Binnenmarktanzeiger: bessere Leistung der Mitgliedstaaten   

erstellt am
09. 10. 12

Brüssel (ec.europe) - In der aktuellen Krise kommt dem Binnenmarkt bei dem Versuch, Europa aus der wirtschaftlichen Stagnation zu führen, eine Schlüsselrolle zu. Allerdings können die politischen Ziele der Richtlinien nur bei rechtzeitiger Umsetzung der Rechtsvorschriften erreicht werden. Der heute veröffentlichte Binnenmarktanzeiger der Europäischen Kommission zeigt welche Anstrengungen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von EU-Vorschriften in nationales Recht unternommen haben. Das durchschnittliche Umsetzungsdefizit – d. h. der Prozentsatz der nicht fristgerecht in nationales Recht umgesetzten Binnenmarktrichtlinien – ist nach dem Anstieg im Mai diesen Jahres und im November 2011 (1,2 %) auf 0,9 % gefallen und liegt damit unter dem Ziel, auf das sich die europäischen Staats- und Regierungschefs im Jahr 2007 geeinigt haben. Insgesamt haben 16 Mitgliedstaaten das 1 %-Ziel erfüllt.

Zudem haben es die Mitgliedstaaten geschafft, die Anzahl der nicht ordnungsgemäß umgesetzten Richtlinien zu verringern. Dieses so genannte Konkordanzdefizit fiel im Durchschnitt von 0,8 % vor sechs Monaten auf heute 0,7 % und liegt damit näher bei dem Wert von 0,5 %, der in der Binnenmarktakte vom April 2011 vorgeschlagen wurde. Gleichzeitig hat sich jedoch der Anteil der Richtlinien, deren Umsetzung seit mindestens zwei Jahren überfällig ist, ebenso erhöht wie der Zeitraum, der im Schnitt für die Umsetzung einer EU-Richtlinie in nationales Recht benötigt wird (von 7,9 auf 9,1 Monate).

Was die Anwendung des EU-Rechts betrifft, sinkt die Anzahl der Vertragsverletzungs­verfahren weiter, was wohl mit der Einführung von Mechanismen zusammenhängt, die helfen sollen, Probleme im Zusammenhang mit der Umsetzung des EU-Rechts frühzeitig zu lösen. Die meisten von der Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren entfallen auf Italien, gefolgt von Griechenland und Belgien.

Bei Berücksichtigung sämtlicher Durchsetzungsindikatoren schneiden Lettland, Estland, Luxemburg und Litauen insgesamt am besten ab.

Binnenmarktkommissar Michel Barnier hierzu: „Der Binnenmarkt ist der Motor für neues Wachstum unserer Wirtschaft. Dies kann aber nur funktionieren, wenn alle Länder die Regeln korrekt anwenden, und deshalb begrüße ich die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des EU-Rechts.“

Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien
Das durchschnittliche Umsetzungsdefizit ist in der EU während der letzten sechs Monate von 1,2 % auf 0,9 % gefallen und die Anzahl der Mitgliedstaaten, die das 1 %-Ziel erfüllen, von elf auf 16 angestiegen. Luxemburg, Rumänien, Finnland, das Vereinigte Königreich, Österreich, Portugal, Slowenien, Belgien, Zypern, Polen und Italien müssen mehr Anstrengungen zur Erreichung dieses Ziels leisten.

Ingesamt acht Mitgliedstaaten erreichten ihr bislang bestes Ergebnis oder konnten dieses zumindest halten: die Tschechische Republik, Estland, Irland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Lettland und Malta. Dies zeigt die hohe Priorität, die diese Mitgliedstaaten einer rechtzeitigen Umsetzung einräumen.

Malta und Lettland sind Spitzenreiter bei der Umsetzung der Richtlinien – nur zwei Rahmenrichtlinien sind noch nicht umgesetzt. Besonders beeindruckend ist die Verbesserung des Umsetzungsdefizits in der Tschechischen Republik in den vergangenen sechs Monaten: sie hat nach 1,9 % im Mai einen Rückgang auf 0,6 % geschafft. Schließlich hat Griechenland dank kontinuierlicher und anhaltender Anstrengungen 0,5 % erreicht und konnte den Zielwert von 1 % damit deutlich unterschreiten. Vor zwei Jahren hatte das Land noch das höchste Umsetzungsdefizit von den 27 Mitgliedstaaten.

Zurzeit brauchen die Mitgliedstaaten nach Ablauf der Umsetzungsfrist im Schnitt noch neun Monate, bis sie eine Richtlinie umgesetzt haben. Nur Malta, Schweden, Spanien, Frankreich und Lettland haben die durchschnittlichen Verzögerungen im Vergleich zu November 2011 verkürzt. Hinsichtlich der Richtlinien, deren Umsetzungsfrist um mehr als zwei Jahre überschritten wurde (im Bericht aufgelistet), haben 22 Mitgliedstaaten das Ziel der „Nulltoleranz“ erreicht (gegenüber 25 Mitgliedstaaten vor sechs Monaten).

Vertragsverletzungen

  • Die Gesamtzahl der Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit Binnenmarkt­vorschriften fällt weiter – seit 2007 ist sie um 37 % zurückgegangen.
  • Die durchschnittliche Zahl der anhängigen Vertragsverletzungsverfahren liegt derzeit bei 31 pro Mitgliedstaat gegenüber 34 vor sechs Monaten. Die meisten Vertragsverletzungsverfahren entfallen auf Italien, gefolgt von Griechenland und Belgien. Über 40 % der Vertragsverletzungsverfahren betreffen die Umwelt und das Steuerwesen.
  • Die durchschnittliche Dauer anhängiger Vertragsverletzungsverfahren reicht von einem Jahr (Luxemburg) bis zu drei Jahren (Schweden).
  • Wenn der Gerichtshof einen Verstoß gegen das EU-Recht feststellt, sind die Mitgliedstaaten zu sofortigem Handeln verpflichtet, um diesem Urteil Folge zu leisten. Trotzdem dauert es – mit durchschnittlich über 17,5 Monaten – häufig sehr lange, bis eine Rechtssache eingestellt werden kann. Bei Irland, Frankreich und Spanien beträgt dieser Zeitraum fast zwei Jahre.


Im Fokus: Binnenmarkt-Governance
Die Kommission schlug in ihrer Mitteilung über eine bessere Governance im Binnenmarkt ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der Binnenmarkt-Governance vor (siehe IP/12/587) und nannte Schlüsselsektoren, die im Hinblick auf Wachstum und Beschäftigung das größte Potenzial bieten. Die Kommission forderte von den Mitgliedstaaten, sich in diesen Bereichen hinsichtlich der Umsetzung von Richtlinien zu „Nulltoleranz“ zu verpflichten, und kündigte an, dass sie ihre Durchsetzungsbefugnisse rigoroser nutzen werde. Ferner forderte sie von den Mitgliedstaaten Zusammenarbeit, um sicherzustellen, dass Verstöße gegen das EU-Recht zügig behoben werden; die Vorgabe hierfür lautet 18 bzw. 12 Monate im Falle einer zweiten Anrufung des Gerichtshofs. In künftigen Ausgaben des Binnenmarktanzeigers soll die Einhaltung dieser neuen Leistungsvorgaben geprüft werden.

Die Kommission wird einen jährlichen Bericht über die Integration des Binnenmarkts erstellen und den Schwerpunkt darin auf die praktische Umsetzung der Binnenmarktvorschriften – insbesondere in den angesprochenen Schlüsselbereichen – legen. Die Ergebnisse dieses Berichts werden in die länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters einfließen.

     
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