Im Rahmen der EUMICON 2012 wurde in Leoben die neue österreichische Rohstoffallianz vorgestellt.
Leoben (bmwfj) - Im Rahmen der EUMICON 2012 (European Mineral Resources Conference) wurde die neue
österreichische Rohstoffallianz lanciert, die unter Federführung des Wirtschaftsministeriums geschmiedet
wurde. Entscheidungsträger von Rohstoffproduzenten, -sammlern und -verbrauchern, sollen gemeinsam mit den
Wissenschaftern mit dem besten Know-how (Montanuniversität, TU Wien) und Branchenvertretern (WKÖ, IV)
Lösungen finden, um die Versorgung der Industrie mit mineralischen Rohstoffen langfristig sicherzustellen.
"Die sichere und leistbare Versorgung mit mineralischen Rohstoffen ist mehr denn je ein Schlüsselfaktor
für die Zukunftsfähigkeit des Standorts Österreich", betonte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner.
Denn mit 22 Prozent hat unsere Industrie einen im EU-Vergleich überdurchschnittlich hohen Anteil am Bruttoinlandsprodukt,
was sich auch im BIP-Wachstum widerspiegelt: Österreich wächst heuer das elfte Jahr in Folge schneller
als die Eurozone. Eine starke Industrie gewährleistet zudem Stabilität in der Krise, weshalb viele andere
Staaten wieder verstärkt auf eine Reindustrialisierung der Wirtschaft setzen. Dadurch steigt der internationale
Standortwettbewerb um die Industrie und somit wird auch der Zugang zu wichtigen Rohstoffen härter. Aufgrund
der steigenden Nachfrage in den Schwellenländern und des von China zu 97 Prozent kontrollierten Abbaus "Seltener
Erden" (=17 chemische Elemente, die benötigt werden, um z.B. Mobiltelefone, Windanlagen, oder Elektroautos
herzustellen) spitzt sich die Situation weiter zu. Trotz großer Produktivitätssteigerungen liegt die
Importabhängigkeit Österreichs bei mineralischen Rohstoffen bei rund 84 Prozent. Insgesamt werden davon
pro Jahr 36 Millionen Tonnen verbraucht, deren Gesamtwert liegt bei 9,2 Milliarden Euro (ohne Baurohstoffe). Angesichts
dieser Trends setzt Österreich in seiner Rohstoffstrategie auf drei Säulen:
1. Material- und Ressourceneffizienz erhöhen:
"Unser Ziel ist eine strukturierte Vorgehensweise, um die Ressourceneffizienz und die Wiedergewinnung
von 'kritischen' Rohstoffen aus Alt- und Abfallstoffen zu steigern", so Mitterlehner. Kritische Rohstoffe
sind jene, bei denen eine große Nachfrage der Industrie besteht, die Produktion zum weitaus größten
Teil aber auf ein paar wenige, oft politisch instabile Länder entfällt. Mittlerweile zählen dazu
14 Rohstoffe, zuletzt sind Magnesit und Chromit dazugekommen. 64 Prozent der Weltbergbauproduktion stammen aus
politisch instabilen Ländern. Umso wichtiger ist es, dass im Rahmen der Rohstoff-Allianz die derzeit brach
liegenden Potenziale wie das "Rohstofflager Handy und PC" verstärkt gehoben werden sollen. Allein
für diese Produkte werden jährlich rund 22 Prozent der Weltproduktion an Palladium und 45 Prozent der
Weltproduktion an Cobalt verbaut, wobei im Anschluss nur drei Prozent der Mobiltelefone bzw. PC recycelt werden.
Die Rohstoffallianz wird daher einen Fokus auf diese sekundären Rohstofflager richten: Wo landet zum Beispiel
der Großteil jener alten Handys, Laptops, PC und PKW, die nicht ordnungsgemäß wiederverwertet
werden und wie können die darin enthaltenen Rohstoffe technisch, ökologisch und ökonomisch sinnvoll
gewonnen werden? Dies gelingt nur, wenn Rohstoffproduzenten, -sammler und -verbraucher eng mit der Wissenschaft
zusammenarbeiten. "Unser langfristiges Ziel ist ein Recycling-Netzwerk für kritische Rohstoffe, das zur
Rohstoffversorgung der heimischen Industrie beiträgt, gleichzeitig einen nachhaltigen Nutzen bringt, indem
eine Lücke im Stoffkreislauf geschlossen wird und zudem neue Arbeitsplätze und Wertschöpfung schafft",
betont Wirtschaftsminister Mitterlehner.
2. Internationalen Zugang zu Rohstoffen verbessern:
Forciert wird auch die Rohstoff- Diplomatie Österreichs – konkret durch Partnerschaften mit rohstoffreichen
Ländern wie der Mongolei. Die Mongolei verfügt über Vorkommen von "Seltenen Erden", Wolfram
und Molybdän, die von österreichischen Unternehmen besonders nachgefragt werden. Daher laufen Gespräche
über ein bilaterales Rohstoff-Partnerschaftsabkommen, das 2013 unterzeichnet werden soll. "Durch den
leichteren Zugang österreichischer Unternehmen zu ausländischen Vorkommen im Austausch für österreichisches
Know-how für sichere und nachhaltige Abbaumethoden können wir die Versorgungssicherheit langfristig erhöhen",
so Mitterlehner. Weitere Partnerschaften mit rohstoffreichen, politisch stabilen Ländern könnten folgen:
So verfügen Brasilien, Kasachstan, Vietnam oder Chile über Vorkommen, die von der heimischen Industrie
besonders stark nachgefragt werden. Österreich beteiligt sich zudem aktiv an den Arbeiten der "Rohstoffinitiative"
der Europäischen Kommission, die auf einen faireren Zugang zu Rohstoffen für die Mitgliedstaaten auf
dem Weltmarkt, die Verbesserung der Versorgung mit Rohstoffen aus europäischen Quellen und eine Erhöhung
der Ressourceneffizienz setzt. So wird durch die 4 jährlichen "World Mining Data" des Wirtschaftsministeriums
die Datengrundlage für viele Arbeiten der Europäischen Kommission geschaffen und basieren wesentliche
europäische Strategien auf österreichischen Vorlagen, wie dem heimischen Rohstoffplan. Dieses Engagement
spiegelt sich nun darin wider, dass die EU-Kommission das Wirtschaftsministerium Österreichs als eines von
nur zwei europäischen Wirtschaftsressorts in die "Hochrangige Lenkungsgruppe für die Europäische
Innovationspartnerschaft für Rohstoffe" eingeladen hat. Neben sechs Ministern werden drei Kommissare,
zehn Vertreter von großen Industrieunternehmen sowie von Wissenschaft und NGOs in diesem Entscheidungsgremium
vertreten sein. Ziel ist ein Implementierungsplan, der Maßnahmen und Gesetzesvorhaben in der Rohstoffpolitik
bis 2020 beinhaltet. "Da Österreich als eines von nur sechs Mitgliedsstaaten vertreten ist, kann es die
Rohstoffpolitik Europas für die nächsten Jahre maßgeblich mitgestalten", betont Mitterlehner.
3. Nationale Rohstoffvorkommen sichern:
Die neuen Initiativen ergänzen die bestehenden Maßnahmen wie den Österreichischen Rohstoffplan,
mit dem das Potenzial im Inland erhoben wurde und Rohstoffflächen zur raumordnerischen Sicherung ausgewiesen
werden. "Damit zählt Österreich europaweit zu den Vorbildern", so Mitterlehner. Für Baurohstoffe
kann derzeit eine Bedarfsdeckung für mehr als 50 Jahre gewährleistet werden. Dazu kann Österreich
bei einer Reihe von kritischen Rohstoffen auf eine gute heimische Produktionsbasis verweisen: Bei Wolfram und Magnesit
ist Österreich fünftgrößter Produzent der Welt, bei Graphit liegt Österreich im weltweiten
Vergleich an 15. Stelle. Österreich ist darüber hinaus der zehntgrößte Produzent von Talk
und Leukophyllit.
Die europäische Rohstoffkonferenz EUMICON 2012 (European Mineral Resources Conference) wird in Tradition des
nur alle 25 Jahre stattfindenden Leobener Bergmannstages abgehalten. Drei Tage wurden an der Montanuniversität
Zukunftsstrategien für die nationale und europäische Mineralrohstoffindustrie erörtert. Seit der
letzten Konferenz 1987 haben sich die Rahmenbedingungen fundamental geändert: Europa ist zusammengewachsen,
die Schwellenländer sind zu neuen Wachstumsmärkten und Unternehmen zu Global Playern geworden. Die alte
Faustregel, dass 20 Prozent der Menschheit in Europa, Nordamerika und Japan mehr als 80 Prozent der weltweiten
Bergbauprodukte konsumieren, gilt nicht mehr. Mit China, Indien und anderen bevölkerungsreichen Schwellenländern
sind heute mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung entscheidend in die Rohstoffnachfrage eingebunden. |