EU plant Maßnahmen zum Anlegerschutz
Wien (pk) – Eine Bankenunion müsse auf vier Säulen beruhen, um die Stabilität sicherzustellen:
auf einer gemeinsamen Aufsicht, klaren Spielregeln für die Einlagensicherung, einem Schuldenmanagement, sollte
eine Schieflage entstehen, und einem gemeinsamen Insolvenzrecht. Das betonte Finanzministerin Maria Theresia Fekter
am 05.09. im EU-Unterausschuss im Rahmen der Diskussion um die Pläne zu einem europäischen Rahmen für
Bankensanierung und Bankeninsolvenzrecht.
Was das geplante nationale Bankeninsolvenzrecht betrifft, so bedürfe es noch intensiver Diskussionen, da sich
die bisherigen Vorschläge auf die Schaffung einer sogenannten "Bad Bank" konzentriert hätten,
so Fekter. Damit müssten für alle schlechten Teile des Unternehmens wieder die SteuerzahlerInnen gerade
stehen, und das sei für sie nicht akzeptabel, sagte sie. Die Ressortchefin will sich bei der Erarbeitung der
innerstaatlichen Regelung auch am EU-Vorschlag orientieren. Die Abgeordneten Kai Jan Krainer (S) und Bruno Rossmann
(G) sprachen sich hingegen für eine rasche Vorlage und Beschlussfassung eines innerstaatlichen Bankeninsolvenzrechts
aus. Rossmann nannte die Tatsache, dass es ein solches bislang noch nicht gibt, sogar als eine "Schande".
Ein österreichisches Bankeninsolvenzrecht sei dringend geboten und könne unabhängig von einer EU-Regelung
eingeführt werden, sagte der Abgeordnete unter Hinweis darauf, dass die EU im Zuge der Finanzkrise 95 Mrd.
€ und Österreich allein 4 Mrd. € endgültig verloren habe.
Neben der Frage der geordneten Bankensanierung und Bankeninsolvenz befassten sich die Abgeordneten auch mit Vorschlägen
zum Kleinanlegerschutz.
Bankenkrisen: SteuerzahlerInnen sollen in Zukunft geschont werden
Die krisenhaften Entwicklungen auf den Finanzmärkten und der zur Gegensteuerung erfolgte Einsatz umfangreicher
Budgetmittel der einzelnen Staaten für die Rettung von Banken haben die Notwendigkeit deutlich gemacht, Regelungen
zur geordneten Sanierung von Banken festzulegen und die Möglichkeit zu eröffnen, möglichst früh
präventive Maßnahmen ergreifen zu können. Vor allem will man in Hinkunft vermeiden, dafür
nochmals derart große Mengen an Steuergeldern aufwenden zu müssen.
EU-Parlament und Rat wollen daher den Behörden einheitliche und wirksame Instrumente in die Hand geben, um
Bankenkrisen durch Präventivmaßnahmen abzuwenden, die Finanzstabilität zu erhalten und das Risiko
der SteuerzahlerInnen, für Insolvenzverluste aufkommen zu müssen, so gering wie möglich zu halten.
Geplant sind drei Säulen: präventive Maßnahmen durch strenge Kontrolle, frühzeitige restriktive
Eingriffsmöglichkeiten, sollte eine Schieflage entstanden sein, und schließlich Instrumente und Befugnisse
für die Abwicklung bzw. Liquidierung. Diesem Konzept entspricht auch der vorliegende Richtlinienvorschlag
der EU-Kommission "zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten
und Wertpapierfirmen".
Die Pläne der Kommission
Bei Banken entstünden bald Ansteckungsgefahr und Folgerisiken, was ein differenziertes Regime erfordert, erklärte
Fekter. Die Richtlinie sieht präventiv Sanierungspläne bei den Banken und Abwicklungspläne für
den Fall vor, dass die Sanierung fehlschlägt. Sie zielt auf ein möglichst frühzeitiges Eingreifen
der Behörden ab. Unabhängig von Größe und Komplexität sollen die Behörden schon
im Vorfeld weitreichende Instrumente einsetzen können, um ungeordnete Abwicklungen zu vermeiden.
Das von der Kommission vorgeschlagene dreiphasige Modell umfasst folgende Elemente: Zunächst geht es um die
Erstellung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen, um bei Banken oder Bankengruppen Liquiditätsprobleme
zu lösen, Eigenkapital zu erhöhen oder Risiken zu reduzieren. Bankengruppen sollen freiwillig, aber nach
Zustimmung der Anteilseigner und Genehmigung der Behörden finanzielle Unterstützungen vereinbaren können.
In einem weiteren Schritt erhält die Aufsichtsbehörde laut Vorschlag die Möglichkeit, präventiv
Geschäftspläne und Geschäftsstrukturen zu ändern und Geschäfte zu verbieten, wenn Abwicklungspläne
nicht anders implementiert werden können. Die Aufsichtsbehörde soll Sanierungsmaßnahmen verlangen,
Hauptversammlungen zum Beschluss dringlicher Maßnahmen einberufen, die Erstellung von Umschuldungsplänen
beauftragen und einen "Sonderverwalter" zur Wiederherstellung der Kreditwürdigkeit einer Bank bestellen
können.
Haben solche frühen Interventionen nicht zum Erfolg geführt, ist vorgesehen, eine Bank im Rahmen des
"normalen" nationalen Insolvenzgesetzes zu liquidieren. Wo dies wegen der Stabilität des Finanzsektors
nicht wünschenswert ist und eine "normale Insolvenz" wegen Gefährdung der Finanzmarktstabilität
nicht im öffentlichen Interesse wäre, wird gemäß den vorliegenden Plänen eine geordnete
Abwicklung vorgenommen. Dafür werden den Abwicklungsbehörden weitreichende, EU-weit harmonisierte Befugnisse
und Instrumente übertragen, wobei die Anteilseigner aber keinen größeren Verlust erleiden sollen
als bei einer Liquidation.
Ohne Zustimmung der Anteilseigner soll eine "Brückenbank" errichtet und zwangsweise oder automatisch
Fremd- in Eigenkapital (Bail-in) umgewandelt werden können. Diese Instrumente werden der Richtlinie zufolge
allen Aufsichtsbehörden zur Verfügung stehen, um im Falle eines Konkurses einer grenzüberschreitenden
Bankengruppe koordiniert und abgestimmt vorgehen zu können. Zur Abdeckung der Kosten ist die Einrichtung eines
Abwicklungsfonds vorgesehen, der von den Banken nach Maßgabe ihrer Verbindlichkeiten und ihres Risikos zu
dotieren ist. Der Fonds soll nach 10 Jahren 1% der gesicherten Einlagen erreichen und nur der Finanzierung von
Restrukturierungs- und Abwicklungsmaßnahmen dienen.
Offene Fragen: Proportionalität, Legalitätsprinzip, Einlagensicherung
Die Finanzministerin begrüßte grundsätzlich eine Harmonisierung in diesem Bereich und befürwortete
auch den Stufenaufbau, machte aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass die Kompetenzen der angedachten Aufsichtsbehörde
stark in die nationalen Kompetenzen und in Eigentumsrechte eingreifen, weshalb die Behörde auch ausreichend
legitimiert sein müsse. In Österreich herrsche ein strenges Legalitätsprinzip, fügte sie hinzu,
diesen Punkt werde sie in den folgenden Beratungen auch einbringen. Derzeit werde intensiv über den Kompetenzbereich
der Behörde, den Rechtsschutz, der damit verbunden ist, und die Finanzierungsfragen diskutiert.
Ungeklärt sei bislang auch der Aspekt, wie man bei grenzüberschreitenden Aktivitäten von Banken
vorgehe, zumal viele Banken auch in Drittländern außerhalb der EU tätig sind.
Eine wesentliche Frage im Zusammenhang mit der Abwicklung von Banken stelle sich auch im Hinblick auf die Einlagensicherung.
Hier habe die EU die Vision einer europäischen Einlagensicherung, die aber nach Aussage Fekters noch detailliert
und intensiv im Interesse des Schutzes österreichischer Steuergelder erörtert werden müsse. Sie
könne sich nur ein "kaskadisches Modell" vorstellen.
Der Vorschlag nimmt nach Auffassung der Ministerin auch zu wenig auf die Proportionalität Bedacht und unterscheidet
nicht, ob es sich um eine große Bank oder um eine kleine Sparkasse handelt, ob es um Investmentgeschäfte
geht oder um klassische Geschäfte. Auch Abgeordneter Günter Stummvoll (V) bezeichnete die Proportionalität
als eine wichtige Frage.
Hier hakten die Abgeordneten Kai Jan Krainer (S) und Bruno Rossmann (G) ein. Sektorbanken, wie die Volksbanken,
seien als ein Sektor zu betrachten, entgegneten etwa die Abgeordneten Krainer und Rossmann, dem sich auch Abgeordneter
Johannes Hübner (F) anschloss. Es stelle sich auch die Frage der Abgrenzung, wann man es mit einer kleinen
und wann mit einer großen Bank zu tun habe und wann eine Bank als Systembank bezeichnet werden kann. Es sei
notwendig, dass man sich bei genossenschaftlich organisierten Banken genau anschaut, in welcher Weise die Eigentümer
und Gläubiger beteiligt werden können. In diesem Bereich würden nicht einmal die Eigentümer
zahlen, merkte Abgeordneter Krainer kritisch an.
Private Gläubiger in die Pflicht nehmen
Neben den Abgeordneten der beiden Koalitionsparteien (Abgeordneter Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer) bekräftigte
auch Abgeordneter Bruno Rossmann seitens der Grünen die Notwendigkeit einer EU-weiten Regelung für die
Bankensanierung und Bankeninsolvenz. Der Entwurf sei mutig und enthalte viel Richtiges, in vielen Bereichen sei
er aber noch zu vage. Jedenfalls stelle er einen wichtigen Schritt in Richtung einer Bankenunion dar, die man brauche,
unterstrich er. Die größte Schwäche sah Rossmann aber in der Zusammenarbeit zwischen nationalen
und europäischen Behörden. Für grenzüberschreitend tätigende Kreditinstitute bedarf es
seiner Ansicht nach einer europäischen Direktaufsicht und eines europäischen Restrukturierungsfonds.
In der Liquidationsphase müsste es ihm zufolge eine Priorität für das "Bail-in" Instrument
geben, ein Bail-in sollte Bedingung für ein "Bail-out" (Vorrang der Schulden- und Haftungsübernahme
durch Dritte, insbesondere durch den Staat), sein. Gläubiger müssen in die Pflicht genommen werden, forderte
Rossmann, der weiters eine "Rezeptpflicht" für Finanzprodukte für unabdingbar hält. Ein
entsprechender Antrag auf Stellungnahme wurde jedoch von den anderen Fraktionen abgelehnt. Der grüne Abgeordnete
zeigte auch dezidierte Präferenz für das angelsächsische Modell der Bankeninsolvenz im Gegensatz
zum deutschen.
Demgegenüber warnte Finanzministerin Fekter vor einer reinen Bail-in-Klausel, denn das könnte ihrer Meinung
nach zu einem Bankenrun führen und zu einer "Gläubigervertreibungsaktion" ausarten. Das Problem
liege darin, dass derzeit die SparerInnen die Gläubiger sind und damit wieder die SteuerzahlerInnen, keine
Bank leihe der anderen etwas, der Markt sei vollkommen fragmentiert. Derzeit gebe es grundsätzlich zwei Gläubigergruppen,
eben die SparerInnen durch Versicherungen und Pensionskassen und andererseits die EZB und die Notenbanken. Würde
man dort einen Kapitalschnitt machen, müssten wieder die SteuerzahlerInnen refinanzieren, führte sie
aus.
Ausführlich wurde auch die Frage der Aufsichtsbehörde diskutiert. Fekter stellte dazu fest, dass eine
Trennung zwischen jener Behörde, die umsetzt, und jener, die kontrolliert, sinnvoll sei. Wo die Behörde
angesiedelt sein soll, werde derzeit noch beraten, jedenfalls werde der FMA in Zukunft eine wichtige Rolle bei
dieser Aufgabe zukommen. Sie selbst sei kein Fan des österreichischen Insolvenzrechts, räumte sie ein,
aber das österreichische Rechtssystem sehe für die Insolvenz einen Gerichtsentscheid mit der operativen
Abwicklung durch Dritte vor. Eine Zuständigkeit der Gerichte hielten jedoch die Abgeordneten Bruno Rossmann
(G) und Kai Jan Krainer (S) für nicht sinnvoll, sie warnten sogar davor, einen solchen Weg zu gehen, da den
Gerichten das nötige Fachwissen fehle.
Ablehnend zu EU-Vorschlag äußerte sich in der Diskussion Abgeordneter Johannes Hübner (F), der
sich mittels eines Antrags auf Stellungnahme gegen jeden europäischen Haftungsverbund bzw. gegen jeden nationalen
Zwangsbeitrag bei der Abwicklung von internationalen Bankgruppen aussprach. Er befürchtete vor allem Kompetenzübertragungen
an politisierte Behörden und begründete das damit, dass beispielsweise die EZB in letzter Zeit politische
Entscheidungen getroffen habe, die den ihr gesetzten rechtlichen Rahmen überschritten haben. Er erinnerte
auch an den Missbrauch beim Kohäsionsfonds und bei den Regionalfonds. Die Vorschläge der EU seien der
FPÖ viel zu vage, sagte Hübner (F), weshalb Österreich auf der Bremse stehen sollte. Sein Antrag
wurde jedoch von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt.
Mehr Information, Transparenz und Schutz beim Kauf von Anlageprodukten
Aufgrund der Erfahrungen im Zuge der Finanzkrise sieht sich die EU auch veranlasst, den Anlegerschutz zu verbessern,
einheitliche Standards dafür festzulegen und mehr Transparenz sicherzustellen. Die EU-Kommission hat daher
ein Paket von sektorenübergreifenden Regelungen für Anlageprodukte initiiert. Konkret ging es im heutigen
EU-Unterausschuss um einen Verordnungsvorschlag über "Basisinformationsblätter für Anlageprodukte
(PRIPS)", um einen Richtlinienentwurf zur "Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend
bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (sogenannte UCITS/OGAW V)" sowie um die Revision
der Richtlinie "über die Versicherungsvermittlung (IMD II)".
Ziel ist es, die Strukturen bei Investmentprodukten transparenter zu gestalten, insbesondere mittels einer ausreichend
klaren, vorvertraglichen Information für KonsumentInnen durch harmonisierte Produktinformationsblätter,
die Festlegung zivilrechtlicher Verantwortlichkeit des Anlageproduktanbieters für den Inhalt der Informationsblätter
sowie die Herstellung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen. Darüber hinaus sollen die Eignungskriterien und
Haftungsstandards für Verwahrstellen – das sind jene Stellen, in denen Wertpapiere elektronisch verwaltet
werden – und die Sanktionsregelungen harmonisiert werden.
Das dritte zur Diskussion stehende Dokument betrifft die Verbesserung des Schutzes der VersicherungsnehmerInnen,
insbesondere bei Lebensversicherungsprodukten, die der Geldanlage dienen, sowie die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen
für sämtliche VermittlerInnen von Versicherungs- und Anlageprodukten. Dabei soll der Anwendungsbereich
der Richtlinie auf sämtliche Vertriebskanäle ausgeweitet, ein europäisches Versicherungsvermittlerregister
geschaffen und die Qualifikationen und Weiterbildung der VermittlerInnen auf ein einheitliches Niveau gebracht
werden. Die Kommission schlägt auch nicht bindende außergerichtliche Streitbeilegungsmechanismen vor.
Des weiteres ist vorgesehen, die Informationspflichten und Wohlverhaltensregeln zu verbessern, indem beispielsweise
Provisionen und Honorare offenzulegen sind und Koppelungsgeschäfte verboten werden. Kosten und Gebühren
müssen laut Richtlinienentwurf offengelegt und produktspezifische Risiken erläutert werden, außerdem
denkt man an die Verpflichtung, ein Kundenprofil zu erstellen.
Die Bemühungen um mehr Konsumentenschutz seien begrüßenswert, betonte die Finanzministerin. Heiß
umstritten seien aber die Provisionsverbote.
Positiv äußerte sich auch Abgeordneter Bruno Rossmann (G) zu Vorlage, er hielt aber die Differenzierung
zwischen verpackten und nicht verpackten Anlageprodukten für nicht sachgerecht. Die Offenlegung der Provisionen
sei zwar wichtig, werde aber nicht ausreichen, wie das Beispiel Großbritannien zeige, merkte Rossmann an.
Er sei sich auch nicht sicher, ob das Provisionsverbot der richtige Weg ist. |