An der TU Wien konnte nun geklärt werden, wovon die nötige Betriebstemperatur von Auto-Katalysatoren
abhängt.
Wien (tu) - Auto-Abgaskatalysatoren arbeiten schlecht, solange sie noch nicht aufgewärmt sind.
Winzige Metallpartikel in einem Abgaskatalysator brauchen eine Mindesttemperatur, um effizient zu funktionieren.
An der TU Wien konnten mit einer neuen Messmethode nun viele unterschiedliche Typen dieser Partikel gleichzeitig
untersucht werden. Damit sind nun erstmals verlässliche Aussagen darüber möglich, wovon die Effizienz
der Abgaskatalysatoren genau abhängt.
Niedrige Zündungs-Temperatur gesucht
„Einen großen Teil der Schadstoffemissionen verursacht ein Motor gleich nach dem Start, während der
Katalysator noch kalt ist“, erklärt Prof. Günther Rupprechter vom Institut für Materialchemie der
TU Wien. „Erst wenn eine bestimmte Temperatur überschritten wird, kommt es zur sogenannten katalytischen Zündung,
und der Katalysator funktioniert mit hoher Effizienz.“ Um diese kritische Temperatur möglichst rasch zu erreichen,
wurden bereits komplizierte und teuere Katalysator-Heizungen entwickelt. Energie- und kostensparender wäre
es freilich, einen Katalysator zu bauen, der bereits bei möglichst niedrigen Temperaturen gut funktioniert.
Gerade oder schräg? Auf den Winkel kommt es an
Die kritische Temperatur, die der Katalysator erreichen muss, hängt vom verwendeten Material ab: besonders
oft werden bei Abgaskatalysatoren die Edelmetalle Platin und Palladium verwendet. Wichtig ist aber auch, welche
kristallographische Orientierung die Oberflächen der winzigen Metall-Körnchen haben. Kristalle kann man
in unterschiedlichen ganz bestimmten Richtungen schneiden – das kennt man von geschliffenen Edelsteinen. Auch natürlich
gewachsene Kristalle bilden die Oberflächen in verschiedenen Richtungen aus, und die Orientierung dieser Oberflächen
bestimmt das chemische Verhalten. „Es zeigt sich, dass Oberflächen mit unterschiedlichen kristallographischen
Richtungen bei unterschiedlich hohe Temperaturen für die katalytische Zündung benötigen“, erklärt
Assoc. Prof. Yuri Suchorski, der mit Prof. Rupprechter zusammenarbeitet.
Viele Messungen in einem Experiment
Diesen Effekt im Detail zu untersuchen, war bisher kaum möglich: Ein Katalysator ist aus unzähligen winzigen
Körnchen aufgebaut. „Bis jetzt konnte man nur die überlagerte Aktivität all dieser unterschiedlich
orientierten Körnchen messen“, sagt Rupprechter. Ihm und seinem Team gelang es nun allerdings mit einem Photoemissions-Elektronenmikroskop,
das auf Einsteins berühmtem „Photoeffekt“ basiert, die Zündungs-Temperaturen der einzelnen Metall-Körnchen
während der laufenden Reaktion individuell zu analysieren. Verwendet wurde eine Folie, auf der viele winzige
Kristalle – mit einem Durchmesser von nur etwa 100 Mikrometern – dicht nebeneinander angeordnet sind. Ihre Richtungen
sind zufällig verteilt, man kann daher verschiedene Varianten von Kristallen bei einem einzigen Experiment
untersuchen.
Unter dem Mikroskop wurde die Temperatur der Folie langsam erhöht – und tatsächlich zeigte sich, dass
die katalytische Zündung je nach Orientierungsrichtung bei unterschiedlichen Temperaturen stattfand. „Wichtig
ist für uns, unterschiedliche Kristallkörner dicht nebeneinander während eines einzigen Versuchs
bei exakt gleichen Bedingungen untersuchen zu können“, erklären die Forscher. „Bei mehreren Versuchen
hintereinander könnte man die äußeren Bedingungen niemals so perfekt reproduzieren, dass die einzelnen
Messungen direkt vergleichbar wären.“
Mit den neuen Erkenntnissen kann man nun gezielt nach Herstellungsverfahren für Katalysatoren mit niedrigerer
Zündungs-Temperatur gesucht werden. „Wir wissen nun, dass Palladium besser funktioniert als Platin, und wir
wissen, welche kristallographische Richtung die niedrigste Zündungs-Temperatur verspricht“, sagt Günther
Rupprechter. Nun soll es gelingen, diese Erkenntnisse auch technologisch umzusetzen, um Katalysatoren zu bauen,
die im Auto nach dem Start möglichst rasch ihre Wirkung entfalten.
Originalpublikation: D. Vogel, Ch. Spiel, Y. Suchorski, A. Trinchero, R. Schlögl, Henrik Grönbeck,
G. Rupprechter, “Local light-off in catalytic CO oxidation on low-index Pt and Pd surfaces: a combined PEEM, MS
and DFT study”, Angewandte Chemie International Edition, 51 (2012) 10041–10044. |