung die Wachstumsaussichten für den Sektor zurückgenommen und erwarten für das Gesamtjahr 2012 nur noch einen Anstieg der Industrieproduktion um maximal ein Prozent nach immerhin 7 Prozent im Vorjahr“, meint Bruckbauer. Die Aussichten für die Industrie für das kommende Jahr sind unter der Annahme, dass eine glaubwürdige Lösung der Eurokrise gefunden werden, günstiger einzuschätzen. Eine höhere Wachstumsrate der global sehr wettbewerbsfähigen österreichischen Industrie um rund drei Prozent ist jedenfalls möglich. Der Sektor bleibt ein stabiler Anker der österreichischen Wirtschaft.
     
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