Kommission schlägt grünes Licht für Verstärkte Zusammenarbeit vor
Brüssel (ec.europe) - Die zehn Mitgliedstaaten, die im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit
eine EU-Finanztransaktionssteuer (FTS) anwenden wollen, sollten dies tun dürfen, denn alle rechtlichen Voraussetzungen
sind erfüllt. Das ist das Fazit des Vorschlags für einen Ratsbeschluss, den die Kommission am 23.10.
angenommen hat. Die Verstärkte Zusammenarbeit bei der Finanztransaktionssteuer werde nicht nur „unmittelbare,
spürbare Vorteile“ für die teilnehmenden Länder mit sich bringen, sondern auch zu einem besseren
Funktionieren des Binnenmarktes für die Union insgesamt beitragen – so heißt es in dem Vorschlag.
Präsident Barroso erklärte: „Ich freue mich sehr, dass zehn Mitgliedstaaten ihre Bereitschaft ausgedrückt
haben, an einem gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystem teilzunehmen, das sich auf den ursprünglichen Vorschlag
der Kommission stützt. Diese Steuer kann Milliarden Euro an Steuereinnahmen einbringen, die die Mitgliedstaaten
in diesen schwierigen Zeiten so dringend brauchen. Aber es geht auch um Fairness: Wir müssen sicherstellen,
dass die Kosten der Krise nicht nur dem einfachen Bürger auferlegt werden, sondern der Finanzsektor seinen
Anteil trägt.”
Algirdas Šemeta, der für Steuern zuständige EU-Kommissar, erklärte: „Eine gemeinsame Finanztransaktionssteuer
wird EU-weite Vorteile haben, selbst wenn sie nicht in der ganzen EU angewandt wird. Sie wird einen stärkeren,
kohärenteren Binnenmarkt schaffen und zu einem stabileren Finanzsektor führen. Die Mitgliedstaaten, die
sich für diese Steuer entschieden haben, werden darüber hinaus über höhere Steuereinnahmen
und gerechtere Steuersysteme verfügen, die den Forderungen der Bürgerinnen und Bürger entsprechen.
Ich habe versprochen, sehr schnell zu reagieren, sobald die Kommission am Zug ist, und dieses Versprechen haben
wir heute eingelöst. Jetzt möchte ich das Parlament und den Rat auffordern, das Tempo aufrechtzuerhalten
und den Mitgliedstaaten, die eine EU-Finanztransaktionssteuer einführen wollen, rasch grünes Licht zu
geben.“
In den letzten Wochen übermittelten zehn Mitgliedstaaten (DE, FR, AT, BE, PT, SI, EL, IT, ESP, SK) der Kommission
offizielle Anträge für eine Verstärkte Zusammenarbeit bei der Finanztransaktionssteuer. Sie alle
führten den Kommissionsvorschlag für eine Finanztransaktionssteuer als Grundlage für das weitere
Vorgehen an (siehe IP/11/1085). Sobald die erforderliche Mindestzahl an Mitgliedstaaten beteiligt war, begann die
Kommission zu prüfen, ob die Anträge die in den Verträgen festgelegten Voraussetzungen für
die Verstärkte Zusammenarbeit erfüllen. Sie untersuchte dabei völlig unparteiisch die Auswirkungen
auf die teilnehmenden und die nichtteilnehmenden Mitgliedstaaten sowie auf die Europäische Union insgesamt.
Dabei ging es zum Beispiel darum zu prüfen, ob die Verstärkte Zusammenarbeit in diesem Bereich zur Verwirklichung
der Ziele und zu den Interessen der EU beitragen würde, ob sie den Binnenmarkt nicht beeinträchtigen
würde und ob sie die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten achten
würde für eine vollständige Erläuterung der Voraussetzungen). Außerdem kann jeder Mitgliedstaat,
der dies wünscht, zu einem späteren Zeitpunkt unter denselben Bedingungen beitreten wie die von Anfang
an beteiligten Mitgliedstaaten. Die Kommission hat mit dem heutigen Beschluss festgestellt, dass alle rechtlichen
Voraussetzungen erfüllt sind und die Mitgliedstaaten, die mit einer EU-Finanztransaktionssteuer voranschreiten
wollen, ermächtigt werden sollten, dies zu tun.
Im heutigen Vorschlag wird erläutert, warum eine gemeinsame Finanztransaktionssteuer, die von einer Kerngruppe
von Mitgliedstaaten angewendet würde, sowohl zur rechten Zeit käme als auch vorteilhaft wäre. Erstens
würde sie durch die Verringerung von Komplexitäten und Wettbewerbsverzerrungen, die durch einen Flickenteppich
an unterschiedlichen nationalen Konzepten entstehen, den Binnenmarkt stärken. Wenn für einen beträchtlichen
Teil des EU-Markts ein einheitliches System gelten würde, würden die geringeren Befolgungskosten und
größere Rechtssicherheit den Unternehmen in allen 27 Mitgliedstaaten zugute kommen. Zweitens würde
die Finanztransaktionssteuer einen gerechteren Beitrag des Finanzsektors zu den Staatshaushalten gewährleisten.
Sie würde dafür sorgen, dass der Finanzsektor bei der Bewältigung der Kosten der Krise wie andere
Sektoren behandelt wird. Schließlich würde eine gemeinsame Finanztransaktionssteuer für mehr Effizienz
der Finanzmärkte sorgen, indem sie sie vom glücksspielartigen Handel weg zu solideren Aktivitäten
zur Unterstützung der Realwirtschaft führen würde.
Nächste Schritte
Der Vorschlag für einen Ratsbeschluss ist ein wichtiger Verfahrensschritt auf dem Weg zu einer Verstärkten
Zusammenarbeit. Damit die 10 Mitgliedstaaten voranschreiten können, muss der Beschluss mit qualifizierter
Mehrheit der Mitgliedstaaten angenommen werden und die Zustimmung des Parlaments erhalten. Die Kommission beabsichtigt,
noch in diesem Jahr einen Vorschlag für die harmonisierte Finanztransaktionssteuer zur Erörterung und
Verabschiedung durch die teilnehmenden Mitgliedstaaten vorzulegen. Wie von den Mitgliedstaaten gewünscht,
wird sich dieser Vorschlag eng an den ursprünglichen Vorschlag für eine Finanztransaktionssteuer anlehnen,
den die Kommission im September 2011 vorgelegt hatte. Die Kommission wird jedoch sorgfältig prüfen, ob
wegen der kleineren Anzahl Mitgliedstaaten, die die Steuer anwenden würden, Anpassungen erforderlich sind.
Hintergrund
Im September 2011 legte die Kommission einen Vorschlag für ein gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem
vor. Ziel war es, das Funktionieren des Binnenmarktes in diesem Bereich zu verbessern. Schätzungen zufolge
sollte die harmonisierte Steuer jährliche Einnahmen in Höhe von 57 Mrd. EUR einbringen und so einen angemessenen
Beitrag des Finanzsektors zu den Staatshaushalten sicherstellen, zu einem verantwortungsvolleren Handeln des Finanzsektors
beitragen und ein kohärentes Konzept für die Besteuerung dieses Sektors im Binnenmarkt ermöglichen.
Nach ausführlichen Erörterungen über dieses Dossier stimmte der Rat „Wirtschaft und Finanzen“ in
seinen Sitzungen im Juni und Juli 2012 darin überein, dass innerhalb eines realistischen Zeitraums keine Einstimmigkeit
erzielt würde. Bereits zu diesem Zeitpunkt bekundete eine starke Kerngruppe von Mitgliedstaaten ihr Interesse
daran, im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit mit einem gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems voranzuschreiten.
Am 28. September 2012, genau ein Jahr nach Vorlage des ursprünglichen Kommissionsvorschlags, richteten Frankreich
und Deutschland ein Schreiben an EU-Kommissar Šemeta, in dem sie formell die Ermächtigung zur Verstärkten
Zusammenarbeit auf der Grundlage des Kommissionsvorschlags beantragten. Darauf folgten entsprechende Schreiben
von Belgien, Griechenland, Spanien, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und der Slowakei. Gemäß
den Verträgen sind für die Verstärkte Zusammenarbeit mindestens neun Mitgliedstaaten erforderlich.
Diese Mindestzahl ist erreicht.
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Krainer: Klare Mehrheit in der Bevölkerung für Finanztransaktionssteuer
Ziel muss es sein, Finanztransaktionssteuer auszudehnen
Wien (sk) - SPÖ-Finanz- und Budgetsprecher Jan Krainer begrüßt, dass sich zehn Staaten
auf die Einführung der Finanztransaktionssteuer geeinigt haben. "Ziel muss es nun sein, die restlichen
EU-Staaten zu überzeugen. Wir brauchen diese Steuer auf Finanztransaktionen - nicht nur als Beitrag des Finanzsektors
zu den Krisenkosten, sondern auch zur Stabilisierung der Finanzmärkte", so Krainer am 23.10. gegenüber
dem SPÖ-Pressedienst. "Je mehr Staaten die Finanztransaktionssteuer einführen, desto effektiver
und wirksamer ist sie", betont der SPÖ-Finanz- und Budgetsprecher. Gleichzeitig erinnert Krainer daran,
dass es auch in anderen Ländern der Eurozone eine stetig steigende Mehrheit an Menschen gebe, die endlich
wirksame Konsequenzen aus der Finanzkrise und einen fairen Beitrag des Banken- und Finanzsektors fordern. "Regierungen,
die sich noch nicht überzeugen haben lassen, sollten sich von ihrer Bevölkerung überzeugen lassen",
so Krainer. ****
Die Bemühungen der österreichischen Bundesregierung und Bundeskanzler Werner Faymann auf EU-Ebene zur
Durchsetzung dieser Steuer haben sich somit bezahlt gemacht. "Damit wird der eingeschlagene Weg für eine
nachhaltige Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise weiter vorangetrieben", betont Krainer abschließend.
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Leitl: Finanztransaktionssteuer rasch durchsetzen
Nach offiziellem EU-Kommissionsvorschlag nun alle Hebel in Gang setzen, damit Transaktionssteuer
ab 2014 wirksam wird
Wien (pwk) - "Der Weg zu einer Finanztransaktionssteuer in Europa ist geebnet. Jetzt heißt
es für die 'Koalition der Willigen' unter den Mitgliedstaaten, ihre Einführung rasch durchzusetzen",
stellt Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl nach dem von der EU-Kommission präsentierten Richtlinienvorschlag
fest. Im Vorfeld hatten 11 EU-Länder mit Briefen an die Kommission bekräftigt, gemeinsam im Rahmen der
sogenannten verstärkten Zusammenarbeit Finanzspekulationen besteuern zu wollen: "In Österreich haben
wir schon seit längerem auf die Einführung der Transaktionssteuer gedrängt", betonte Leitl.
Eine FTS auf möglichst breiter EU-Ebene stärkt den Binnenmarkt und schafft mehr Klarheit: "Ein einheitliches
und klares System bei der Besteuerung von Finanztransaktionen, an dem sich möglichst viele Staaten beteiligen,
schafft Planungssicherheit für unsere Unternehmen", so Leitl. Da nunmehr neben Österreich auch die
wichtigsten und größten EU-Länder von Deutschland und Frankreich bis Italien und Spanien an Bord
seien, sei die geplante Einführung "im Kreis der wichtigsten EU-Länder auf jeden Fall richtig".
Auch angesichts der aktuellen Schuldenkrise solle in den kommenden Monaten weiteren EU-Mitgliedstaaten eine Einführung
der Finanztransaktionssteuer schmackhaft gemacht werden. "Jetzt heißt es, keine Zeit mehr zu verlieren.
Die Finanzminister sind aufgefordert, rasch eine definitive Einigung herbeizuführen, damit die Finanztransaktionssteuer
wie im österreichischen Finanzrahmen vorgesehen ab 2014 wirksam wird", so der WKÖ-Präsident.
Abschließend stellt er klar: "Die Finanztransaktionssteuer ist richtig und wichtig. Damit hat es sich
aber. Jeglicher weiterer Belastung durch neue oder höhere Steuern und Abgaben wird die Wirtschaft so wie bisher
eine klare und unmissverständliche Absage erteilen."
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