Politischer Schlagabtausch zu Inseratenschaltungen der Regierung   

erstellt am
05. 10. 12

Dringliche Anfrage der FPÖ im Bundesrat
Wien (pk) -Der Untersuchungsausschuss warf am 04.10. seine Schatten auch auf die Sitzung des Bundesrates. Nachdem es der Opposition nicht gelungen war, den Bundeskanzler in der Frage der Inseratenschaltungen in den Untersuchungsausschuss zu laden, brachten die freiheitlichen BundesrätInnen Hans-Jörg Jenewein und Monika Mühlwerth eine Dringliche Anfrage unter dem Titel "Inseratenkeiler Werner Faymann" ein. Darin richteten sie 22 detaillierte Fragen an den Bundeskanzler im Zusammenhang mit den Inseraten, die in die Zeit seiner Amtstätigkeit als Verkehrsminister fallen. Damit wiederholen sie den Verdacht, die Inserate seien auf Geheiß des Ressorts Faymann geschaltet und von den Unternehmen ÖBB und ASFINAG bezahlt worden.

Die Beantwortung übernahm in Vertretung des Bundeskanzlers dessen Staatssekretär Josef Ostermayer, was von Bundesrat Hans-Jörg JENEWEIN (F/W) in seiner Begründung der Anfrage scharf kritisiert wurde. Fazit des Freiheitlichen Mandatars war, Faymann sei der "schwächste, feigste und unehrlichste Kanzler der Republik". Der Bundeskanzler habe zwar immer wieder angekündigt, in den Untersuchungsausschuss kommen zu wollen, wenn er eingeladen werde, aber die eigenen Abgeordneten seien dagegen gewesen, dass der Bundeskanzler unter Wahrheitspflicht aussagt. Offensichtlich sei dieser "machtlos" gegen seinen eigenen Klub, folgerte Jenewein. ÖVP und SPÖ seien nicht bereit, Licht ins Dunkel zu bringen, bedauerte er. Das Sittenbild, das hier vor allem die SPÖ liefere, sei fatal. Auch als Stadtrat habe sich Faymann durch Inserate der Boulevardblätter bedient, so sein weiterer Vorwurf.

Jenewein bezifferte den Schaden der sogenannten Inseratenaffäre mit 10 Mio. € für das Budget, 5 Mio. € für die ASFINAG und 7 Mio. € für die ÖBB. Mit der vorliegenden Dringlichen Anfrage starte man einen weiteren Versuch, mehr Transparenz in die Sache zu bringen, argumentierte er. Auch der Rechnungshof habe festgestellt, die Inserate seien eine Imagekampagne für den damaligen Verkehrsminister gewesen und die Vergabe sei intransparent abgelaufen. Dabei erhebe sich die prinzipielle Frage, ob man Unternehmen Inserate "aufs Auge drücken könne", ohne dass sich diese dagegen wehren könnten.

Ostermayer: kein Druck auf Unternehmen

Staatssekretär Josef OSTERMAYER wies einmal mehr die erhobenen Vorwürfe zurück und warf Bundesrat Jenewein vor, reine Polemik betrieben zu haben. Allein die Tatsache, dass jährlich im Ausmaß von 1,8 Mio. € in Printmedien inseriert werde, davon eine Milliarde in Tageszeitungen, mache deutlich, wie notwendig Inserate seien, um zu informieren und um die Leistungsfähigkeit von Unternehmen und öffentlichen Stellen darzulegen. Das bedeute keineswegs, dass man Zeitungen und JournalistInnen kaufen möchte, stellte Ostermayer dezidiert fest, das wäre eine ungeheuerliche Respektlosigkeit gegenüber den MitarbeiterInnen in den Medien. Außerdem müsste man in diesem Fall ein generelles Inseratenverbot verhängen. Das wiederum würde die pluralistische Medienlandschaft ruinieren, fügte er warnend hinzu.

Es sei nie jemand unter Druck gesetzt worden, bekräftigte der Staatssekretär, die entsprechenden Beschlüsse seien immer im Unternehmen selbst gefasst worden, auch wenn die Vorschläge aus den Ministerien gekommen seien. Ostermayer bekräftigte weiters, bei den Inseratenschaltungen sei es immer um den Nutzen der Unternehmen gegangen und das sei auch in den Gutachten, das ein Experte aus Deutschland erstellt hat, festgehalten worden.

Zu den konkreten Fragen verwies Ostermayer weitgehend auf einzelne parlamentarische Anfragebeantwortungen sowie auf seine protokollierten Aussagen im Untersuchungsausschuss. Im Jahr 2011 habe es rund 30 Schaltungen mit dem Bild des Bundeskanzlers gegeben, informierte er, seit Beginn 2012 seien keine derartigen Inserate mehr erfolgt.

Wo liegen die Grenzen der Informationspflicht?
Mit dieser Beantwortung zeigte sich Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) völlig unzufrieden. Sie sei "dürftig" ausgefallen und komme einer "Nichtbeantwortung" und Missachtung des Bundesrats gleich. Die Tatsache, dass der Bundeskanzler weder im Untersuchungsausschuss erscheine noch dem Bundesrat Rede und Antwort stehen wolle, habe schon zu einer Umbenennung von Faymann zu "Feigmann" geführt, merkte Mühlwerth an und verwies auf die positiven Beispiele von Bundeskanzlerin Merkel, aber auch von Bundeskanzler Vranitzky,

die beide kein Problem damit hatten, vor den Abgeordneten unter Wahrheitspflicht auszusagen. Mühlwerth kritisierte auch scharf die Feststellung von Klubobmann Josef Cap, wonach der Bundeskanzler im Sommergespräch ohnehin alles gesagt habe, und warf der ÖVP vor, mitzumachen, um offensichtlich eigenes Fehlverhalten decken zu können.

Dies zeige sich besonders auch jetzt, wo man den Untersuchungsausschuss einfach abdrehe, zu einem Zeitpunkt, wo die "fetten Dinge" herauskommen können, fuhr Mühlwerth fort. Die freiheitliche Bundesrätin zitierte in diesem Zusammenhang aus einem in der Zeitschrift "Falter" erschienen Interview mit dem ehemaligen ÖBB-Vorstand Weninger, in dem dieser die Vorwürfe gegen den damaligen Verkehrsminister Faymann bestätigt. Die Inserate seien von Faymann initiiert und von der ÖBB bezahlt worden, obwohl diese nicht in die Konzernstrategie gepasst hätten und aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen Schaden für das Unternehmen bedeutet hätten. Der Verkehrsminister habe sich dabei als jener dargestellt, der die Beschwerden gegen den ÖBB-Personenverkehr aufgreift und entsprechende Änderungen vornimmt. Im Zusammenhang mit den ASFINAG Inseraten könne man den gleichen Vorgang feststellen.

Die Argumentation Ostermayers konnte Mühlwerth nicht nachvollziehen, zumal auch die Staatsanwaltschaft von Schutzbehauptungen Faymanns gesprochen habe. Die ganze Affäre, die nun auch auf Umweltminister Berlakovich überschwappe, zeichne ein Sittenbild, von dem sich die Wählerinnen und Wähler mit Grausen abwendeten. Mühlwerth folgerte aus all dem die Forderung nach mehr direkter Demokratie und nach Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Minderheitenrecht.


Untersuchungsausschuss ist keine Parallelstaatsanwaltschaft
In seiner Replik auf die Vorrednerin wies Bundesrat Gottfried KNEIFEL (V/O) auf die Gewaltentrennung zwischen Legislative, Exekutive und Justiz hin. Es sei das gute Recht der Opposition, die Instrumente des Parlaments zu nutzen, sagte Kneifel, um ihr wichtig erscheinende Themen zu aktualisieren. Man müsse sich aber dabei an die verfassungsmäßigen Grundsätze halten und dürfe die Aufgabenbereiche dieser drei staatlichen Gewalten nicht miteinander vermischen, mahnte er. Der Untersuchungsausschuss habe die Aufgabe, die politische Verantwortung zu klären, betonte Kneifel, er könne aber nicht als "Parallelstaatsanwaltschaft" agieren und es stehe ihm auch nicht zu, die Aufgaben der Gerichtsbarkeit mitzuerledigen. Zu guter Letzt sei es nicht akzeptabel, wenn der Untersuchungsausschuss zu einer Schlammschlacht ausartet. Die Menschen schätzten harte Diskussionen, sie erwarteten sich von den PolitikerInnen aber auch, die entsprechenden Konsequenzen aus Vorwürfen zu ziehen. Deshalb habe man auch das umfassende Transparenzpaket geschnürt damit so etwas nicht mehr passiere.

Die politische Verantwortung sei geklärt, stellte Kneifel fest, jetzt sollten die Gerichte handeln, und er habe volles Vertrauen in die Justiz. Er stehe auch zum Weisungsrecht der Justizministerin, denn gerade den Vorwürfen gegenüber PolitikerInnen müsse man besonders Augenmerk schenken.

Von einer "schwachen Dringlichen der Freiheitlichen" und "einer reinen Showpartie" sprach Bundesrat Gerald KLUG (S/St). Außerdem verwies er darauf, dass die Geschäftsordnung des Bundesrats ausdrücklich die Möglichkeit der Vertretung der MinisterInnen und des Bundeskanzlers durch StaatssekretärInnen vorsieht. Dass Ostermayer heute die Fragen beantworte, sei auch deshalb sinnvoll, weil er als Büroleiter des damaligen Verkehrsministers Faymann agiert habe.

Klug betonte die Informationspflicht und Koordinationsfunktion des Verkehrsministeriums für die ÖBB und die ASFINAG, da es im öffentlichen Interesse liege, dass die beiden Unternehmen im Wettbewerb bestehen. Der FPÖ gehe es allein darum, die in der Vergangenheit erzielten Erfolge im Nachhinein klein zu reden, vermutete Klug. Er glaube auch, dass die FPÖ mit diesem Skandalisierungsversuch von den eigenen Skandalen ablenken wolle.

Abschließend verteidigte Klug die Beantwortung der Anfrage durch den Staatssekretär und verwies auf die stenographischen Protokolle des Untersuchungsausschusses, in denen man alles nachlesen könne.

Die zentrale Frage sei, ob ein Regierungsmitglied das Recht hat, Unternehmen Inserate aufzwingen zu können, um damit eine positive Berichterstattung über die eigene Person zu erreichen, betonte Bundesrat Marco SCHREUDER (G/W) am Beginn seines Debattenbeitrags. Er bedauerte den wachsenden Frust innerhalb der Bevölkerung aufgrund des Umgangs der Regierungsparteien mit dem Untersuchungsausschuss. Dieser habe enorm gute Arbeit geleistet, sagte er, und er habe auch zu vielen gesetzlichen Änderungen geführt. Vor wenigen Monaten habe man auch daher die Hoffnung haben können, dass nun Sauberkeit und Transparenz einkehren könne. Auch Abgeordnete Gabriela Moser sei eine hervorragende Vorsitzende gewesen, die Rücktrittsaufforderungen gegen sie hätten in Wahrheit auch nichts mit ihrer Person zu tun, sondern es sei allein darum gegangen, den Unterausschuss abzudrehen, sobald die Inseratenaffäre auf die Tagesordnung gekommen ist. Mit der Aussage Caps, Faymann habe bereits alles im Sommergespräch gesagt, seien die Hoffnungen zerstört worden, und die Regierungsfraktionen hätten im Nationalrat mit ihrer Fristsetzung eine "unfassbare Erpressung" gestartet.

Verhaberung zwischen Politik und Boulevard
Schreuder ortete in dieser Vorgangsweise eine prinzipielle Strukturschwäche, die in der Abhängigkeit der Legislativen von der Exekutiven zu suchen sei und wesentlich auf dem Listenwahlrecht beruhe. Schreuder zufolge müsse man auch über die "Verhaberung" zwischen Politik und Boulevard reden. Es gebe einen vorauseilenden Gehorsam, jene Parteien, die inserieren, würden in den Boulevardblättern "schön geschrieben", jene, die nicht inserieren, würden "niedergeschrieben". So etwas dürfe in einer sauberen Demokratie vorkommen, so Schreuder.

Bundesrat Reinhard TODT (S/W) stellte fest, die Dringliche Anfrage sei von Staatssekretär Ostermayer ausführlich beantwortet worden. Der Untersuchungsausschuss habe viel bewirkt, sagte der Redner und nannte unter anderem das Medientransparenzgesetz und das Parteientransparenzgesetz als Konsequenzen aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses. Dann unterstrich Todt die Informationspflicht der Minister und nannte als Beispiel die "Rettungsgasse". Auch als Eigentümer eines Unternehmens habe der Staat die Pflicht, eine Medienkampagne einzuleiten, wenn ein Unternehmen "niedergeschrieben" wird. Ausschussobfrau Moser habe Fehler in der Vorsitzführung des Untersuchungsausschusses gemacht, erinnerte der Redner, sprach ihr für ihren Rücktritt aber seine Hochachtung aus. Da Bundeskanzler Faymann ein ausgezeichneter Bundeskanzler sei, habe die Opposition Interesse daran, ihn "vorzuführen" und "anzupatzen". Die FPÖ wolle außerdem von ihren eigenen Skandalen ablenken, etwa in Kärnten, wo die "Ikone Haider" nunmehr wanke. Es sei jedenfalls skandalös, dass die FPK Neuwahlen in Kärnten blockiere, für die eine Mehrheit der Kärntner eintrete, schloss Todt.

Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) bedauerte die Abwesenheit des Bundeskanzlers im Bundesrat und setzte sich kritisch mit den "Inseraten-Weltmeistern" Faymann und Berlakovich auseinander. Es sei der Steuerzahler gewesen, der für die Kosten aufkommen musste, erinnerte Kerschbaum und meinte, der Nutzen der Kampagne für die Bundesbahnen sei zu bezweifeln. Die Inseraten-Affäre sei als Machtmissbrauch und als Verschleuderung von Steuergeldern zu bezeichnen. Mangels Einsicht bei SPÖ und ÖVP sei auch zu bezweifeln, dass derartige Vorfälle in Zukunft ausgeschlossen werden können. Unverständlich sei jedenfalls, dass der Bundeskanzler weder im Untersuchungsausschuss noch im Bundesrat Rede und Antwort zu diesen Fragen stehe, kritisierte die Rednerin.
     
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