Quartalsbericht zeigt hartnäckige Divergenz bei Beschäftigungssituation und sozialer
Lage zwischen den Mitgliedstaaten
Brüssel (ec.europe) - Die Beschäftigungssituation und die soziale Lage in der EU blieben
im zweiten Quartal 2012 äußerst angespannt: Die Arbeitslosenzahlen stiegen insgesamt an, wobei zwischen
den Mitgliedstaaten große Unterschiede bestehen, die finanzielle Situation der Haushalte verschlechterte
sich und die Kinderarmut nahm zu. Die EU befindet sich seit Ende 2011 in einer bzw. am Rande einer Rezession und
die allgemeine wirtschaftliche Einschätzung ist so schlecht wie zuletzt vor drei Jahren. Vor diesem Hintergrund
bleiben die Aussichten auf einen Arbeitsplatz im Vergleich zu den Jahren vor der Krise eher schlecht. Griechenland
und Österreich verzeichneten die meisten Arbeitsstunden im ersten Quartal 2012 (bei Vollzeitbeschäftigten),
während Finnland, Italien und Irland die wenigsten Stunden verbuchten. Dies sind die wesentlichen Ergebnisse
des jüngsten Quartalberichts über die Beschäftigungssituation und die soziale Lage.
„Die Beschäftigungssituation und die soziale Lage in den einzelnen Mitgliedstaaten klaffen mehr denn je auseinander.
Daher sollten die Mitgliedstaaten dringend die im Juli 2012 angenommenen länderspezifischen Empfehlungen umsetzen
und die im Beschäftigungspaket der Kommission dargelegten Maßnahmen ergreifen“, erklärte László
Andor, Europäischer Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration. „Der anhaltende Rückgang
der Haushaltseinkommen und die steigende Kinderarmut zeugen von einer „echten sozialen Krise“, wie es Präsident
Barroso auf der Konferenz „Jobs für Europa“ formulierte, und heben die Notwendigkeit hervor, verstärkt
und europaweit soziale Investitionen zu tätigen. Die Kommission wird sich dessen in ihrem künftigen Paket
zu sozialen Investitionen annehmen.“
Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass die Arbeitslosenzahlen weiterhin steigen und mit 25,3 Millionen
gar einen historischen Höchstwert erreicht haben. Gegenüber März 2011 sind sie um 11,6 % (2,6 Millionen)
gestiegen. Die Arbeitslosenquote, die auf EU-Ebene bei 10,4 % liegt, stieg in 17 Mitgliedstaaten an und die Kluft
zwischen den leistungsstärkeren EU-Staaten einerseits und den leistungsschwächeren Staaten andererseits
vergrößert sich weiter. Derzeit besteht ein in diesem Ausmaß nie dagewesener Unterschied von 20,6
Prozentpunkten zwischen der niedrigsten EU-Arbeitslosenquote (Österreich mit 4,5 %) und der höchsten
(Spanien mit 25,1 %). Die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat seit letztem Jahr in 15 Mitgliedstaaten zugenommen
und beläuft sich nun auf 10,7 Millionen. Die Langzeitarbeitslosen machen nunmehr 4,5 % der Erwerbsbevölkerung
aus (+0,4 Prozentpunkte in einem Jahr).
Düstere Aussichten für die Jugend
Die Jugendarbeitslosigkeit in der EU hat mit 22,5 % im Juli ein dramatisches Niveau erreicht, auch wenn
sie im zweiten Quartal nicht weiter angestiegen ist. Zwölf Mitgliedstaaten verzeichneten Quoten über
25 % und nur drei blieben unter 10 %: Österreich, Deutschland und die Niederlande.
Diese düsteren Aussichten für junge Menschen spiegeln das erhöhte Risiko von Langzeitarbeitslosigkeit
und andauernder Erwerbslosigkeit wider, wie es sich im Anstieg der Zahl der Jungendlichen manifestiert, die weder
eine Arbeit haben noch eine allgemeine oder berufliche Ausbildung absolvieren. Die Kommission geht aktiv gegen
Jugendarbeitslosigkeit vor und wird Ende des Jahres zwei Initiativen auf den Weg bringen: einen Vorschlag für
Jugendgarantien, nach dem junge Menschen binnen vier Monaten nach ihrem Schulabschluss eine Stelle erhalten, die
Ausbildung fortsetzen oder eine Aktivierungsmaßnahme absolvieren, sowie einen Vorschlag für einen Qualitätsrahmen
für Praktika.
Neue detaillierte Angaben für 2011 zeichnen ein klareres Gesamtbild des Arbeitsmarktes. Neben den Arbeitslosen
gibt es etwa 8,6 Millionen unterbeschäftigte Teilzeitarbeitskräfte, vor allem Frauen, und weitere 10,9
Millionen Menschen, die sich in der Grauzone zwischen Erwerbslosigkeit und Arbeitslosigkeit befinden, wie etwa
diejenigen, die die Suche nach einer Arbeit aufgegeben haben.
Abnehmendes Haushaltseinkommen
Das Bruttoeinkommen, das Haushalten zur Verfügung steht, ist in zwei Dritteln der EU-Staaten zwischen 2009
und 2011 zurückgegangen, wobei die stärksten Rückgänge in Griechenland (15,7 %), Irland (9
%) und Litauen, Spanien, Zypern und Ungarn (alle über 4 %) zu verzeichnen waren. Diese Entwicklung steht in
krassem Gegensatz zu der Situation in den nordischen Ländern, Deutschland, Belgien, Slowenien und Frankreich,
wo aufgrund der Systeme der sozialen Sicherheit und der flexibleren Arbeitsmärkte auch während der Krise
die Gesamteinkommen weiter steigen konnten. Trotzdem traf die Krise auch in diesen Ländern bedeutende Teile
der Bevölkerung und führte zu einem Anstieg der Armut. Es verwundert nicht, dass der Anteil der EU-Bevölkerung,
der sich in einer finanziellen Notlage befindet, nach wie vor auf einem historisch hohen Stand ist. Die Bürgerinnen
und Bürger der Länder, in denen die Einkommen am stärksten zurückgegangen sind, haben in der
Regel auch eher ein negatives Bild von ihrer sozialen Situation, wie die Eurobarometer-Umfrage 2012 zum sozialen
Klima zeigt.
Kinderarmut
Wegen eines unzureichenden Einkommens der Eltern und ungeeigneter Unterstützung von Haushalten mit Kindern
wird Kinderarmut für eine zunehmende Zahl von Haushalten zu einem Problem. Der Prozentsatz von armutsgefährdeten
Kindern (nach Sozialleistungen) bewegt sich zwischen 10 % in Dänemark und Finnland und über 20 % in Spanien,
Griechenland, Bulgarien, Portugal, Italien, Rumänien, Lettland, Polen, Litauen und Luxemburg. Umfang und Wirksamkeit
von Kindergeldleistungen variieren stark in der EU. Erschwingliche Kinderbetreuungsangebote sind ein sehr wichtiger
Faktor, der Eltern – und insbesondere den Müttern – die Möglichkeit gibt, einer Arbeit nachzugehen.
Wachstumsunterschiede
Bei den größeren Mitgliedstaaten konnten Deutschland, Frankreich und Polen weiterhin ein Wirtschaftswachstum
verzeichnen, während Italien und das Vereinigte Königreich einen weiteren Rückgang verbuchen mussten.
Im zweiten Quartal 2012 ging die Wirtschaftstätigkeit und Beschäftigung in Spanien und Portugal stark
zurück. |