20 Jahre europäischer Binnenmarkt ist eine Erfolgsgeschichte - Österreich hat von
allen Integrationsschritten durch mehr Wachstum und Beschäftigung profitiert
Wien (bmwfj) - Die Auswirkungen des europäischen Binnenmarktes auf Österreich sowie notwendige
Maßnahmen für eine weitere wirtschaftliche Integration in der EU standen im Mittelpunkt einer Pressekonferenz
von EU-Kommissar Michel Barnier, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sowie Wirtschaftskammer-Präsident
Christoph Leitl im Vorfeld des Europatages der WKÖ zum Thema "20 Jahre Binnenmarkt - Österreichische
KMU go Europe", die am 22.10. im Haus der österreichischen Wirtschaft stattgefunden hat.
"Wir erreichen durch die Exporte in die Länder der Europäischen Union einen 32mal größeren
Markt als wir ihn in Österreich haben", sagte Mitterlehner zur Bedeutung des Binnenmarktes für die
heimischen Unternehmen. "Jetzt müssen wir die Regelungen durchforsten und den Binnenmarkt weiter entfesseln.
Drei Punkte sind dazu besonders wichtig: Wir müssen erstens die Finanzmärkte stabilisieren, ohne den
Unternehmen den Zugang zu Finanzierungen für Investitionen und Innovationen zu erschweren. Die Arbeitsvermittlung
in andere EU-Länder muss zweitens vereinfacht werden, damit in die Länder mit Fachkräftemangel Arbeitskräfte
aus den Staaten vermittelt werden, in denen hohe Arbeitslosigkeit herrscht. Und drittens müssen protektionistische
Handelshemmnisse wie beispielsweise die neuen Einschränkungen in der ungarischen Abfallwirtschaft abgebaut
werden", so Mitterlehner.
Österreich hat wie kaum ein anderes Land von der EU-Mitgliedschaft und den verschiedenen Integrationsschritten
in Europa profitiert - ob das die Ostöffnung war, die EU-Mitgliedschaft, die Erweiterung oder der Euro",
zitierte WKÖ-Präsident Leitl die Ergebnisse einer neuen Studie des WIFO im Auftrag der WKÖ. "Die
Hälfte unseres Wohlstandes verdanken wir den Exporten in die EU-Partnerländer und damit unserer Wettbewerbsfähigkeit
in Europa. Auch die Bilanz im Hinblick auf Wachstum und Beschäftigung ist rundum positiv und wiegt die Kosten
der EU-Mitgliedschaft um ein Vielfaches auf." So hat Österreich seit dem Beitritt 1995 netto - also abzüglich
der erhaltenen Fördergelder - rund 8,5 Milliarden Euro an Mitgliedsbeiträgen nach Brüssel überwiesen.
Dem steht aber ein zusätzliches Wirtschaftswachstum allein aufgrund der EU (dh. ohne Ostöffnung) von
9,7 Prozent gegenüber, was bezogen auf das BIP 2011 einem Integrationsbonus von 26,2 Milliarden Euro bei der
Wirtschaftsleistung entspricht.
EU- Kommissar Barnier betonte, dass man sich angesichts des 20-jährigen Jubiläums des Binnenmarktes nicht
mit nostalgischen Rückblicken begnügen dürfe. "Die Unternehmen und die Bürger sind angesichts
der Krise, die uns seit 2009 ausgehend von den USA beschäftigt, beunruhigt und erwarten sich zu Recht konkrete
Maßnahmen, um unser Wirtschaftssystem zu stabilisieren." Barnier skizzierte drei Bereiche, in denen
besonderer Handlungsbedarf besteht: Die Rückkehr zu Finanzstabilität durch umfassende Regulierung auf
europäischer Ebene, wo "kein Finanzmarkt, kein Finanzprodukt und kein Finanzsektor von Regulierung ausgenommen
bleiben darf", die Vertiefung der Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie die Wiederbelebung von Wachstum und
Beschäftigung durch eine weitere Vertiefung des Binnenmarktes. Als ein konkretes Beispiel nannte Barnier die
Verabschiedung eines europäischen Patents, über das seit nunmehr 35 Jahren auf EU-Ebene diskutiert wird
und das demnächst aller Voraussicht tatsächlich verabschiedet werden soll.
Die Notwendigkeit einer weiteren Wirtschaftsintegration innerhalb der EU betonten auch Mitterlehner und Leitl.
"Den Binnenmarkt vertiefen, bedeutet das Wachstum zu steigern und die Beschäftigung, vor allem unter
den Jungen, zu verbessern", so der WKÖ-Präsident.
Gemäß WIFO-Studie haben alle Integrationsschritte insgesamt Österreich einen zusätzlichen
Anstieg des realen BIP um 0,9 Prozent pro Jahr, dh. von insgesamt 21,1 Prozent gebracht. Das entspricht einem zusätzlichen
Wohlstand, gemessen am BIP/Kopf, von 3,3 Prozent oder 920 Euro pro Jahr. Dazu kommen insgesamt 375.000 zusätzliche
Arbeitsplätze infolge der Integration und der EU-Mitgliedschaft seit 1989. Außerdem wurde Österreich
zu einer Exportnation. Der Anteil der Ausfuhren am BIP stieg von 32,9 Prozent im Jahr 1980 auf 57,3 Prozent 2011.
Der Anteil der aktiven Direktinvestitionen am BIP erhöhte sich zwischen 1995 und 2011 von 0,39 auf 7,28 Prozent.
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