Petesti/Salzburg (ire) - Die europäischen Fördermittel für Rumänien und ihre erfolgreiche
Umsetzung standen im Zentrum des IRE Europa-Tages, welcher am 24.10. in Pitesti stattfand. Im Rahmen eines Workshops
wurde rund 70 Bürgermeister und Beamten die Möglichkeit geboten, Fördermittelexperten zu konsultieren
und politische Einschätzungen einzuholen.
Tudor Pendiuc, langjähriger Bürgermeister von Pites,ti, unterstrich in seiner Eröffnungsrede die
Bedeutung der europäischen Fördermittel für die regionale und lokale Entwicklung in Rumänien.
"Ihre unzureichende Verwendung zeigt, dass unser Land noch größere Schritte in Richtung Regionalsierung
und Dezentralisierung machen muss", so Pendiuc, der seit 1992 der Stadt Pites,ti vorsteht. Mihail Fifor, Staatssekretär
für Verwaltung und Inneres, verwies anschließend auf den Willen der neuen Regierung, die internen Verwaltungsstrukturen
Rumäniens zu ändern, damit die finanziellen Mittel der EU besser und schneller verteilt werden könnten.
Als mögliche Inspiration würde das französische Modell dienen, welches eine effiziente Gliederung
der Gebietskörperschaften durch demokratisch gewählte Bezirksvertreter legitimiert. "Die heutige
Veranstaltung des IRE braucht mehr als nur die Rede eines Ministeriumsvertreters: es werden neue Ansätze benötigt",
unterstrich Staatssekretär Fifor erneut das Engagement der Regierung in Bukarest.
IRE-Vorsitzender Franz Schausberger würdigte diese Ausführungen und nannte auch gleich die Voraussetzungen
für eine erfolgreiche ökonomische und gesellschaftliche Regionalentwicklung. "Nur Personen die mit
dem Territorium stark vernetzt sind und seine Eigenheiten und Potentiale genau kennen, sind im Stande, die Probleme
zu lösen", so Schausberger. Es sei daher notwendig, dass die Verteilung der europäischen Mittel
Kompetenz der Regionen ist. "Verfügen diese über eine verantwortungsbewusste Verwaltung und einen
politischen Entscheidungsträgern, welche demokratisch legitmiert sind, ist eine positive Entwicklung möglich",
so der ehemalige Salzburger Landeshauptmann. Wie ein solcher Ansatz aussehen kann, erklärte Götz von
Thadden, der als Verantwortlicher für Mittel- und Osteuropa das JESSICA Programm der EIB in Luxemburg leitet.
Gegenwärtig nehmen 40 europäische Städte den Städtischen Entwicklungsfond (SEF) der EIB in
Höhe von 1,8 Mrd. Euro in Anspruch - Rumänien ist gegenwärtig noch nicht vertreten. Von Thadden
nutzte die Gelegenheit, die anwesenden Bürgermeister zu Kooperationsvorschlägen und Pilotprojekten einzuladen,
mit denen der SEF auch in Rumänien etabliert werden kann. Von Thadden leitet seit mehreren Jahren die Vertretung
der Europäischen Investitionsbank in Bukarest und weiß daher nur zu gut, welche Potentiale in den rumänischen
Städten stecken.
Auf großes Interesse stießen die Ausführungen von Mihaela Boboc und Adrian Raducan. Boboc ist
als Expertin für EU-Fonds im Unternehmen Becker Consult tätig und gab dem Publikum wertvolle Empfehlungen
in Bezug auf das Management von EU-Projekten. "Bei Projekten und Aktivitäten, welche von der EU mitfinanziert
werden, fällt ein großer Aufwand an entsprechender Dokumentations- und Planungsarbeit an. Die meisten
Fehler basieren auf einer unrealistischen Einschätzung des zeitlichen Rahmens für die Ausarbeitung und
Implementierung sowie auf den oft mangelhaften Kenntnissen in der öffentlichen Auftragsvergabe", so Boboc.
Die Thematik aus Sicht der Banken stellte Adrian Raducan vor, der den Bereich der EU-Fördermittel bei Raiffeisen
Rumänien leitet. "Banken sind die wichtigsten Partner, wenn es um den Kofinanzierungsanteil von Projekten
geht und dementsprechend konnten wir in den vergangenen Jahren wichtige Erkenntnisse sammeln". Laut Raducan
hat die Vergangenheit gezeigt, dass viele Antragssteller den Rahmen ihrer Projekte überbewerten, was in einem
zweiten Schritt die Implementierung erschwert und zusätzlichen Aufwand schafft. Nichtsdestotrotz sei Raffeisen
bemüht, Kunden von EU-Projekten zu überzeugen, da diese - sofern korrekt ausgeführt - weitreichende
positive Synergieeffekte mit sich bringen würden, so Raducan.
Mit dem Ziel, Studenten und Schüler für die völkerverbindenden Ideen und Prinzipien der europäischen
Integration zu sensibilisieren, hat das IRE und die Stadt Pites,ti am Nachmittag desselben Tages ein Café
d’Europe Régional veranstaltet. Allein die Anzahl der Teilnehmer bestätigte die große Bedeutung
des Themas. Knapp 90 Schüler und Studenten aus Pites,ti sind der Einladung gefolgt und beteiligten sich intensiv
an der Diskussion. Zu diesem Anlass ist auch der österreichische Botschafter, Dr. Michael Schwarzinger, gekommen.
In Bezug auf die prekären Zukunftsaussichten junger Akademiker in Europa stellte der Botschafter klar, dass
es nicht das absolvierte Studium eines jeden Einzelnen ist, welches einem die Zukunftschancen verbaue, sondern
zu wenig Ausbildung und Studium. "Man studiert nicht nur für den Job, sondern für die Verwirklichung
seines Lebenstraums", so der Rat des Botschafters. Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise bestimmte auch
im weiteren Verlauf die Diskussion. Auf die Frage, welche Perspektiven Rumänien durch die EU-Mitgliedschaft
erhält, erörterte Schausberger seine Ansicht über die Problematik. "Wir haben eine Staatsschuldenkrise
in der EU, deren Schuld größtenteils bei den Mitgliedsstaaten liegt. Die Lösung liegt in einer
stärkeren und intensiveren Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und den Staaten. In diesem
Rahmen hat auch Rumänien große Chancen, die Krise gestärkt zu verlassen und wieder weiter zu wachsen.
Arnulf Gressel, stellvertretender Handelsdelegierter Österreichs in Bukarest, zeigte sich sehr optimistisch.
Rumänien stehe weit besser da als es in der Öffentlichkeit kommuniziert werde. Außerdem sei der
Arbeitsmarkt deutlich flexibler und daher aufnahmefähiger als in anderen europäischen Staaten, so Gressel.
Zum Abschluss der Veranstaltung forderte Pendiuc die Jugendlichen auf, eigene Ideen mit Courage zu verfolgen. "Dies
ist die Voraussetzung, um die Dinge ins Positive zu verändern und sich selbst zu verwirklichen".
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