Perlamentarischer Budgetausschuss startet Herbstarbeit
Wien (pk) - Mit einer Analyse aktueller Entwicklungen im Bundeshaushalt startete der Budgetausschuss
am 05.09. seine Herbstarbeit. Den Ausschussmitgliedern und ihrem Obmann Jakob Auer, der die Sitzung leitete, lagen
Berichte des Ressort mit vorläufigen Daten zum Haushaltsjahr 2011 sowie über Einnahmen und Ausgaben des
Bundes bis einschließlich Juli 2012 vor. Die aus der guten Konjunktur des Vorjahres resultierenden positiven
Haushaltsergebnisse mit einem Primärüberschuss des Bundes veranlassten Sprecher der Regierungsparteien,
die Regierung für ihre gute Arbeit zu loben. Redner von FPÖ und BZÖ sahen angesichts der weiter
zunehmenden Staatsschulden "keinen Grund zum Jubeln" und vermissten überdies Reformfortschritte
in der Verwaltung sowie bei der Beseitigung von Pensionsprivilegien. Für Finanzministerin Maria Fekter befinde
sich Österreich auf gutem Weg zum angepeilten Nulldefizit 2016 und zu einer EU-konformen Schuldenquote von
60 % am BIP. Diese Ziele seien aber nur zu erreichen, wenn die Budgetkonsolidierung konsequent fortgesetzt und
Länder sowie Gemeinden in die Haushaltsrechtsreform einbezogen werden, merkte Rechnungshofpräsident Josef
Moser an.
Im Anschluss an die Bewertung der Budgetentwicklung informierte die Ministerin über aktuelle europäische
Bemühungen zur Überwindung der Euro-Krise, registrierte Anstrengungen in Griechenland zur Erfüllung
der Auflagen für Hilfeleistungen, nannte strenge Kontrollen und Bedingungen als Voraussetzung für den
Ankauf von Anleihen durch die EZB und meinte, es werde Europa mit entsprechenden Anstrengungen gelingen, die Eurokrise,
die aus einer Banken- und einer Verschuldungskrise bestehe, zu meistern und gestärkt aus diesen Problemen
hervorzugehen. FPÖ und BZÖ, die eine Diskussion über Alternativszenarien wie Nord- und Süd-Euro
oder über eine Austritt Griechenlands aus der Eurozone erteilte die Ministerin abermals eine Absage. Die Folgen
für den heimische Export und den Österreich-Tourismus wären katastrophal. Ähnlich äußerte
sich G-Abgeordneter Bruno Rossmann.
Abschließend befassten sich die Parlamentarier mit – durchwegs positiven – Ressortberichten über die
Anwendung der "Flexi-Klausel" in verschiedenen Bundesdienststellen.
Positive Entwicklung des Bundeshaushalts seit 2011
Die Debatte zum vorläufigen Bundesrechnungsabschluss 2011 leitete Abgeordneter Bruno Rossmann (G) mit der
Feststellung ein, das Budget 2011 sei mit besseren Ergebnissen vollzogen worden als geplant, wobei er als Ursachen
die Wirkungen der guten Konjunktur, die höheren Steuereinnahmen und niedrigeren Ausgaben bei der Entlastung
des Arbeitsmarkts anführte. Kritik übte der Abgeordnete an der aus seiner Sicht systematischen Überschätzung
des Zinsaufwandes in der Budgetplanung und verlangte künftig neue, bessere Schätzmethoden. Unsicherheitsmomente
für die weitere Budgetentwicklung ortete Rossmann durch die sich zuletzt abflachende Konjunktur, die "wenig
berauschenden" Steuereinnahmen in den letzten Monaten sowie durch drohenden weiteren Finanzbedarf bei der
Hypo Alpe Adria und bei der KA Finanz AG.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) wandte sich entschieden gegen die Aussage seines Vorredners, Ausgaben würden
in der Budgetplanung "systematisch" überschätzt. Das Budgetjahr 2011 war konjunkturbedingt
gut und brachte auch einen Primärüberschuss, was anzeige, dass die Richtung der Budgetkonsolidierung
und die Politik der Regierung stimme.
Abgeordneter Rainer Widmann (B) hielt es angesichts der gewaltigen neuen Finanzschulden, die auch 2011 und 2012
eingegangen wurden, für wenig wahrscheinlich, dass im Bundeshaushalt auch in den nächsten Jahren Primärüberschüsse
erzielt werden können, Ursache dafür seien fehlende Reformen der Bundesregierung, insbesondere bei Pensionen
und in der Verwaltung, klagte Widmann, der eine Entlastung der BürgerInnen durch eine Steuerreform einmahnte.
Abgeordneter Konrad Steindl (V) sah das sehr gute Ergebnis des Bundeshaushalts im Jahr 2011 als Ergebnis der erfolgreichen
Arbeit von Finanzministerin Maria Fekter und ihres Budgetsektionschefs Gerhard Steger. Österreich sei auf
einem guten Weg in Richtung ausgeglichenes Budget, sofern die Konjunktur hält, sagte Steindl.
Abgeordneter Gerhard Huber (B) führte den Budgeterfolg im Jahr 2011 auf steigende Lohnsteuereinnahmen zurück,
mit der in erster Linie der Mittelstand belastet wurde. Auch Abgeordneter Huber drängte auf eine Lohnsteuerreform
und sprach sich darüber hinaus für finanzielle Hilfen an Bauern aus, die mit Einkommensverlusten rechnen
müssten. Huber wandte sich auch gegen eine Erhöhung der Einheitswerte bei der Besteuerung bäuerlichen
Grundvermögens.
Abgeordneter Alois Gradauer (F) konnte trotz positiver Ergebnisse im Haushalt des Jahres 2011 keinen Grund zum
Jubeln erkennen, weil zu befürchten sei, dass die Finanzschuld inklusive ausgelagerter Schulden bis Ende 2012
auf 283 Mrd. € und damit auf eine Verschuldungsquote von 91 % steigen werde. Gradauer bemängelte, dass wesentliche
Reformen, wie sie vom Rechnungshof vorgeschlagen werden, nicht umgesetzt werden.
Abgeordneter Christoph Matznetter (S) wies die Prognosen seines Vorredners zur Entwicklung der Staatsschulden zurück
und empfahl, die finanzielle Situation Österreichs im Vergleich mit anderen europäischen Ländern
zu betrachten. "Österreich ist anders", weil die politischen Rahmenbedingungen – im Gegensatz zur
Propaganda der FPÖ – stimmten, konterte Matznetter. Wachstum und Beschäftigung sind der Schlüssel
für eine erfolgreiche Budgetkonsolidierung. Die Regierung leistet gute Arbeit, schloss Matznetter.
Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) kritisierte, dass im Außenministerium um 10 Mio. € an Ausgaben gekürzt
wurden, während die Entwicklungszusammenarbeit unter dramatischen Budgetkürzungen leiden müsse.
Budgetnöte registrierte die Abgeordnete auch im Bildungssektor.
Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) untermauerte die Prognose seines Fraktionskollegen Gradauer, die Staatsschuld
werde bis Ende 2012 auf 283 Mrd. € ansteigen, wenn man alle ausgelagerten Schulden mit einrechne. Podgorschek interessierte
sich insbesondere auch für die langfristige Entwicklung bei einzelnen Steuereinnahmen, insbesondere bei der
Lohnsteuer und der Umsatzsteuer.
Rechnungshofpräsident Josef Moser führte die positive Entwicklung im Bundeshaushalt des Jahres 2011 auf
die im internationalen Vergleich überdurchschnittlich gute Konjunktur in Österreich zurück, riet
aber zugleich dazu, die Konsolidierungsbemühungen entschlossen fortzusetzen, um die Staatsverschuldung zu
reduzieren. Maßnahmen werden nicht nur beim Bund, sondern auch in den Ländern und Gemeinden notwendig
sein, meine Moser. Vor allem drängte der Rechnungshofpräsident darauf, das Rechnungswesen in den Ländern
und Gemeinden transparenter zu gestalten und einheitlich definierte Begriffe, etwa für "Rücklagen"
oder "Finanzschulden" sowie bei der Vermögensbewertung einzuführen. Die Konsolidierungsziele
für das Jahr 2016 seien nur erreichbar, wenn die Haushaltsrechtsreform auch in den Ländern und Gemeinden
fortgeführt werde. Auf eine Frage des Abgeordneten Alois Gradauer sagte Präsident Moser, die Entscheidung
über die Wehrpflicht sei eine politische Frage. Beim Bundesheer seien aber zweifellos Personalmaßnahmen
notwendig, da der Rechnungshof festgestellt habe, dass dort 2.059 Mitarbeiter mehr tätig seien, als benötigt
werden. Moser empfahl auch weitere Harmonisierungsschritte im Pensionssystem in Wien, Tirol, bei Sozialversicherungsträgern
sowie die Beseitigung von Sonderregelungen bei den ÖBB und bei der OeNB.
Finanzministerin Maria Fekter schloss sich der Forderung des Rechnungshofpräsidenten, die Haushalte von Bund,
Ländern und Gemeinden besser vergleichbar zu machen, an und begrüßte das Interesse einiger Bundesländer
an der Haushaltsrechtsreform des Bundes. Die guten Budgetergebnisse des Jahres 2011 seien auf konjunkturelle Effekten,
aber auch auf Verbesserungen infolge der Haushaltsrechtsreform zurückzuführen, erklärte die Ressortleiterin
und sah verstärkten Reformdruck in den Ressorts, der zu Einsparungen und Rücklagenbildungen führe.
Positiv wirke sich auch die Schuldenbremse aus, weil sie den einzelnen Ministerien Orientierung gebe. Österreich
sei in der Budgetkonsolidierung gut unterwegs, stellte Ministerin Fekter fest.
Mängel im Steuersystem sollen durch eine Steuerreform behoben werden, zu der sie noch in dieser Gesetzgebungsperiode
Vorschläge unterbreiten werde, kündigte Fekter an. Derzeit sei der Einstiegstarif bei der Einkommensteuer
zu hoch und es gebe viel zu viele Ausnahmen, meinte die Ministerin.
Auf Fragen mehrerer Abgeordneter sagte die Finanzministerin, die Hypo Alpe Adria werde wegen nicht werthaltiger
Assets am Balkan noch lange ein Sorgenkind bleiben. "2012 besteht zusätzlicher Finanzbedarf von 1,5 Mrd.
€", erfuhren die Abgeordneten. Generell sei es ihr Bestreben, die Auswirkungen auf den Steuerzahler so gering
wie möglich zu halten.
Die Bundesregierung hält sich in ihrer Budgetplanung ausschließlich an objektive Zahlen, hielt die Finanzministerin
gegenüber Abgeordnetem Bruno Rossmann fest und erklärte die um 940 Mio. € geringeren Zinsaufwendungen
für die Staatsschuld mit zunehmenden Emissionsagios und niedrigeren Zinsen.
In der Debatte über die bäuerlichen Einheitswerte bekannte sich die Ministerin zu Pauschalierungen, weil
dies eine effiziente und einfach zu verwaltende Art der Steuereinhebung sei.
Das Ziel, im Jahr 2016 ein Nulldefizit zu erreichen, sei Dank besseren Wirtschaftswachstums realistisch, sagte
die Ministerin an die Adresse der Opposition und zeigte sich auch optimistisch, dass es gelingen werde, die Verschuldungsquote
bis 2020 auf 60 % des BIP zu senken.
Angesichts einer 70-prozentigen Zustimmung in der Schweizer Bevölkerung zum Steuerabkommen mit Österreich
sei sie davon überzeugt, dass dieses Abkommen wie vorgesehen in Kraft treten werde. Die Einkommensteuereinnahmen
haben seit 1990 von 8,3 % des BIP auf 9,4 % des BIP zugenommen, die Umsatzsteuereinnahmen sanken in diesem Zeitraum
hingegen von 8,2 % des BIP auf 8 % des BIP.
Detailfragen dazu stellten die Abgeordneten Bruno Rossmann (G), Rainer Widmann (B), Ruperta Lichtenecker (G), Gerhard
Huber (B) und Kai Jan Krainer (S). Unter anderem erfuhren die Ausschussmitglieder von der Ressortleiterin, dass
sich die Kosten für die Sanierung des Gebäudes des Finanzministeriums in der Himmelpfortgasse auf 137
Mio. € belaufen.
Fekter: Europa wird gestärkt aus der Finanzkrise hervorgehen
Beim Thema Maßnahmen zur Euro-Stabilisierung zeigte sich Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) besorgt
wegen der Absicht der EZB, mit dem Ankauf von Staatsanleihen durch "Eurobonds gleichsam durch die Hintertüre
einzuführen". Der Abgeordnete erkundigte sich auch nach Auswirkungen der Finanzkrise in Slowenien auf
Österreich sowie nach der Wahrscheinlichkeit eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone. Auch Abgeordneter
Rainer Widmann (B) wollte wissen, welche Konsequenzen aus einem negativen Bericht der Troika über Griechenland
zu erwarten seien.
Abgeordneter Bruno Rossmann (G) warnte hingegen vehement vor einem Austritt oder gar Ausschluss Griechenlands aus
der Eurozone und empfahl dringend, die Einrichtung der Eurozone als irreversibel zu betrachten. Alle Alternativen
zur Eurozone seien kostspieliger als die Stabilisierung der gemeinsamen Währung, meinte Rossmann. Die EZB
betrachtete der Mandatar als einen sicheren Krisenmanager und sprach sich daher für Anleihenankäufe durch
die EZB auf dem Sekundärmarkt aus. Dies sei EU-vertragskonform, löse das Liquiditätsproblem mancher
Euroländer und bringe Ruhe in die Finanzmärkte.
Dieser Ansicht widersprach Abgeordneter Alois Gradauer (F) entschieden. Rossmann wolle den unaufhaltsamen Zerfall
der Eurozone nur hinauszögern. Die Menschen in Österreich fragen sich aber immer öfter, wohin es
führe, wenn immer mehr Geld zur Stabilisierung der Währung aufgewendet werden muss. "Wann kommt
die Umkehr?", fragte Gradauer.
Finanzministerin Maria Fekter berichtete von europäischen Diskussionen über Maßnahmen zur Schließung
der Liquiditätslücke Sloweniens. In Griechenland überwache die Troika die Durchführung der
Reformmaßnahmen. Griechenland strenge sich an, die Auflagen zu erfüllen, weil es erkannt hat, dass dies
die Voraussetzung dafür sei, weiterhin Hilfsgelder zu bekommen. Daher werde nun auch über Sonderwirtschaftszonen
diskutiert und an einem Konzept gearbeitet, dass die Schuldentragungsfähigkeit des Landes garantiert. Der
Bericht der Troika ist Anfang Oktober zu erwarten, erfuhren die Abgeordneten. In der Diskussion über den Ankauf
von Anleihen durch die EZB stehe die Verhinderung von "moral hazards". Solche Ankäufe dürfen
nicht bedingungslos getätigt werden, hielt Fekter fest und unterstrich die Notwendigkeit strenger Kontrollen
und strenger Bedingungen. Die Sorge der FPÖ, alle Haftungen, die Österreich bei der Stabilisierung des
Euro übernehme, könnten schlagend werden, bezeichnete die Ministerin als unberechtigt. Ein "Nordeuro"
würde eine Aufwertung der österreichischen Währung um 40 % und damit schwere Nachteile für
die Exportwirtschaft und für den heimischen Tourismus bedeuten. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone
würde keine Vorteile bringen. "Die Hilfe an Griechenland ist teuer, aber alle anderen Szenarien sind
noch teurer", sagte die Ministerin, die sich überzeugt zeigte, dass es noch großer Anstrengungen
bedürfe, damit Europa die Krise überwinde – "aber nach einigen Jahren werde Europa gestärkt
aus diesen Problemen hervorgehen", prophezeite Fekter.
Flexi-Klausel erfolgreich umgesetzt
Berichte des Finanz-, des Verteidigungs-, des Innen- des Verkehrs- und des Justizressorts über die Anwendung
der Flexi-Klausel, also der Möglichkeit, Einsparungen in Bundesdienststellen zur Bildung von Rücklagen
zu nützen, enthielten durchwegs positive Beurteilungen der diesbezüglichen Programme und Projekte.
Auf Fragen der Abgeordneten Maximilian Linder (F) und Rainer Widmann (B) erklärte Ministerin Fekter den Abgeordneten,
die Flexibilisierungsklausel gelte seit der Haushaltsrechtsreform nunmehr für alle Ressort, damit werde das
"Oktober/November-Fieber" vermieden und Einsparpotentiale in den Ressorts genutzt. Die Ressorts gehen
mit den bei ihnen gebildeten Rücklagen im Gesamtumfang von 16 Mrd. € sehr verantwortungsvoll um, berichtete
Sektionschef Gerhard Steger, der Befürchtungen von Abgeordneten zerstreute, aus der plötzlichen Auflösung
von Rücklagen könnten budgetäre Probleme entstehen.
Der vorläufige Bundesrechnungsabschluss 2011 wurde auf Antrag von Abgeordnetem Konrad Steindl (V) im Hinblick
auf die demnächst erfolgende Vorlage des definitiven Rechnungsabschlusses mit S-V-F-G-Mehrheit vertagt. Die
Kenntnisnahme der Berichte erfolgte mit den Stimmen der Koalitionsparteien. Den Monatsberichten zur Budgetentwicklung
stimmten auch die Grünen zu. |