Verbandsklageverfahren im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums -OGH
verbietet 16 Klauseln
Wien (bmask) - Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in einem vom Verein für Konsumenteninformation
(VKI) im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums geführten Verbandsklageverfahren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen
(AGB) der österreichischen Banken in 16 Punkten als gesetzwidrig und damit unwirksam beurteilt.
Am 1.11.2009 ist das Zahlungsdienstegesetz in Kraft getreten, mit dem der einheitliche europäische Zahlungsverkehrsraum
(SEPA) in Österreich verwirklicht und der Konsumentenschutz bei Zahlungsdiensten (z.B. Girokonto, Kreditkarte,
Bankomatkarte) verbessert wurde. Zeitgleich führten die Banken neue AGB ein, die jedoch den geänderten
gesetzlichen Vorgaben in zahlreichen Punkten nicht entsprachen.
Die vom OGH nunmehr rechtskräftig untersagten Vertragsklauseln betreffen u.a. folgende Punkte:
Punkt 1: Bislang wurden die Entgelte für Zahlungsdienste (z.B. Kontoführungsgebühr,
Bankomat- oder Kreditkartengebühr) jährlich automatisch im Ausmaß der Änderung des Verbraucherpreisindex
erhöht. Der OGH hat jetzt klargestellt, dass das Zahlungsdienstegesetz Entgelterhöhungen nur mehr dann
erlaubt, wenn sie den KundInnen mindestens zwei Monate vor ihrem Inkrafttreten mitgeteilt werden und die KundInnen
das Recht haben, der Erhöhung zu widersprechen. Es ist daher davon auszugehen, dass es in Zukunft nur mehr
selten zu Preiserhöhungen kommen wird. Das entspricht dem Anliegen des Zahlungsdienstegesetzes, die Entgelte
im Interesse der KundInnen zu senken, da die Kosten der Bank im Zahlungsverkehr nicht primär von der Entwicklung
des allgemeinen Preisniveaus sondern vom Rationalisierungsgrad abhängen, der fortlaufend steigt.
Punkt 2: Banken ist es verboten, neben den vereinbarten Entgelten für die Zahlungsdienste Zusatzgebühren
für Informationen und Nebenleistungen zu verrechnen. Dieses Verbot betrifft z.B. die bisher für die Sperre
einer (verlorenen oder gestohlenen) Bankomat- oder Kreditkarte verrechneten Gebühren. Ein Kostenersatz kann
nur mehr in drei im Gesetz ausdrücklich angeführten Ausnahmefällen vereinbart werden (Erteilung
nicht gedeckter Überweisungsaufträge; Verwendung unrichtiger Kontonummern; nachträglicher Widerruf
eines Überweisungsauftrags).
Punkt 3: Ein weiteres zentrales Anliegen des Zahlungsdienstegesetzes ist es, den Banken zwingend
die Verantwortung für die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Zahlungsverkehrs aufzuerlegen. Aus diesem
Grund ist es nicht zulässig, das Risiko von Missbräuchen oder Fehlern über in den AGB vorgesehene
Sorgfaltspflichten auf die KundInnen zu überwälzen; diese sind vielmehr - so der OGH - ausschließlich
für die Geheimhaltung der personalisierten Sicherheitsmerkmale (z.B. PIN oder ein anderer Geheimcode) in ihrem
Bereich, die sorgfältige Verwahrung einer Zahlungskarte sowie die unverzügliche Meldung ihres Verlusts
verantwortlich. Im Verfahren wurden daher mehrere Klauseln aus den AGB der Banken aufgehoben, die den Nutzern von
Zahlungsdiensten weiter gehende Verpflichtungen auferlegen. So ist der Kunde grundsätzlich nicht verpflichtet,
bei der Erteilung von Zahlungsaufträgen im Telefon- oder Online-Banking besondere Vorkehrungen gegen Übermittlungsfehler
und Missbräuche zu treffen. Er ist auch nicht verpflichtet, die Bank zu benachrichtigen, wenn regelmäßige
Mitteilungen (z.B. Kontoabschlüsse) oder Sendungen (Zahlungskarte oder Code) ausbleiben.
Punkt 4: Der Kunde ist nicht verpflichtet, die ihm von der Bank übermittelten Kontoauszüge
und Rechnungsabschlüsse auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, wie das in
den AGB der Banken vorgesehen ist. Unzulässig ist dadurch in weiterer Folge auch die Regelung, dass Kontoauszüge
und Rechnungsabschlüsse als genehmigt (anerkannt) gelten, wenn der Kunde nicht innerhalb von zwei Monaten
bei der Bank reklamiert. Der Kunde kann daher auch nach Ablauf dieser Frist z.B. geltend machen, dass bestimmte
Einzüge oder Überweisungen von ihm nicht autorisiert waren, und eine entsprechende Gutschrift auf seinem
Konto verlangen, wenn er den Fehler erst später entdeckt.
Punkt 5: Aus der Entscheidung des OGH ergibt sich auch, dass die Bank bei Überweisungen, für
die noch die inländische Kontonummer des Empfängers verwendet wird, weiterhin verpflichtet ist, die Übereinstimmung
dieser Kontonummer mit dem Empfängernamen zu überprüfen, um Fehlüberweisungen infolge eines
Schreib- oder Eingabefehlers oder betrügerischer Manipulationen zu verhindern. Im Gegensatz zur internationalen
Kontonummer (IBAN) enthält nämlich die inländische Kontonummer keine zweistellige Prüfziffer,
mit deren Hilfe die vom Zahler angegebene Empfängerkontonummer auch ohne Namensvergleich zuverlässig
auf Fehler überprüft werden könnte.
"Die Entscheidung des OGH erteilte der vielfach geübten Bankenpraxis in vielen Punkten eine klare Absage.
Manche Klauseln heimischer Banken sind eindeutig rechtswidrig und für VerbraucherInnen schlichtweg unzumutbar.
Es ist daher umso erfreulicher, dass das Verfahren des VKI im Sinne des Konsumentenschutzes positiv abgeschlossen
werden konnte", so Konsumentenschutzminister Rudolf Hundstorfer.
Überraschend und aus der Sicht des Konsumentenschutzes bedauerlich ist, dass den Banken von den Gerichten
eine 6-monatige "Leistungsfrist" eingeräumt wurde, innerhalb der die Bank die gesetzwidrigen Klauseln
weiterhin für neue Verträge vereinbaren und sich gegenüber Kunden mit laufenden Verträgen auf
sie berufen kann, ohne dass der VKI dagegen mit Exekution vorgehen könnte. Es müsste sich also in einem
solchen Fall der einzelne Kunde selbst zur Wehr setzen.
"Ich gehe davon aus, dass die Banken diese Frist nicht zum Schaden einzelner KonsumentInnen benutzen",
appellierte Hundstorfer und wies darauf hin, dass Österreich nach Artikel 7 der Vertragsklausel-Richtlinie
europarechtlich verpflichtet ist, seine KonsumentInnen vor der weiteren Anwendung von Vertragsklauseln wirksam
zu schützen, die von einem Gericht in einem Verbandsklageverfahren als missbräuchlich beurteilten worden
sind. Das ist nach der nunmehrigen Rechtsprechung des OGH nur mehr eingeschränkt möglich. "Der VKI
wird in meinem Auftrag versuchen, diese Frage in einem anderen Verfahren dem Europäischen Gerichtshof vorlegen
zu lassen", kündigte Hundstorfer an. |