Wien (statistik austria) - Dass sich das Niveau an Lebenszufriedenheit und Wohlstand nicht ausschließlich
an der Entwicklung des Wirtschaftswachstums ablesen lässt, zeigt ein neues Indikatorenset von Statistik Austria,
in dem zum Thema "Wie geht's Österreich?" ein umfassendes Bild von Fortschritt und Wohlstand in
Österreichs Gesellschaft gezeichnet wird. Entsprechend internationalen Empfehlungen der Stiglitz-Kommission
und des Europäischen Statistischen Systems umfasst die Darstellung neben dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) folgende
drei Säulen: weitere Bereiche des materiellen Wohlstands, Aspekte der Lebensqualität, sowie Nachhaltigkeit
im Bereich der natürlichen Umwelt.
Im Bereich des materiellen Wohlstands entwickelten sich die privaten Haushaltseinkommen stabil und wurden von der
Krise 2009 weit weniger getroffen als das Wirtschaftswachstum insgesamt. Gleichzeitig verloren die Haushalte an
Kaufkraft: Die Pro-Kopf Einkommen der Haushalte gingen inflationsbereinigt kontinuierlich zurück (2011: -1,1%).
Auch der private Konsum stieg im Vergleich zum BIP weniger stark, blieb aber auf Wachstumskurs (+0,27%). Die Erwerbstätigenquote
erreichte 2011 mit 75,2% ein im EU-Vergleich hohes Niveau. Im Bereich der Lebensqualität sind unterschiedliche
Entwicklungen zu beobachten: Bei hoher Gesamtlebenszufriedenheit (78,7% sehr zufrieden oder zufrieden) blieb die
Ausgrenzungsgefährdung 2011 mit 1,4 Millionen Betroffenen gegenüber 2009 weitgehend unverändert.
Bei der natürlichen Umwelt zeigt sich ein heterogenes Bild. Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen konnten
in den letzten Jahren nicht nachhaltig reduziert werden: Der energetische Endverbrauch lag 2010 auf dem höchsten
jemals erreichten Wert von 1.119 Petajoule, die Treibhausgasemissionen stiegen im Zeitraum 1995 bis 2010 um 6%
an. Erste positive Tendenzen sind jedoch erkennbar. So sank zum Beispiel der inländische Materialverbrauch
im Jahr 2010 um 2,8%, während das reale BIP im selben Zeitraum um 2,1% anstieg.
BIP, Haushaltseinkommen und Konsum gehen unterschiedliche Wege; hohe und niedere Einkommen driften weiter
auseinander
Das reale BIP verzeichnete im Krisenjahr 2009 einen Einbruch(-4,1% pro Kopf), pendelte sich 2011 aber wieder
auf dem Niveau des Vorkrisenjahres ein. Im Vergleich dazu wurde das private Haushaltseinkommen (inkl. sozialer
Sachtransfers und Non-Profit-Organisationen) von der Krise 2009 weit weniger stark erfasst (-1,8% pro Kopf). Seither
gehen die privaten Haushaltseinkommen jedoch kontinuierlich zurück. Die Entwicklung des privaten Konsums (inkl.
sozialer Sachtransfers und Non-Profit-Organisationen) zeigte sich ambivalent: Zwar erwarben die privaten Haushalte
2011 pro Kopf mehr Waren und Dienstleistungen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse als in den Jahren davor,
und auch im Krisenjahr 2009 gab es einen Anstieg (2009: +0,7% im Vgl. zum Vorjahr), allerdings verlief die Konsumentwicklung
seit 1995 unter jener des BIP. Sowohl im langfristigen Verlauf als auch in der Entwicklung seit 2008 kann ein Auseinanderdriften
von niedrigen und hohen Einkommen beobachtet werden. Struktureffekte, wie etwa zunehmende Teilzeit- oder Saisonarbeit
oder der Eintritt billigerer Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt erklären diese Entwicklung zum Teil.
Lebensqualität: Hohe Gesamtlebenszufriedenheit, Schwierigkeiten in Teilbereichen
Während 78,7% der Österreicherinnen und Österreicher ihre Lebenszufriedenheit als sehr hoch
oder hoch einschätzten, waren 2011 1,4 Millionen Personen von Ausgrenzungsgefährdung betroffen, dieser
Wert ist seit 2009 nicht zurückgegangen. Positiv entwickelte sich der Arbeitsmarkt: Die Erwerbstätigenquote
der 20-64-Jährigen erreichte mit 75,2% ein im EU-Vergleich hohes Niveau. Bei gleichbleibendem Trend kann das
nationale Ziel von 77% im Jahr 2020 erreicht werden. Das Hochschulbildungsniveau der 30–34-jährigen Bevölkerung
blieb 2011 mit 23,8% auf niedrigem Niveau und deutlich hinter dem Durchschnitt der EU-27 (34,6%) zurück. 69,4%
der Personen ab 16 Jahren schätzten ihren Gesundheitszustand im Jahr 2011 als sehr gut oder gut ein. Der Anteil
jener Personen, die einen schlechten oder sehr schlechten allgemeinen Gesundheitszustand angaben, betrug 9,1%.
Diese Werte sind seit 2004 nahezu unverändert.
Wirtschaftswachstum im Spannungsverhältnis zu Umweltzielen
Treibhausgasemissionen, Ressourcen- und Energieverbrauch konnten in den letzten 15 Jahren nicht nachhaltig
gesenkt werden und lagen damit 2010 nach wie vor auf zu hohem Niveau. Nach dem Rückgang im Krisenjahr 2009
übertraf der energetische Endverbrauch im Jahr 2010 mit insgesamt 1.119 Petajoule das Vorkrisenjahr 2008.
Das bedeutet einen Anstieg von 32,5% seit dem Jahr 1995, die Treibhausgasemissionen stiegen im selben Zeitraum
um 6%. Erste positive Tendenzen sind jedoch erkennbar: Beispielsweise sank der inländische Materialverbrauch
auch im Jahr 2010 um 2,8%, und das reale BIP stieg im selben Zeitraum um 2,1% an, was eine absolute Entkopplung
bedeutet. Während Österreich beim Anteil der erneuerbaren Energieträger positive Entwicklungen verzeichnete
(2005: 24,9%; 2010: 30,8% Anteil am Bruttoendenergieverbrauch) und das Erreichen des Europa-2020-Ziels von 34%
damit wahrscheinlich ist, zeigt sich die Dimension Verkehr mit einer Zunahme des Energieverbrauchs von +50,6% in
den Jahren 1995 bis 2010 nach wie vor als Problem; energieeinsparende Strukturänderungen (z. B. Verlagerung
des Transports von der Straße zur Schiene) sind derzeit nicht auszumachen.
Neuer interaktiver Zugang
Mit dem Projekt "Wie geht’s Österreich?" verfolgt Statistik Austria das Ziel, präzise Informationen
zum Entwicklungsstand der Gesellschaft online bereitzustellen. Ausgewählte Indikatoren stehen der interessierten
Öffentlichkeit schnell und unkompliziert auf der Website www.statistik.at auf drei Ebenen zur Verfügung:
Eine interaktive Überblicksgrafik auf oberster Ebene ermöglicht den Vergleich der Entwicklung wirtschaftlicher,
sozialer und ökologischer Messgrößen nach eigener Auswahl. Auf der nächsten Ebene wird die
zeitliche Entwicklung der Schlüsselindikatoren dargestellt und interpretiert. Auf der untersten Ebene stehen
zusätzlich Detailinformationen zu den jeweiligen Inhalten bereit. Statistik Austria betrachtet die Weiterentwicklung
des Indikatorensets in den kommenden Jahren als wesentlichen Bestandteil dieses Projekts und lädt Expertinnen
und Experten, Institutionen, aber auch die breite Öffentlichkeit ein, Kommentare und Anregungen über
die Adresse wie-gehts-oesterreich@statistik.gv.at
aktiv einzubringen.
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