Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM)
Wien (bmf) - Durch die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichtshofes in Karlsruhe am
12.09. wurde auch die letzte Hürde für den definitiven Start des Europäischen Stabilitätsmechanismus
(ESM) aus dem Weg geräumt. Wenn so viele Euro-Staaten den ESM-Vertrag ratifiziert haben, dass sie durch ihre
Anteile am ESM zusammen mindestens 90 Prozent des geplanten Stammkapitals repräsentieren, kann der ESM-Vertrag
in Kraft treten. Damit der ESM operativ tätig werden kann, müssen Gouverneursrat und Direktorium in ihrer
ersten Sitzung eine Reihe von Bestimmungen und Begleitregeln beschließen. Diese Sitzung soll voraussichtlich
am 08.10. stattfinden.
Der Europäische Stabilitätsmechanismus ist eine internationale Finanzinstitution mit Sitz in Luxemburg.
Seine Aufgabe ist es, Hilfen für Mitglieder zu finanzieren, wenn sich diese in einer Krisensituation befinden
und daher nur mehr schwer oder zu untragbaren Konditionen Zugang zum Kapitalmarkt haben. Der ESM wird nur tätig,
so dies absolut notwendig ist, zum Beispiel wenn einem Land ein Liquiditätsengpass droht, wodurch enorme und
völlig unkalkulierbare Folgen für den Rest der Eurozone entstehen würden.
Gerade für kleine offene Volkswirtschaften wie Österreich, die eine überdurchschnittlich hohe außenwirtschaftliche
Verflechtung aufweisen, sind stabile Währungsbeziehungen von enormer Bedeutung, da sich dadurch die Planungssicherheit
für Unternehmen - vor allem Exporteure - deutlich verbessert, zusätzliche Impulse für den Außenhandel
generiert werden und davon positive Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort ausgehen.
Der ESM soll dazu beitragen, systemische Krisen, welche sich potenziell negativ auf die Beschäftigung und
den Wirtschaftsstandort Österreich auswirken würden, in Zukunft zu verhindern.
Der ESM verfügt über ein genehmigtes Stammkapital von insgesamt 700 Milliarden Euro, wovon 80 Milliarden
von den Mitgliedern direkt eingezahlt werden und der Rest als abrufbares Kapital (ähnlich einer Haftung) geltend
gemacht werden kann. Die ESM-Mitglieder tragen dazu entsprechend ihrem Anteil am ESM bei.
Für Österreich entspricht das rund 2,78% oder rund 2,2 Milliarden Euro. Insgesamt beträgt Österreichs
Anteil am ESM rund 19,5 Milliarden Euro, davon rund 2,2 Milliarden Euro als eingezahltes und der Rest von rund
17,3 Milliarden Euro als Rufkapital. Im ESM Vertrag ist eindeutig festgehalten, dass die Haftung auf diesen Betrag
begrenzt ist. Sobald der ESM Vertrag in Kraft tritt, müssen alle Länder innerhalb von 15 Tagen die erste
von insgesamt fünf Tranchen einzahlen. Darüber hinaus wurde im März dieses Jahres vereinbart, die
zweite Tranche ebenfalls bereits heuer im Oktober einzuzahlen.
Für Österreich bedeutet dies, dass heuer zwei Mal rund 445,3 Millionen Euro, in Summe also rund 890,6
Millionen Euro, an den ESM geleistet werden müssen. Diese Mittel sind bereits im Budget 2012 vorgesehen. Die
verbleibenden drei Tranchen sollen spätestens bis zum Jahr 2014 eingezahlt werden. Die Finanzierung des ESM-Kapitals
ist somit schuldenwirksam, nicht aber defizitwirksam. Im Gegensatz zur European Financial Stability Facility (EFSF),
werden vergebene Hilfen durch den ESM nicht auf den österreichischen Schuldenstand durchgerechnet. |