Forschungs- und Technologiebericht 2012 wird weiter debattiert
Wien (pk) - Der Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie trat am 05.09. zu einer
Sitzung zusammen, in dessen Mittelpunkt die Behandlung des Österreichischen Forschungs- und Technologieberichts
2012 stand. Bundeminister Karlheinz Töchterle sowie der Koordinator des Berichts, Andreas Schibany, standen
den Abgeordneten für Auskünfte über die aktuellen Herausforderungen in den Bereichen Wissenschaft
und Innovation zur Verfügung. Die Behandlung des Berichts wurde nach fast zweistündiger Debatte einstimmig
vertagt, um in einer weiteren Sitzung auch mit Bundesministerin Doris Bures die Fragen, die ihr Ressort betreffen,
erörtern zu können. Die Tagesordnung umfasste auch zwei Oppositionsanträge. Das BZÖ drängte
in einem Entschließungsantrag auf "Open Data" für Österreich, wodurch von der Verwaltung
gesammelte öffentliche Daten frei zugänglich gemacht werden sollen. Die Grünen fordern eine Umsetzung
des FTI-Strategie-Ziels "Forschung und Gesellschaft". Beide Anträge wurden mehrheitlich vertagt.
Wachstum bei Forschung und Entwicklung
Bundesminister Karlheinz Töchterle zeigte sich erfreut darüber, dass der Forschungs- und Technologiebericht
2012 einen klaren Wachstumstrend bei Forschung und Entwicklung aufzeige. Die jüngste Globalschätzung
der Statistik Austria gehe davon aus, dass Österreich 2012 8,61 Mrd. € für Forschung und Entwicklung
ausgeben wird, was einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 4,2 % entspricht. Mit einer F&E-Quote von
2,8 % wird Österreich damit im internationalen Vergleich an fünfter Stelle der EU-27 liegen. Töchterle
hob hervor, dass der Bund, der bereits in den letzten Jahren wesentlich zur Steigerung der F&E-Ausgaben beigetragen
hatte, 2012 mit rund 2,87 Mrd. € (+ 8,5 % gegenüber 2011) einen Anteil von 33,3 % finanzieren wird. Am Ziel,
die F&E-Quote bis 2020 auf 3,76 % des BIP zu steigern, werde festgehalten. Sein Ressort sei bestrebt, die gute
Entwicklung Österreichs der letzten Jahre fortzusetzen und für das gesamte Forschungs- und Innovationssystem
die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen.
Andreas Schibany (Leiter der Forschungsgruppe Technologie, Innovation und Politikberatung bei Joanneum Research)
präsentierte als Koordinator des Forschungs- und Technologieberichts dessen Inhalt im Detail. Man könne
Österreich als Beispiel eines "reifen", modernen Innovationssystems sehen, dessen Unternehmen laufend
neues Wissen generieren und am Markt in Form von neuen Produkten bzw. Dienstleistungen platzieren. Was die Innovation
betrifft, so beziehe sich der Bericht auf das aktuelle Innovation Union Scoreboard (IUS 2011), in dem Schweden,
Dänemark, Deutschland und Finnland die Gruppe der Innovation Leaders bilden. Österreich nimmt darin den
8. Rang (2010 Platz 7) ein und bleibt damit fest in der Gruppe der Innovation Followers (gemeinsam mit Belgien,
Großbritannien, den Niederlanden, Luxemburg, Irland und Frankreich) verankert. Dieser Platz sei seit einigen
Jahren recht stabil. Auf die Krise der Jahre 2007-2008 habe die österreichische Bundesregierung durch eine
beträchtliche Steigerung der Forschungsfinanzierung antizyklisch reagiert.
Bezüglich der Innovation könne den österreichischen Unternehmen im internationalen Vergleich ein
gutes Zeugnis ausgestellt werden. Der Anteil der innovativen Unternehmen liegt in Österreich deutlich über
dem EU-27-Schnitt, wobei die Innovatorenquote durchgängig in allen Branchen hoch ist. An der Forschung beteiligten
sich in Österreich sehr viele Unternehmen. In anderen Ländern, etwa auch in vielen der angesprochenen
Innovation-Leaders, trügen einige Großunternehmen den Großteil der Forschungsausgaben. Positiv
sei zu sehen, dass die heimischen Unternehmen gut mit ihren Zulieferern und Kunden, aber auch mit Universitäten
und Hochschulen in Innovationsnetzwerke eingebunden sind. Die österreichische Wirtschaftspolitik fördere
das unternehmerische Innovationsverhalten mit entsprechenden Instrumenten. Der Anteil der Unternehmen, die in den
Genuss von innovationsspezifischen Fördermaßnahmen kommen, sei in Österreich am höchsten von
allen EU-Staaten.
Es gebe ein dynamische Entwicklung bei Patentanmeldungen, auch sei ein starker Anstieg des Wissenschafts- und Technologietransfers
festzustellen. Die Nachfrage der Unternehmen nach einer Zusammenarbeit mit Wissenschaftseinrichtungen habe sich
deutlich erhöht. Die Voraussetzungen dafür seien durch die Einrichtung von Wissens- und Technologietransferstellen,
eine Professionalisierung des IP-Managements und den Aufbau von Unterstützungseinrichtungen für Unternehmensgründungen
kontinuierlich verbessert worden. Das Förderungswesen des Bundes unterstützte in vielfältiger Weise
Kooperationen zwischen Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen, hielt Schibany fest.
Abgeordnete: Zielgerichtete Forschungsförderung notwendig
Die Fragen der Abgeordneten an den Minister und an die Auskunftsperson in der ersten Fragerunde richteten sich
auf verschiedene Aspekte der Forschungsförderung. So warf Abgeordneter Gerhard Deimek (F) warf die Frage auf,
ob Österreich immer nur in der Gruppe der Innovation-Follower bleiben wolle, bzw. was es bräuchte, wenn
man in die Gruppe der Innovation-Leader vorstoßen wolle. Für diesen Punkt interessierte sich auch Abgeordneter
Bruno Rossmann (G). Er hielt fest, dass derzeit die Differenz an Mitteln zur Erreichung des F&E-Anteils von
3,76 % des BIP etwa 5 Mrd. € betrage, und fragte nach dem Stand des Forschungsförderungsgesetzes, das endlich
in die Begutachtung gehen sollte. Abgeordneter Huber (B) meinte, es sei vor allem für kleinere Unternehmen
schwierig, an Forschungsförderung zu kommen. Was werde getan, um die Zusammenarbeit von KMU und Hochschulen
zu fördern? Abgeordnete Karin Hakl (V) zog aus dem Bericht den Schluss, dass Österreich ein nachhaltiges
Wachstum der F&E-Quote aufweise. Ihrer Beobachtung nach sei das bei manchen Innovation-Leaders wie Schweden
oder Dänemark nicht unbedingt der Fall, da dort die Forschung auf wenige große Firmen konzentriert sei.
Abgeordneter Kurt Gartlehner (S) sah es als wichtig an, dass ein auch qualitative Steigerung der F&E-Quote
festzustellen sei, und meinte, es sei wichtig, mehr Forschung aus dem Ausland anzuziehen.
Töchterle: Qualität der Forschung ist wichtiger als Quantität
Bundesminister Karlheinz Töchterle stellte einleitend fest, dass Forschung an den Hochschulen grundsätzlich
anders ablaufe als in der Wirtschaft. Sie sei prinzipiell erkenntnisorientiert und ziele nicht auf unmittelbare
Verwertbarkeit ab. Trotzdem werde nicht einfach endlos geforscht, Forschungsprojekte seien oft zeitlich befristet
und nicht alles, was geforscht werden könnte, werde auch gemacht. Eine wichtige Frage sei für ihn die
Qualität. Innovation und Forschung seien nicht nur rein quantitativ zu beurteilen, denn technischer Fortschritt
und Innovation müssten vielmehr Vehikel zu mehr Lebensqualität sein. In diesem Kontext sei auch das Ziel
zu sehen, dass man sich mit der Erhöhung F&E-Quote gesteckt habe. Das neue Haushaltsgesetz bringe eine
spürbare Verbesserung, da hier ein Finanzierungspfad vorgegeben sei. Insofern sei das Forschungsförderungsgesetz
weniger dringlich geworden, meinte Töchterle in Richtung von Abgeordnetem Rossmann.
Für die Frage des Zugangs der KMU zu Forschungsgeldern sei sein Ministerium nicht zuständig, hielt der
Minister fest, betonte aber auch, dass sein Ressort viel tue, um den Kontakt der KMU zur Wissenschaft zu erleichtern.
Durch die Auszeichnung gelungener Kooperationen zwischen Wissenschaft und KMU auch öffentliche Aufmerksamkeit
für diesen Bereich.
Andreas Schibany ergänzte zur Frage der KMU, dass es in Österreich ein transparentes und kundenfreundliches
Förderungssystem gebe. Allerdings brauche dieses auch neue Impulse, vor allem der Bereich der Hochschulen
brauche einen neuen Zugang. Die F&E-Quote bilde nur das Resultat eine Entwicklung ab, welche zum Ziel habe,
dass Innovation in Gang gesetzt werde. Was die Frage angehe, wie man in die Gruppe der Innovation-Leader gelange,
so sei der entscheidende Faktor dafür nicht allein aus den quantitativen Daten abzulesen. Wolle man dieses
Ziel erreichen, brauche es einen prinzipiellen Kulturwandel. Wissenschaft müsste mehr als bisher zum Innovationsfaktor
werden, sagte Schibany.
Die Potenziale der Universitäten nützen
In einer weiteren Runde thematisierten die Abgeordneten die Lage der Forschung an den Hochschulen. Abgeordneter
Andreas Karlsböck (F) meinte, es müsse offenbar an den Rahmenbedingungen liegen, wenn österreichische
Universitäten trotz des hohen Einsatzes von Mitteln und des sehr motivierten wissenschaftlichen Personals
in internationalen Rankings bestenfalls im Mittelfeld zu liegen kämen. Karlsböck kritisierte die Vorgänge
bei EMS-Aufnahmetests an den Medizinuniversitäten und fragte, was der Minister hier zu tun gedenke. Abgeordnete
Claudia Durchschlag (V) sprach die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses an und erkundigte sich, was getan
werde, um vor allem den weiblichen Nachwuchs zu fördern. Auch Abgeordneter Johann Hell (S) sah die Förderung
des akademischen Nachwuchses als eine zentrale Frage an. Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) erkundigte sich,
wie die Effizienz der steuerlichen Förderung zu steigern sei. Abgeordneter Gerhard Huber (B) zeigte sich unzufrieden
mit der Antwort in Bezug auf die KMU. Seiner Beobachtung nach seien die Anforderungen für sie zu hoch angesetzt
und müssten revidiert werden.
Bundesminister Karlheinz Töchterle hielt fest, die Universitätsrankings, welche medial bevorzugt aufgegriffen
würden, seien gerade die, welche quantitative Kriterien in den Vordergrund stellten und wenig aussagekräftig
seien oder nicht das ganze Bild zeigten. Sicher sei nicht alles ideal im Universitätsbereich, aber bei qualitativen
Rankings und einem Gesamtvergleich von Universitätssystemen liege Österreich stets im Spitzenfeld. Was
die angesprochenen EMS-Tests betreffe, so sei zu berücksichtigen, dass die Universitäten eine Autonomie
besäßen, die einen hohen Stellenwert habe. Er habe jedenfalls die Medizinische Universität Wien
aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben. Das weitere Vorgehen werde davon abhängen, wie diese ausfallen
werde. Sein Ministerium trete jedenfalls für die Vereinheitlichung der Tests ein. In der Nachwuchsförderung
sei es gelungen, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen, unterstrich er. Man achte nun mehr als früher
auf die Karrieremöglichkeiten des Mittelbaus, wie auch von Frauen. Hier sei das Ende der Entwicklung noch
nicht erreicht. Die Kontakte von Wissenschaft und Wirtschaft seien ihm wichtig und seien Teil der Leistungsvereinbarungen
mit den Universitäten.
Andreas Schibany ergänzte, dass die steuerliche Förderung durch die Forschungsförderungsprämie
sich als sehr wichtiges Instrument erweise. Um sie differenziert einsetzen zu können, wäre es wichtig,
sie für kleinere Unternehmen anzuheben. Für den Universitätsbereich sei ein besserer Austausch zwischen
den einzelnen Hochschulen wichtig. Hier bestehe oft noch eine "gläserne Wand", während das
Problem der "gläsernen Decke" in den Hochschulen nicht mehr so gravierend sei, wie früher.
– Die Behandlung des Berichts wurde einstimmig vertagt.
Oppositionsanträge mehrheitlich vertagt
Neuerlich vertagt wurde der Antrag des BZÖ betreffend Open Data für Österreich, demzufolge
von der Verwaltung gesammelte öffentliche Daten wie z.B. Verkehrsdaten, Umweltdaten oder Budgetdaten frei
zugänglich gemacht werden sollten. Während Abgeordneter Huber (B) auf eine Abstimmung des Antrags drängte,
der bereits dreimal vertagt worden sei, meinte Abgeordneter Kurt Gartlehner (S) derzeit würden noch Standards
für die Veröffentlichung von Daten erarbeitet. Hier seien hier noch konkrete Ergebnisse abzuwarten. Sein
Antrag auf Vertagung wurde mit S-V-Mehrheit angenommen.
Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) drängte auf die Vorlage eines Berichts an den Nationalrat über die
geplanten Maßnahmen, um die Ziele der FTI-Strategie im Bereich "Forschung und Gesellschaft" bis
2020 zu erreichen ( 2004/A(E)). Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (V) meinte hingegen, es sei nicht zielführend,
einzelne Kapitel der Strategie herauszugreifen, dass Thema müsse in seiner Gesamtheit betrachtet werden. Er
beantragte die Vertagung, die mit S-V-Mehrheit erfolgte. |