"Fahrradpaket"  

erstellt am
21. 09. 12

 Bures: Mehr Raum, mehr Sicherheit und klare Regeln für den Radverkehr
StVO-Novelle soll Fahrradstraßen und Begegnungszonen ermöglichen, Telefonieren am Rad soll verboten werden
Wien (bmvit) - Verkehrsministerin Doris Bures will die Straßenverkehrsordnung mit einem zeitgemäßen "Fahrrad-Paket" novellieren. Geht es nach den Plänen der Ministerin werden Fahrradstraßen und Begegnungszonen gesetzlich ermöglicht, die Radwegebenutzungspflicht flexibilisiert und das Telefonieren am Rad wird verboten. Bures folgt mit ihren Vorschlägen den Ratschlägen eines Expertengremiums. Nach Gesprächen mit dem Koalitionspartner ÖVP will die Ministerin mit der Novelle möglichst rasch in Begutachtung gehen, "damit die nächste Fahrrad-Saison bereits mehr Raum, mehr Sicherheit und klare Regeln für RadfahrerInnen bringt".

Immer mehr Menschen legen ihre Wege umweltfreundlich und gesundheitsbewusst mit dem Rad zurück: In Österreich gibt es 7 Millionen Fahrräder, Tendenz steigend. Der Radverkehrsanteil ist zwischen 2006 und 2011 um 40 Prozent gestiegen. Dieser veränderten Verkehrsrealität soll nun in einer Novellierung der StVO Rechnung getragen werden. Verkehrsministerin Doris Bures: "Mir geht es um ein friedliches, gleichberechtigtes und rücksichtsvolles Miteinander im Straßenverkehr - und um die größtmögliche Sicherheit für alle Straßenverkehrsteilnehmer. Dafür brauchen wir ausreichend Raum und klare Regeln."

Um zu den aktuellen Fragen des Radverkehrs eine fundierte ExpertInnenmeinung zu erhalten, hat Verkehrsministerin Bures den Unterausschuss Radverkehr des Verkehrssicherheitsbeirates einberufen. Dieses beratende ExpertInnengremium wurde 2009 installiert - darin vertreten sind wissenschaftliche Institutionen, Interessensvertretungen, Kammern, mehrere Ministerien, die Parlamentsklubs sowie VertreterInnen der Länder und Städte. Das auf den Vorschlägen des Unterausschuss basierende Fahrradpaket steht unter dem Motto "Mehr Raum und noch mehr Sicherheit für RadfahrerInnen".

Fahrradstraßen und Begegnungszonen schaffen neuen Raum
Künftig sollen Straßenerhalter - sprich Städte und Gemeinden - die gesetzliche Möglichkeit erhalten, eigene Fahrradstraßen und Begegnungszonen zu schaffen:

  • Fahrradstraßen sind Straßen oder auch nur Straßenabschnitte, die den FußgängerInnen und RadfahrerInnen vorbehalten sind. Autos sind hier nur ausnahmsweise - etwa für Zu- und Abfahren erlaubt. Ob und wo solche Fahrradstraßen tatsächlich geschaffen werden, obliegt dem Straßenerhalter, der die örtlichen Gegebenheiten und Notwendigkeiten am besten kennt.
  • Auch sogenannte Begegnungszonen sollen künftig möglich sein. Das sind Bereiche, die von Fahrzeugen und Fußgängern gleichberechtigt im Mischverkehr genutzt werden können. Vorrang haben grundsätzlich die schwächsten VerkehrsteilnehmerInnen. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt dort 20 km/h.
  • Ausnahmen von der Radwegebenutzungspflicht sollen gesetzlich ermöglicht werden. Dort, wo es die Sicherheit erlaubt, sollen sich zum Beispiel schnelle Radfahrer in den Autoverkehr einreihen dürfen - auch wenn es daneben einen Radweg gibt. Das würde - so die Meinung der Experten - auch die oftmals bedrängte Situation am Radweg entschärfen.


Handyverbot kommt, Promillegrenze bleibt
In einem Punkt soll die Rechtslage der RadfahrerInnen an jene der AutofahrerInnen angeglichen werden. Aus Gründen der Sicherheit (eine Hand muss lenken, die andere für Blinkzeichen frei sein) soll künftig auch am Fahrrad ein dezidiertes Handytelefonierverbot gelten.

Was die Frage einer Senkung der Promille-Grenze von 0,8 Prozent auf 0,5 Prozent für RadfahrerInnen betrifft, waren die ExpertInnen unterschiedlicher Auffassung. Die Mehrheit der ExpertInnen stand einer Senkung der Promille-Grenze skeptisch gegenüber, da Alkoholisierung in Zusammenhang mit Fahrradunfällen keine statistische Relevanz hat. Die Verkehrsministerin wird daher keine Änderung in den Entwurf der StVO-Novelle aufnehmen. "Sollten im Begutachtungsprozess aber noch überzeugende und gut fundierte Argumente zu hören sein, bin ich natürlich auch in dieser Frage gesprächsbereit", so Bures.

Ebenso keine Änderung soll es nach einhelliger Expertenmeinung in Sachen Nummerntafeln für Fahrräder geben: Diese wären mit einem enormen bürokratischen Aufwand bei gleichzeitig geringem Nutzen verbunden.


 

 Vassilakou: Fahrradpaket setzt die richtigen Prioritäten
Fahrradstraßen, Begegnungszonen und Flexibilisierung der Radwegebenutzungspflicht "gut und richtig"
Wien (pid) - Wiens Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou begrüßt die aktuellen Vorschläge von Verkehrsministerin Doris Bures zum Thema Radverkehr. "Gerade Städte und Gemeinden sind darauf angewiesen, dass die Straßenverkehrsordnung aktuellen Entwicklungen angepasst wird. Immer mehr Menschen steigen auf das Fahrrad um. Darauf muss die Politik reagieren und entsprechende Verbesserungen für den Radverkehr umsetzen. Fahrradstraßen, Begegnungszonen und eine Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht dort, wo es Sinn macht, sind richtige und überfällige Maßnahmen", so Vassilakou. "Handytelefonieren während des Radfahrens ist hochgefährlich, genauso wie beim Autofahren. Es ist gut, wenn es jetzt Klarheit gibt. Und: Genau wie die Verkehrsministerin halte ich nichts von Nummertafeln für RadfahrerInnen."

 

Blum: Bundespaket zum Radverkehr zu begrüßen
Vorschläge wären wichtige Verbesserungen
Wien (rk) - Martin Blum, Radfahrbeauftragter der Stadt Wien zum Radpaket von Verkehrsministerin Doris Bures: "Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind in vielen europäischen Ländern bereits verankert und gut erprobt. Die starke Zunahme des Radverkehrs in Österreich stellt auch neue Herausforderungen an die Straßenverkehrsordnung. Manche Radwege stoßen bereits an die Kapazitätsgrenzen, deshalb ist eine Flexibilisierung der Radwegebenutzungspflicht besonders sinnvoll und ein wichtiger Beitrag zur Verkehrssicherheit."

 

KFV begrüßt das Fahrrad-Paket des Verkehrsministeriums
Zusätzliche KFV-Forderung: 0,5 Promillegrenze für Radfahrer
Wien (kfv) - Das KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) unterstützt den Vorschlag von Verkehrsministerin Doris Bures, das Telefonieren am Rad zu verbieten und Fahrradstraßen sowie Begegnungszonen gesetzlich zu ermöglichen. Eine Senkung der Promillegrenze auf 0,5 für Radfahrer würde das Paket noch verstärken.

Verkehrsministerin Doris Bures will die Straßenverkehrsordnung mit einem innovativen "Fahrrad-Paket" novellieren. Fahrradstraßen und Begegnungszonen sollen gesetzlich ermöglicht, die Radwegbenützungspflicht flexibilisiert und das Handy am Rad verboten werden.

KFV fordert 0,5 Promillegrenze für Radfahrer
Zusätzlich zu diesem Paket fordert das KFV die Einführung der 0,5 Promillegrenze für Radfahrer. "Ein Radfahrer ist mit Alkohol im Blut genauso reaktionsschwach, wie ein Autofahrer. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Beteiligung alkoholisierter Radfahrer an Verkehrsunfällen um fast 100% erhöht", betont Dr. Othmar Thann, Direktor des KFV. "Vor allem setzt sich ein Radfahrer damit auch vollkommen ungeschützt und leichtsinnig möglichen Kollisionen mit PS-stärkeren und karosseriegeschützten Verkehrsteilnehmern aus. Für Radfahrer in Österreich gilt im Straßenverkehr nach wie vor die 0,8 Promillegrenze, im Vergleich zu 0,5 Promille bei den motorisierten Verkehrsteilnehmern", gibt Thann zu bedenken. "Daher ist es wichtig auch bei der Alkoholgrenze über eine Neuregelung nachzudenken", schließt Thann.

Das Handy lenkt ab - auch am Fahrrad
Eine Hand am Ohr, eine Hand an der Lenkstange und mit den Gedanken ganz woanders: Was schon beim Autofahren keine gute Idee ist, ist es auch beim Radfahren nicht. Das Bewusstsein richtet sich beim Telefonieren mehr auf den Gesprächsinhalt und weniger auf den Straßenverkehr. Telefonieren beim Radfahren kann mit einer Alkoholisierung von 0,8 Promille gleichgesetzt werden. Auch nach Beendigung eines Gesprächs besteht eine erhöhte Unfallgefahr (Nachwirkung des Gesprächsinhalts). Das Reaktionsvermögen auf optische und akustische Signale verschlechtert sich dadurch, und verlängert damit in der Realität den Anhalteweg in kritischen Situationen!

Begegnungszone als innovatives Verkehrskonzept
Das KFV begrüßt außerdem den Vorschlag von Verkehrsministerin Doris Bures, die Begegnungszone und die Fahrradstraße gesetzlich zu verankern. Die Begegnungszone ist eine Verkehrsfläche frei nach dem Motto "Eine für alle" und soll den verkehrsdominierten öffentlichen Raum beruhigen und wieder lebenswerter machen. In der österreichischen Variante könnte Tempo 20/30 gelten, um den Verkehr deutlich zu entschleunigen. Verkehrszeichen kommen hier lediglich am Anfang und am Ende der Zone zum Einsatz, um den Verkehrsteilnehmer über die Begrenzung der Zone zu informieren. Alle Verkehrsteilnehmer bewegen sich gleichberechtigt und sind gefordert, verstärkt aufeinander Rücksicht zu nehmen. Durch die erhöhte Aufmerksamkeit werden Unfälle, die aus Unachtsamkeit geschehen, reduziert. Das Miteinander im Straßenverkehr kann durch präzise Planung und umfassende Bewusstseinsbildung zugunsten aller Verkehrsteilnehmer positiv umgesetzt werden.

 

VCÖ begrüßt Einführung von Begegnungszonen und Fahrradstraßen
Statt Handy-Verbot Bewusstseinskampagne gegen Telefonieren am Steuer wirksamer
Wien (vcö) - Der VCÖ begrüßt den Vorstoß von Verkehrsministerin Doris Bures, dass in Österreich Begegungszonen und Fahrradstraßen eingeführt werden können. In Österreich fahren rund 4,8 Millionen Menschen im Alltag mit dem Fahrrad, rund zwei Millionen davon häufig. Statt dem Handy-Verbot beim Radfahren spricht sich der VCÖ für eine allgemeine Bewusstseinskampagne gegen Telefonieren am Steuer aus.

In der Schweiz gibt es bereits mehr als 200 Begegungszonen. In Begegnungszonen gilt Tempolimit 20 km/h, wer zu Fuß geht, hat Vorrang und Parken ist nur auf markierten Stellen erlaubt. "In Österreich wird wieder mehr zu Fuß gegangen. Grund sind die höheren Spritpreise und das gestiegene Gesundheitsbewusstsein. Deshalb ist es wichtig, unsere Städte und Gemeinden fußgängerfreundlicher zu gestalten", betont VCÖ-Experte Markus Gansterer. Der VCÖ weist darauf hin, dass in Wien bereits gleich viele Wege zu Fuß wie mit dem Auto zurückgelegt werden.

Auch die Ermöglichung der Fahrradstraßen ist ein wichtiger Schritt. International werden immer häufiger Fahrradstraßen umgesetzt. Damit wird es Pendlerinnen und Pendlern aus dem stadtnahen Umland sowie all jenen, die in den Außenbezirken wohnen, erleichtert mit dem Rad sicher, kostengünstig und gesund zur Arbeit zu kommen. Auch die Flexibilisierung der Radwegbenützungspflicht erhöht die Verkehrssicherheit. "Viele Radwege sind zu schmal. Damit ist dort das Radfahren gefährlicher als auf der normalen Fahrbahn. Die Aufhebung der Benützungspflicht bei schmalen Radwegen entschärft die Situation", so VCÖ-Experte Gansterer.

Skeptisch ist der VCÖ beim geplanten Handy-Verbot. Schon beim Auto funktioniert die Überwachung de facto nicht. Im gesamten Jahr 2011 wurden nur 150.000 Autofahrer beim Telefonieren am Steuer erwischt, obwohl an einem einzigen Tag ein Vielfaches an Telefonaten beim Autolenken geführt werden. "Viele sind sich der Gefahren durch Telefonieren am Steuer nicht bewusst. Wer beim Autofahren telefoniert, reagiert ähnlich schlecht, wie ein Alko-Lenker mit 0,8 Promille", macht VCÖ-Experte Gansterer aufmerksam. Der VCÖ hält daher eine bundesweite Kampagne gegen Telefonieren am Steuer für wirksamer als eine Erweiterung des Handy-Verbots aufs Radfahren.
     

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