Österreichs Industrie ist entgegen dem globalen Trend zur Dienstleistungsgesellschaft schon
seit Jahren ein Wachstumstreiber: Fast die Hälfte des gesamtwirtschaftlichen Wachstums kommt seit 2006 aus
dem Sektor
Wien (ba) - Die heimische Industrie bleibt einer der wichtigsten Wachstumstreiber für Österreichs
Wirtschaft – diese Entwicklung der vergangenen zwei Jahrzehnte wird sich in den nächsten Jahren weiter fortsetzen.
Der aktuellen Konjunkturabkühlung kann sich der Sektor allerdings auch nicht entziehen und die Industrieproduktion
wird in diesem Jahr nur um knapp 1 Prozent wachsen. Dies sind kurz zusammengefasst einige wichtige Kernaussagen
einer aktuellen Analyse der Bank Austria Ökonomen zur österreichischen Industrie. Weiters erwarten die
Volkswirte der Bank Austria, dass bei wichtigen Handelspartnern der österreichischen Industrie schon im nächsten
Jahr wieder mit einer Konjunkturstabilisierung zu rechnen ist, da die Weichen für eine erfolgreiche Lösung
der Eurokrise gestellt sind. Eine Belebung des Produktionswachstums auf rund 3 Prozent ist wahrscheinlich, womit
die Industrie abermals zur wesentlichen Stütze des gesamtwirtschaftlichen Wachstums von rund 1,2 Prozent wird.
Industrie ist der stabile Wachstumsmotor für Österreichs Wirtschaft
Schon in den vergangenen zwei Jahrzehnten war die heimische Industrie eine wesentliche Stütze um das überdurchschnittliche
Wirtschaftswachstum von 2,1 Prozent pro Jahr zu erreichen. Österreichs Wirtschaft ist in diesem Zeitraum nicht
nur rascher als die Länder der Eurozone gewachsen (1,6 Prozent) sondern auch rascher als der EU-Durchschnitt
(1,9 Prozent). In Summe hat die Industrie in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als ein Viertel zum Wirtschaftswachstum
in Österreich beigetragen. Dies bei einem merklich geringeren Anteil an der gesamten Wirtschaftsleistung von
aktuell knapp 20 Prozent. Das bedeutet, dass in Österreich vor allem der Produktionssektor entgegen dem globalen
Trend zur Dienstleistungsgesellschaft für Wachstum gesorgt hat.
Walter Pudschedl, Ökonom der Bank Austria: „Die Industrie hat die wirtschaftlichen Chancen der neuen Rahmenbedingungen
nach dem EU-Beitritt und der Ostöffnung gut genutzt. Auf Basis der erfolgreich erledigten strukturellen Hausaufgaben
nach der schweren Krise in den 80iger Jahren hat sich die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors erheblich verbessert
und ab Mitte der 90iger Jahre für einen Aufschwung des Sektors gesorgt. Dadurch stieg der Beitrag der Industrie
zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum in den vergangenen zwei Jahrzehnten zunehmend an. In den vergangenen fünf
Jahren war der Produktionsbereich sogar für fast die Hälfte des BIP-Anstiegs verantwortlich.“
Abkühlung der Industriekonjunktur seit Ende 2011 – optimistischerer Ausblick für 2013
Seit Ende 2011 setzt die globale Konjunkturverlangsamung der österreichischen Industrie merklich zu. In den
ersten sieben Monaten dieses Jahres ist die Produktionsleistung nur mehr um 0,2 Prozent gestiegen. Mit Herbstbeginn
kühlte die Industriekonjunktur dann noch weiter ab und die Produktion dürfte kurzfristig sogar gesunken
sein. Vor allem Auslandsaufträge fehlen dem Sektor. Bank Austria Ökonom Pudschedl: „Die zuletzt wieder
gestiegenen Erzeugerpreise unterstützen unsere Ansicht, dass die Abkühlung der Industriekonjunktur im
Herbst 2012 bereits den Höhepunkt erreicht hat. In den kommenden Monaten ist zwar mit einer schwachen Entwicklung
des Produktionssektors zu rechnen aber keinesfalls ist ein Einbruch wie in der Krise 2008/2009 zu erwarten. Im
Jahresdurchschnitt sollte sich noch ein knappes Plus von bis zu 1 Prozent ausgehen.“
Obwohl die Verschärfung der Rezession in einigen Ländern der Eurozone in allen Sparten spürbar geworden
ist, sind die Branchen sehr unterschiedlich betroffen. So verbuchen konjunktursensible und stark exportabhängige
Bereiche wie der Fahrzeugbau, die Elektroindustrie und die Stahlindustrie von Jänner bis Juli 2012 Produktionsrückgänge
von durchschnittlich 3 bis 4 Prozent. Andere, zumeist stärker inlandsorientierte Branchen, zeigen hingegen
durchaus eine günstige Entwicklung. Der Output der Metallwarenhersteller, der Chemie- und Pharmaindustrie,
der Kunststoffwarenindustrie und der Papiererzeugung- und -verarbeitung, ist in den ersten sieben Monaten 2012
um 2 bis 5 Prozent gestiegen. Die Nahrungs- und Genussmittelerzeuger weisen immerhin noch ein Plus von knapp 1
Prozent auf. Entgegen dem Trend wächst der Maschinenbau mit einem Produktionsplus von 6 Prozent bis zum Juli
2012 trotz seiner überdurchschnittlich hohen Exportintensität stärker als alle anderen Industriebranchen.
Bank Austria Ökonom Günter Wolf: „Das Wachstum der Industrieproduktion wird sich 2013 leicht beleben.
Unter den gegebenen Rahmenbedingungen erwarten wir ein Plus von 3 Prozent, vor allem angetrieben von einer steigenden
Investitionsfreudigkeit der Unternehmen.“ Das bedeutet relativ erfreuliche Aussichten für den Maschinenbau
und Teile der Elektroindustrie, wie für deren Zulieferer, vor allem der Stahlindustrie und der Metallwarenerzeuger.
Die Branchen werden voraussichtlich rascher als der Industriedurchschnitt wachsen, auch wenn Einsparungen bei öffentlichen
Infrastrukturinvestitionen das Industriewachstum bremsen und vor allem der Elektroindustrie und der Stahlindustrie
Aufträge kosten. Zudem sind Österreichs Stahlindustrie und Fahrzeughersteller mit einer schwächeren
Nachfrage von Seiten der europäischen Autoindustrie konfrontiert.
Überdurchschnittliche Innovationsstärke der heimischen Industrie
Die grundsätzlich optimistische Einschätzung der Industrieentwicklung in Österreich beruht auf der
ausgeprägten Wettbewerbsfähigkeit des Sektors, vor allem der Investitionsgüterhersteller und ihrer
zentralen Zulieferer. Maßgeblich ist hier der hohe Innovationsgrad der Unternehmen: So erreicht der Anteil
innovationsaktiver Unternehmen im Sektordurchschnitt 61 Prozent – im Vergleich zu 55 Prozent im EU-Schnitt. Die
Innovationsstärke im Maschinenbau, der Chemie, der Fahrzeug- und Elektroindustrie und der Stahlindustrie liegt
im Bereich von 80 bis 90 Prozent und damit zum Teil weit über den europäischen Vergleichswerten. „Das
Beispiel des österreichischen Maschinenbaus zeigt sehr gut, wie eine Branche die Nachteile einer überwiegend
klein- bis mittelbetrieblichen Struktur mit der konsequenten Ausrichtung auf technologisch anspruchsvolle, innovative
Produkte kompensieren kann. Mit einer Forschungsquote von 3,4 Prozent vom Umsatz liegt diese Branche nicht nur
über dem Industriedurchschnitt in Österreich – mit 2,4 Prozent vom Umsatz – sondern zählt zu den
höchsten im europäischen Maschinenbau“, so Wolf abschließend. |