Ergebnisse des OeNB-Konjunkturindikators vom Oktober 2012
Wien (oenb) - Nach einem guten Start in das Jahr 2012 ist Österreichs Wirtschaft wieder verstärkt
in den Sog der mit der europäischen Finanz- und Schuldenkrise verbundenen internationalen Konjunkturabschwächung
geraten. Ab Jahresmitte hat das Wirtschaftswachstum deutlich an Dynamik verloren. Für das zweite Halbjahr
erwartet die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) aufgrund fehlender Impulse aus der Industrie und dem Export eine
Stagnation der österreichischen Wirtschaft. Gemäß den Ergebnissen des OeNB-Konjunkturindikators
wird das reale BIP im dritten Quartal geringfügig sinken (um 0,1% gegenüber dem Vorquartal) und im vierten
Quartal stagnieren. Gegenüber der letzten Veröffentlichung im Juli wurde die Prognose für das dritte
Quartal um 0,2 Prozentpunkte nach unten revidiert. Im Unterschied zu anderen Euroraumländern zeichnet sich
für Österreich jedoch kein Abgleiten in eine Rezession ab. Für das Gesamtjahr 2012 ergibt sich aufgrund
der starken wirtschaftlichen Dynamik zu Jahresbeginn noch ein Wachstum von rund 0,8%.
Die Perspektiven für die Weltwirtschaft haben sich vor dem Hintergrund der Wachstumsabschwächung
in wichtigen Schwellenländern wie China, dem möglichen Auslaufen von Steuererleichterungen und dem automatischen
Eintreten von Ausgabenkürzungen in den USA zu Beginn des Jahres 2013 (der sogenannten „Fiskalklippe“) und
der europäischen Schuldenkrise zuletzt weiter eingetrübt.
Trotz guter Fundamentaldaten bekommt Österreich als exportorientierte Volkswirtschaft die wirtschaftlichen
Folgen über den Außenhandel deutlich zu spüren. Die nominellen Güterexporte stagnieren
seit dem zweiten Quartal 2011, real sinken sie. Dieser Trend hat sich gemäß den Ergebnissen des OeNB-Exportindikators
im dritten Quartal 2012 mit einem Plus von nur 0,1% (nominell, saisonbereinigt, gegenüber dem Vorquartal)
fortgesetzt. Die geringe Exportdynamik geht weiterhin vor allem auf die schwache Performance der Ausfuhren
in für Österreich wichtige Handelspartner wie Italien, Tschechien, Ungarn, Slowenien, Spanien oder Kroatien
zurück (die zusammen 19% der österreichischen Exportmärkte darstellen), deren Wirtschaftsleistung
derzeit zurückgeht.
Die fehlenden Wachstumsimpulse aus dem Export belasten die Produktionstätigkeit der Unternehmen. Darüber
hinaus veranlasst die Unsicherheit über zukünftige Absatzchancen die Unternehmen dazu, ihre Investitionspläne
zu kürzen oder zu verschieben. Lediglich für den Wohnbau lassen steigende Immobilienpreise und die hohe
Zahl an Baubewilligungen im Jahr 2011 auf eine Belebung der Investitionstätigkeit hoffen.
Der private Konsum stabilisiert derzeit die Konjunktur. Das seit der vollständigen Öffnung des Arbeitsmarktes
im Mai 2011 nach wie vor ungewöhnlich kräftige Beschäftigungswachstum wird die Haushaltseinkommen
auch in der zweiten Jahreshälfte stützen. Die Kaufkraft profitiert auch von sinkenden Inflationsraten,
die seit Beginn des Jahres unter dem Wachstum der Tariflöhne liegen. Die verfügbaren Vorlaufindikatoren
– wie offene Stellen und beabsichtigte Kündigungen gemäß Frühwarnsystem – lassen jedoch eine
Abschwächung der Arbeitsmarktdynamik in den kommenden Monaten erwarten. Die Zahl der Arbeitslosen wird in
der zweiten Jahreshälfte steigen und ebenso wie das niedrige Verbrauchervertrauen dämpfend auf den Konsum
der privaten Haushalte wirken. Die letzten Zahlen für den Einzelhandel und die PKW-Neuzulassungen legen ebenso
nahe, dass das Konsumwachstum moderat ausfallen wird.
Die Risiken der vorliegenden Prognose sind bereits in einer kurzfristigen Perspektive beträchtlich. Im Falle
einer neuerlichen Verschärfung der europäischen Finanz- und Schuldenkrise kann auch für Österreich
eine technische Rezession nicht ausgeschlossen werden. Andererseits bestehen angesichts der jüngsten Fortschritte
zur Lösung der Krise in Europa erstmals auch Aufwärtsrisiken. Bei einer nachhaltigen Stärkung des
Vertrauens erscheint eine deutlich raschere Erholung der Wirtschaft durchaus möglich.
Die nächste Veröffentlichung des OeNB-Konjunkturindikators ist für Jänner 2013 vorgesehen. |