Wien (rk) - Wien steht in den nächsten Jahren am Arbeitsmarkt vor großen Herausforderungen.
Um diese im Interesse und zum Nutzen der Wiener ArbeitnehmerInnen bestmöglich zu bewältigen, braucht
es gemeinsame und von Innovation getragene wirtschafts- sowie arbeitsmarktpolitische Anstrengungen. Dies haben
in einem Pressegespräch am 24.10. die Wiener Finanz- und Wirtschaftsstadträtin, Vizebürgermeisterin
Renate Brauner, AMS-Wien Landesgeschäftsführerin Petra Draxl und waff-Geschäftsführer Fritz
Meißl bekräftigt.
In Wien herrscht ein besonderes Phänomen vor: zum einen ist trotz Wirtschaftskrise die Beschäftigung
enorm gestiegen, aber gleichzeitig hat Wien auch mit steigenden Arbeitslosenzahlen zu kämpfen. Laut WIFO-Prognose
für Wien wird die Beschäftigung zwar weiter steigen, nämlich von 2010 bis 2016 um 35.000 Personen
auf insgesamt 780.000 Beschäftigte. Der Löwenteil fällt allerdings auf wissenschaftliche Berufe
im Bereich Technik und Naturwissenschaften sowie auf qualifizierte Gesundheitsberufe. Der Bedarf an Arbeitskräften
mit maximal Pflichtschulabschluss ist nahezu Null. Dies bestätigt, dass die städtische Arbeitsmarktpolitik
am richtigen Weg ist mit den Schwerpunkten Bildung, Weiterbildung und Qualifikation der Wiener ArbeitnehmerInnen.
„Wien hat spezielle Anforderungen an die Arbeitsmarktpolitik und ist besonders an der Qualifizierung von ArbeitnehmerInnen
orientiert“, so Vizebürgermeisterin Brauner. „Ich freue mich, dass es mit dem AMS-Wien für diese Zielsetzungen
eine exzellente Zusammenarbeit gibt. Wir werden seitens der Stadt das AMS-Wien und die neue Landesgeschäftsführerin
nach Kräften unterstützen, weil die Arbeitsmarktpolitik ein zentraler Faktor ist bei der Entwicklung
unserer Stadt. Bei einer klaren Aufgabenteilung gibt es aber bei einer Vielzahl von Projekten schon jetzt eine
hervorragende Zusammenarbeit“, so Brauner weiter.
Drei Eckpfeiler des Wiener Qualifizierungspaketes gewährleisten gute Jobchancen für die Wiener ArbeitnehmerInnen
und stärken den Wirtschaftsstandort
„Was die Qualifizierung von ArbeitnehmerInnen betrifft, haben wir mit dem Wiener Qualifizierungspaket diese Zusammenarbeit
jetzt noch weiter verstärkt. Denn es geht um die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Wien und damit auch um
die Gewährleistung von guten Jobchancen für die Wiener ArbeitnehmerInnen“, unterstreicht die Wiener Vizebürgermeisterin.
Das Wiener Qualifizierungspaket setzt sich aus folgenden Eckpfeilern zusammen:
- Mit dem Wiener Qualifikationsplan wird auf
Initiative von Vizebürgermeisterin Renate Brauner in Zusammenarbeit aller arbeitsmarktpolitischen VerantwortungsträgerInnen
unter Koordination des waff eine Gesamtstrategie erarbeitet, um den Anteil an ArbeitnehmerInnen mit maximal Pflichtschulabschluss
in den nächsten Jahren zu reduzieren. Ziel ist es, einerseits den Fachkräftebedarf der Wirtschaft abzudecken
und andererseits den weniger gut qualifizierten ArbeitnehmerInnen zu besseren Jobchancen zu verhelfen. Ein Instrument
dabei ist der Qualifikationspass des AMS, mit dem systematisch die Kompetenzen der AMS KundInnen, vor allem der
formal gering qualifizierten, für ein optimales case-management erhoben werden.
- Das AMS-Wien verlagert seine Schwerpunktsetzung von der „aktivierenden“ hin zur
„qualifizierenden“ Arbeitsmarktpolitik. Das heißt, bei den Unterstützungsangeboten für arbeitlose
Menschen den Fokus auf jene fehlende Qualifizierung zu legen, die für eine erfolgreiche Rückkehr in den
Job notwendig ist.
- Der waff berät und fördert beschäftigte Wiener ArbeitnehmerInnen
beim Weiterkommen im Beruf. Im Mittelpunkt stehen dabei jene, die es, aus welchen Gründen auch immer, im Hinblick
auf ihre Berufsperspektiven schwerer haben als andere.
Qualifikationsplan: Wiener Gesamtstrategie, um WienerInnen für bessere Jobchancen höher zu qualifizieren
Beim Qualifikationsplan Wien geht es um die Antwort auf zwei Fragen: Wie kann der Anteil der WienerInnen mit maximal
Pflichtschulabschluss im Laufe der nächsten Jahre merkbar reduziert werden? Und wer kann und muss dazu alles
einen Beitrag leisten, damit dieses Ziel effektiv zu erreichen ist? In mehreren Arbeitsgruppen wurden von ExpertInnen
der Sozialpartner, des Stadtschulrats, des AMS, der Bildungsträger und des waff die zwei wesentlichen Handlungsfelder
fest gemacht:
- Handlungsfeld Schule und Berufsausbildung:
Hier geht es darum, wie es gelingen kann, dass mehr Jugendliche im Wiener Bildungssystem einen über die Pflichtschule
hinausgehenden Bildungsabschluss erwerben.
- Handlungsfeld berufliche Erwachsenenbildung: Im Mittelpunkt steht dabei die Frage,
wie Betriebe das Potenzial ungelernter Arbeitskräfte besser nutzen können und wie auf individueller Ebene
Personen mit Pflichtschulabschluss bei Nachholen von Bildungsabschlüssen unterstützt werden können.
Der waff: Instrument für präventive Arbeitmarktpolitik und Förderung beruflicher Entwicklungschance
Mit dem Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds hat Wien ganz bewusst ein Instrument für präventive
Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung. Das heißt: Der waff setzt mit Unterstützung bereits ein, bevor
jemand arbeitslos wird. Er hilft aber auch beschäftigten Wiener ArbeitnehmerInnen gezielt beim Weiterkommen
im Beruf. Dazu die Vizebürgermeisterin: „Weiterbildung ist kein Hobby, sondern die Voraussetzung, um in der
wachsenden Dynamik der Wirtschaft mitzukommen. Das Risiko, arbeitslos zu werden, sinkt signifikant, je höher
die Schul- und Ausbildungsabschlüsse sind“.
„Rund 27.500 Wienerinnen und Wiener profitieren alleine 2012 von den Programmen des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds.
Wir fördern die beruflichen Entwicklungschancen der Wiener ArbeitnehmerInnen. Im Mittelpunkt stehen dabei
ArbeitnehmerInnen mit weniger guten Berufsperspektiven“, erklärt waff Geschäftsführer Fritz Meißl.
Das AMS Wien: Von der aktivierenden zur qualifizierenden Arbeitsmarktpolitik
Mehr als die Hälfte der Wiener Arbeitslosen hat höchstens einen Pflichtschulabschluss. Für
sie gibt es im „Dienstleistungs-Bundesland“ Wien aber kaum Jobs. „Die Zahlen belegen das leider deutlich“, sagt
die AMS-Wien-Chefin Petra Draxl: „Unter diesen Kundinnen und Kunden haben wir heute eine Arbeitslosenquote von
23,5 Prozent, bei Menschen mit Lehrabschluss liegt diese Quote nur noch bei 7,7 Prozent“. Der strategische Schwerpunkt
des Wiener AMS lag bisher auf „Aktivierungsangeboten“, die Arbeitslose wieder an eine geregelte Tagesstruktur herangeführt
haben, aber von geringem Qualifizierungseffekt waren. Draxl: „Das ändern wir nun: Die Phasen der Arbeitslosigkeit,
wie sie bei vielen Menschen im Lauf der Karriere immer wieder vorkommen, sollen nun zu echter, handfester Höherqualifizierung
genutzt werden“. So werden Arbeitslose die Zeit künftig für den Abschluss von Qualifizierungsmodulen
nutzen können, die in Summe einen vollwertigen Lehrabschluss ergeben. Wer den in der Tasche hat, ist vor Arbeitslosigkeit
besser geschützt.
Integrationsorientierte Arbeitsmarktpolitik
Fast jede(r) zweite Arbeitslose in Wien hat Migrationshintergrund. „Für sie brauchen wir ein individuelleres
Angebot“, sagt AMS-Wien-Chefin Petra Draxl. „Ihnen müssen wir bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse,
beim Nachholen von Ausbildungen, aber auch beim Deutschlernen helfen“.
Aufbau eines Wiener Frauenberufszentrums
Die Qualifizierung von Frauen und der rasche Wiedereinstieg nach der Babypause sind Voraussetzung, um die
Einkommensschere zwischen Männern und Frauen zu schließen. Petra Draxl: „Das erste Projekt, das wir
in dieser Richtung auf die Beine stellen, ist der Aufbau eines Wiener Frauenberufszentrums - einer Drehscheibe
für Frauen mit Qualifizierungsinteresse, Wiedereinsteigerinnen und Frauen, die keinen Beruf erlernt haben“.
Gemeinsam für Jugendliche - Wer eine Lehrstelle sucht, bekommt auch eine!
Das AMS Wien und der waff sind ein eingespieltes Team auf dem Wiener Jobmarkt und ergänzen einander
hervorragend. Draxl: „Eines unserer zentralsten gemeinsamen Anliegen ist die Jugend: Im Rahmen der Wiener Ausbildungsgarantie
bekommen alle Jugendlichen, die eine Lehre machen wollen und keine passende Stelle finden, die Chance auf eine
Ausbildung, die in einem vollwertigen Lehrabschluss endet“. Das AMS Wien investiert heuer zirka 50 Millionen Euro
in die Wiener Ausbildungsgarantie, weitere 6,7 Millionen Euro kommen vom waff. Damit können jedenfalls 3.500
Ausbildungsplätze in der „Überbetrieblichen Lehrausbildung“ zur Verfügung gestellt werden.
Wiener Qualifikationspass - Systematische Erhebung von Kompetenzen
Der Wiener Qualifikationspass: Er ist eines der wichtigsten Schlüsselprojekte, die das AMS Wien mit
der Stadt Wien und den Sozialpartnern auf die Beine stellen. Draxl: „Der Qualifikationspass wird uns eine wichtige
Hilfe sein, wenn es darum geht, die Qualifikationen und Kompetenzen unserer Kundinnen und Kunden - vor allem der
arbeitsmarktfernen - systematisch zu erheben und die richtigen Angebote machen zu können“. 2014 soll er flächendeckend
eingeführt werden.
Der waff - Die wesentlichen Eckpunkte
Beratungszentrum für Beruf und Weiterbildung
Beratung und Förderung (Weiterbildungs-Tausender) für berufstätige Wiener ArbeitnehmerInnen,
die sich beruflich verändern bzw. im Beruf weiterkommen wollen; Unterstützung beim Nachholen von Bildungsabschlüssen
mit Fokus auf formal gering Qualifizierten. 2012 können rund 14. 000 Wiener ArbeitnehmerInnen für bessere
Jobchancen erreicht werden. Fixer Bestandteil: Die Kümmer-Nummer 0800 20 20 22 zu allen Fragen um Lehre und
Beruf und das Infotel. für Beruf und Weiterbildung 0800 86 86 86.
Gezielte Unterstützung für Frauen und WiedereinsteigerInnen
Mit den Projekten FRECH (Frauen ergreifen Chancen) und NOVA leistet der waff einen Beitrag zur Gleichstellung
von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt. Das heißt 8 Millionen Euro für Beratung und Weiterbildungsförderung
für rund 3.300 Frauen.
Unterstützung für Unternehmen
Der waff fördert in enger Kooperation mit dem AMS Wien Unternehmen, die in die Weiterbildung ihrer bestehenden
oder zukünftigen MitarbeiterInnen investieren. 2012 profitieren davon rund 2.900 TeilnehmerInnen und über
500 Unternehmen.
Arbeitsstiftungen
Als bewährtes Instrument der Krisenbewältigung unterstützt der waff mit dem AMS ArbeitnehmerInnen,
die aufgrund von Personalabbaumaßnahmen ihren Job verlieren. Derzeit gibt es 108 Kooperationen mit Wiener
Unternehmen und 518 TeilnehmerInnen in verschiedenen Outplacementstiftungen.
23,5 Mio. Euro für Arbeitsmarktprojekte
Der waff holte in der ESF-Strukturfondsperiode (2007 bis 2013) rund 23,5 Millionen Euro ESF-Mittel für
Arbeitsmarktprojekte nach Wien. Im Mittelpunkt steht dabei die Unterstützung von Menschen, die es am Arbeitsmarkt
besonders schwer haben (Langzeitbeschäftigungslose und MindestsicherungsbezieherInnen).
Wiener Ausbildungsgarantie
Eine Säule der Wiener Ausbildungsgarantie ist die überbetriebliche Lehrausbildung, die der waff mit
6,7 Millionen Euro mitfinanziert. Daneben finanziert er auch niederschwellige Projekte mit, um Jugendlichen den
Übergang von der Schule in den Beruf zu erleichtern.
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