Dringliche Anfrage der FPÖ im Bundesrat
Wien (pk) -Der Untersuchungsausschuss warf am 04.10. seine Schatten auch auf die Sitzung des Bundesrates.
Nachdem es der Opposition nicht gelungen war, den Bundeskanzler in der Frage der Inseratenschaltungen in den Untersuchungsausschuss
zu laden, brachten die freiheitlichen BundesrätInnen Hans-Jörg Jenewein und Monika Mühlwerth eine
Dringliche Anfrage unter dem Titel "Inseratenkeiler Werner Faymann" ein. Darin richteten sie 22 detaillierte
Fragen an den Bundeskanzler im Zusammenhang mit den Inseraten, die in die Zeit seiner Amtstätigkeit als Verkehrsminister
fallen. Damit wiederholen sie den Verdacht, die Inserate seien auf Geheiß des Ressorts Faymann geschaltet
und von den Unternehmen ÖBB und ASFINAG bezahlt worden.
Die Beantwortung übernahm in Vertretung des Bundeskanzlers dessen Staatssekretär Josef Ostermayer, was
von Bundesrat Hans-Jörg JENEWEIN (F/W) in seiner Begründung der Anfrage scharf kritisiert wurde. Fazit
des Freiheitlichen Mandatars war, Faymann sei der "schwächste, feigste und unehrlichste Kanzler der Republik".
Der Bundeskanzler habe zwar immer wieder angekündigt, in den Untersuchungsausschuss kommen zu wollen, wenn
er eingeladen werde, aber die eigenen Abgeordneten seien dagegen gewesen, dass der Bundeskanzler unter Wahrheitspflicht
aussagt. Offensichtlich sei dieser "machtlos" gegen seinen eigenen Klub, folgerte Jenewein. ÖVP
und SPÖ seien nicht bereit, Licht ins Dunkel zu bringen, bedauerte er. Das Sittenbild, das hier vor allem
die SPÖ liefere, sei fatal. Auch als Stadtrat habe sich Faymann durch Inserate der Boulevardblätter bedient,
so sein weiterer Vorwurf.
Jenewein bezifferte den Schaden der sogenannten Inseratenaffäre mit 10 Mio. € für das Budget, 5 Mio.
€ für die ASFINAG und 7 Mio. € für die ÖBB. Mit der vorliegenden Dringlichen Anfrage starte man
einen weiteren Versuch, mehr Transparenz in die Sache zu bringen, argumentierte er. Auch der Rechnungshof habe
festgestellt, die Inserate seien eine Imagekampagne für den damaligen Verkehrsminister gewesen und die Vergabe
sei intransparent abgelaufen. Dabei erhebe sich die prinzipielle Frage, ob man Unternehmen Inserate "aufs
Auge drücken könne", ohne dass sich diese dagegen wehren könnten.
Ostermayer: kein Druck auf Unternehmen
Staatssekretär Josef OSTERMAYER wies einmal mehr die erhobenen Vorwürfe zurück und warf Bundesrat
Jenewein vor, reine Polemik betrieben zu haben. Allein die Tatsache, dass jährlich im Ausmaß von 1,8
Mio. € in Printmedien inseriert werde, davon eine Milliarde in Tageszeitungen, mache deutlich, wie notwendig Inserate
seien, um zu informieren und um die Leistungsfähigkeit von Unternehmen und öffentlichen Stellen darzulegen.
Das bedeute keineswegs, dass man Zeitungen und JournalistInnen kaufen möchte, stellte Ostermayer dezidiert
fest, das wäre eine ungeheuerliche Respektlosigkeit gegenüber den MitarbeiterInnen in den Medien. Außerdem
müsste man in diesem Fall ein generelles Inseratenverbot verhängen. Das wiederum würde die pluralistische
Medienlandschaft ruinieren, fügte er warnend hinzu.
Es sei nie jemand unter Druck gesetzt worden, bekräftigte der Staatssekretär, die entsprechenden Beschlüsse
seien immer im Unternehmen selbst gefasst worden, auch wenn die Vorschläge aus den Ministerien gekommen seien.
Ostermayer bekräftigte weiters, bei den Inseratenschaltungen sei es immer um den Nutzen der Unternehmen gegangen
und das sei auch in den Gutachten, das ein Experte aus Deutschland erstellt hat, festgehalten worden.
Zu den konkreten Fragen verwies Ostermayer weitgehend auf einzelne parlamentarische Anfragebeantwortungen sowie
auf seine protokollierten Aussagen im Untersuchungsausschuss. Im Jahr 2011 habe es rund 30 Schaltungen mit dem
Bild des Bundeskanzlers gegeben, informierte er, seit Beginn 2012 seien keine derartigen Inserate mehr erfolgt.
Wo liegen die Grenzen der Informationspflicht?
Mit dieser Beantwortung zeigte sich Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) völlig unzufrieden. Sie sei
"dürftig" ausgefallen und komme einer "Nichtbeantwortung" und Missachtung des Bundesrats
gleich. Die Tatsache, dass der Bundeskanzler weder im Untersuchungsausschuss erscheine noch dem Bundesrat Rede
und Antwort stehen wolle, habe schon zu einer Umbenennung von Faymann zu "Feigmann" geführt, merkte
Mühlwerth an und verwies auf die positiven Beispiele von Bundeskanzlerin Merkel, aber auch von Bundeskanzler
Vranitzky,
die beide kein Problem damit hatten, vor den Abgeordneten unter Wahrheitspflicht auszusagen. Mühlwerth kritisierte
auch scharf die Feststellung von Klubobmann Josef Cap, wonach der Bundeskanzler im Sommergespräch ohnehin
alles gesagt habe, und warf der ÖVP vor, mitzumachen, um offensichtlich eigenes Fehlverhalten decken zu können.
Dies zeige sich besonders auch jetzt, wo man den Untersuchungsausschuss einfach abdrehe, zu einem Zeitpunkt, wo
die "fetten Dinge" herauskommen können, fuhr Mühlwerth fort. Die freiheitliche Bundesrätin
zitierte in diesem Zusammenhang aus einem in der Zeitschrift "Falter" erschienen Interview mit dem ehemaligen
ÖBB-Vorstand Weninger, in dem dieser die Vorwürfe gegen den damaligen Verkehrsminister Faymann bestätigt.
Die Inserate seien von Faymann initiiert und von der ÖBB bezahlt worden, obwohl diese nicht in die Konzernstrategie
gepasst hätten und aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen Schaden für das Unternehmen bedeutet hätten.
Der Verkehrsminister habe sich dabei als jener dargestellt, der die Beschwerden gegen den ÖBB-Personenverkehr
aufgreift und entsprechende Änderungen vornimmt. Im Zusammenhang mit den ASFINAG Inseraten könne man
den gleichen Vorgang feststellen.
Die Argumentation Ostermayers konnte Mühlwerth nicht nachvollziehen, zumal auch die Staatsanwaltschaft von
Schutzbehauptungen Faymanns gesprochen habe. Die ganze Affäre, die nun auch auf Umweltminister Berlakovich
überschwappe, zeichne ein Sittenbild, von dem sich die Wählerinnen und Wähler mit Grausen abwendeten.
Mühlwerth folgerte aus all dem die Forderung nach mehr direkter Demokratie und nach Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
als Minderheitenrecht.
Untersuchungsausschuss ist keine Parallelstaatsanwaltschaft
In seiner Replik auf die Vorrednerin wies Bundesrat Gottfried KNEIFEL (V/O) auf die Gewaltentrennung zwischen Legislative,
Exekutive und Justiz hin. Es sei das gute Recht der Opposition, die Instrumente des Parlaments zu nutzen, sagte
Kneifel, um ihr wichtig erscheinende Themen zu aktualisieren. Man müsse sich aber dabei an die verfassungsmäßigen
Grundsätze halten und dürfe die Aufgabenbereiche dieser drei staatlichen Gewalten nicht miteinander vermischen,
mahnte er. Der Untersuchungsausschuss habe die Aufgabe, die politische Verantwortung zu klären, betonte Kneifel,
er könne aber nicht als "Parallelstaatsanwaltschaft" agieren und es stehe ihm auch nicht zu, die
Aufgaben der Gerichtsbarkeit mitzuerledigen. Zu guter Letzt sei es nicht akzeptabel, wenn der Untersuchungsausschuss
zu einer Schlammschlacht ausartet. Die Menschen schätzten harte Diskussionen, sie erwarteten sich von den
PolitikerInnen aber auch, die entsprechenden Konsequenzen aus Vorwürfen zu ziehen. Deshalb habe man auch das
umfassende Transparenzpaket geschnürt damit so etwas nicht mehr passiere.
Die politische Verantwortung sei geklärt, stellte Kneifel fest, jetzt sollten die Gerichte handeln, und er
habe volles Vertrauen in die Justiz. Er stehe auch zum Weisungsrecht der Justizministerin, denn gerade den Vorwürfen
gegenüber PolitikerInnen müsse man besonders Augenmerk schenken.
Von einer "schwachen Dringlichen der Freiheitlichen" und "einer reinen Showpartie" sprach Bundesrat
Gerald KLUG (S/St). Außerdem verwies er darauf, dass die Geschäftsordnung des Bundesrats ausdrücklich
die Möglichkeit der Vertretung der MinisterInnen und des Bundeskanzlers durch StaatssekretärInnen vorsieht.
Dass Ostermayer heute die Fragen beantworte, sei auch deshalb sinnvoll, weil er als Büroleiter des damaligen
Verkehrsministers Faymann agiert habe.
Klug betonte die Informationspflicht und Koordinationsfunktion des Verkehrsministeriums für die ÖBB und
die ASFINAG, da es im öffentlichen Interesse liege, dass die beiden Unternehmen im Wettbewerb bestehen. Der
FPÖ gehe es allein darum, die in der Vergangenheit erzielten Erfolge im Nachhinein klein zu reden, vermutete
Klug. Er glaube auch, dass die FPÖ mit diesem Skandalisierungsversuch von den eigenen Skandalen ablenken wolle.
Abschließend verteidigte Klug die Beantwortung der Anfrage durch den Staatssekretär und verwies auf
die stenographischen Protokolle des Untersuchungsausschusses, in denen man alles nachlesen könne.
Die zentrale Frage sei, ob ein Regierungsmitglied das Recht hat, Unternehmen Inserate aufzwingen zu können,
um damit eine positive Berichterstattung über die eigene Person zu erreichen, betonte Bundesrat Marco SCHREUDER
(G/W) am Beginn seines Debattenbeitrags. Er bedauerte den wachsenden Frust innerhalb der Bevölkerung aufgrund
des Umgangs der Regierungsparteien mit dem Untersuchungsausschuss. Dieser habe enorm gute Arbeit geleistet, sagte
er, und er habe auch zu vielen gesetzlichen Änderungen geführt. Vor wenigen Monaten habe man auch daher
die Hoffnung haben können, dass nun Sauberkeit und Transparenz einkehren könne. Auch Abgeordnete Gabriela
Moser sei eine hervorragende Vorsitzende gewesen, die Rücktrittsaufforderungen gegen sie hätten in Wahrheit
auch nichts mit ihrer Person zu tun, sondern es sei allein darum gegangen, den Unterausschuss abzudrehen, sobald
die Inseratenaffäre auf die Tagesordnung gekommen ist. Mit der Aussage Caps, Faymann habe bereits alles im
Sommergespräch gesagt, seien die Hoffnungen zerstört worden, und die Regierungsfraktionen hätten
im Nationalrat mit ihrer Fristsetzung eine "unfassbare Erpressung" gestartet.
Verhaberung zwischen Politik und Boulevard
Schreuder ortete in dieser Vorgangsweise eine prinzipielle Strukturschwäche, die in der Abhängigkeit
der Legislativen von der Exekutiven zu suchen sei und wesentlich auf dem Listenwahlrecht beruhe. Schreuder zufolge
müsse man auch über die "Verhaberung" zwischen Politik und Boulevard reden. Es gebe einen vorauseilenden
Gehorsam, jene Parteien, die inserieren, würden in den Boulevardblättern "schön geschrieben",
jene, die nicht inserieren, würden "niedergeschrieben". So etwas dürfe in einer sauberen Demokratie
vorkommen, so Schreuder.
Bundesrat Reinhard TODT (S/W) stellte fest, die Dringliche Anfrage sei von Staatssekretär Ostermayer ausführlich
beantwortet worden. Der Untersuchungsausschuss habe viel bewirkt, sagte der Redner und nannte unter anderem das
Medientransparenzgesetz und das Parteientransparenzgesetz als Konsequenzen aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses.
Dann unterstrich Todt die Informationspflicht der Minister und nannte als Beispiel die "Rettungsgasse".
Auch als Eigentümer eines Unternehmens habe der Staat die Pflicht, eine Medienkampagne einzuleiten, wenn ein
Unternehmen "niedergeschrieben" wird. Ausschussobfrau Moser habe Fehler in der Vorsitzführung des
Untersuchungsausschusses gemacht, erinnerte der Redner, sprach ihr für ihren Rücktritt aber seine Hochachtung
aus. Da Bundeskanzler Faymann ein ausgezeichneter Bundeskanzler sei, habe die Opposition Interesse daran, ihn "vorzuführen"
und "anzupatzen". Die FPÖ wolle außerdem von ihren eigenen Skandalen ablenken, etwa in Kärnten,
wo die "Ikone Haider" nunmehr wanke. Es sei jedenfalls skandalös, dass die FPK Neuwahlen in Kärnten
blockiere, für die eine Mehrheit der Kärntner eintrete, schloss Todt.
Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) bedauerte die Abwesenheit des Bundeskanzlers im Bundesrat und setzte
sich kritisch mit den "Inseraten-Weltmeistern" Faymann und Berlakovich auseinander. Es sei der Steuerzahler
gewesen, der für die Kosten aufkommen musste, erinnerte Kerschbaum und meinte, der Nutzen der Kampagne für
die Bundesbahnen sei zu bezweifeln. Die Inseraten-Affäre sei als Machtmissbrauch und als Verschleuderung von
Steuergeldern zu bezeichnen. Mangels Einsicht bei SPÖ und ÖVP sei auch zu bezweifeln, dass derartige
Vorfälle in Zukunft ausgeschlossen werden können. Unverständlich sei jedenfalls, dass der Bundeskanzler
weder im Untersuchungsausschuss noch im Bundesrat Rede und Antwort zu diesen Fragen stehe, kritisierte die Rednerin. |