Opposition bleibt bei ihrer Kritik
Wien (pk) - Am Nachmittag des 31.10. gab der Bundesrat auch zur Errichtung einer Transparenzdatenbank
und eines Transparenzportals seine Zustimmung. Ebenso passierten mehrere Doppelbesteuerungsabkommen, die Quotenerhöhung
beim IWF sowie ein Abkommen mit Deutschland zur Bekämpfung grenzüberschreitender Schwarzarbeit und illegaler
Leiharbeit die Länderkammer.
Vor der Debatte zur Transparenzdatenbank nahmen die Bundesrätinnen und Bundesräte das "Zentrale
Gegenparteien-Vollzugsgesetz" in Verhandlung, das dazu dient, die entsprechende EU-Verordnung wirksam und
anwendbar zu machen. Ziel ist es, beim außerbörslichen ("over the counter" - OTC) Handel mit
Derivaten mehr Transparenz sicherzustellen und das finanzielle Risiko zu verringern. Die Vorlage wurde einhellig
gebilligt.
Beim vorliegenden Tagesordnungspunkt handle es sich um die Umsetzung einer EU-Verordnung in österreichisches
Recht, erläuterte Bundesrat Edgar MAYER (V/V), wobei es vor allem um die Einführung von Kontrollinstrumenten
beim Handel von OTC-Derivaten gehe. Da diese "ominösen Finanzprodukte" als eine der Hauptverursacher
der aktuellen Wirtschaftskrise betrachtet werden könnten, seien neue Regelungen wie die Installierung von
Risikomanagementverfahren oder von umfassenden Meldepflichten im Rahmen eines Transparenzregisters dringend notwendig,
betonte er. Im Zuge der Regulierung der Finanzmärkte sollte seiner Meinung nach Spekulationen auf Grundnahrungsmittel
überhaupt verboten werden. Als sehr bemerkenswert bezeichnete er das Engagement Österreichs in Bezug
auf die Finanztransaktionssteuer, die mittlerweile von zahlreichen EU-Staaten unterstützt werde.
Auch Bundesrat Stefan SCHENNACH (S/W) erinnerte daran, dass die Kommission am 23. Oktober grünes Licht für
die verstärkte Zusammenarbeit von elf EU-Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Finanztransaktionssteuer gegeben
hat. Dies sei ein gewaltiger Schritt in Richtung mehr soziale Gerechtigkeit, ist der Wiener Bundesrat überzeugt.
Während die enormen Gewinne der Hedge-Fonds in den letzten Jahren privatisiert und in Steueroasen verschoben
worden seien, habe man die Verluste sozialisiert, bemängelte er. Dieser Art von Kasino-Kapitalismus müsse
ein Riegel vorgeschoben werden. Deshalb sei es auch wichtig, dass nun als erster Schritt beim Handel von Derivaten
Kontrollmechanismen eingeführt werden. Generell wünscht sich Schennach eine Vertiefung der EU in Richtung
Fiskal- und Bankenunion inklusive der "Austrocknung von Steueroasen", um die Probleme an der Wurzel anpacken
zu können.
Bundesrat Reinhard PISEC (F/W) machte darauf aufmerksam, dass der Handel mit OTC-Produkten in den letzten Jahren
enorm zugenommen hat und fast 80 % der gesamten Spekulationsvolumina ausmache. Er fragte sich jedoch, wie eine
Einschränkung der OTC-Derivate, die sicher notwendig und überlegenswert sei, in der Praxis funktionieren
könne. Aufgrund der großen Anzahl an OTC-Geschäften bezweifle er, dass eine umfassende Kontrolle
und Meldepflicht realisiert werden könne. Statt der im Gesetz vorgesehenen Regelung schlug Pisec vor, die
Börse zu stärken und die Geschäfte rückzuführen. Außerdem fehle noch immer eine
Bankeninsolvenzordnung, ohne der es nie funktionieren könne, unterstrich der Bundesrat. Mit dem vorliegenden
Gesetz werde man den sich ständig ausweitenden OTC-Handel nicht in den Griff bekommen.
Die Praxis werde zeigen, ob es sich um ein gutes Gesetz handelt, meinte Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N).
Es sei aber zumindest ein erster wichtiger Schritt in Richtung Transparenz. Man werde damit jedoch nicht alle Schlupflöcher
schließen können, es müssten noch eine Reihe weiterer Maßnahmen folgen. Erfreulich sei die
Weiterentwicklung in der Frage der Finanztransaktionssteuer, unterstrich Kerschbaum. Sodann sprach sie aktuelle
Probleme bei der Beteiligung von Gemeinschaftsanlagen für Photovoltaik an; sie würde sich wünschen,
dass sich die Finanzmarktaufsicht mit wichtigeren Dingen befasst.
Staatssekretär Andreas SCHIEDER gab gegenüber seiner Vorrednerin zu bedenken, dass die FMA im angesprochenen
Fall einen gesetzlichen Auftrag erfülle und prüfen müsse. Denn gingen die Gelder verloren, dann
würden sich nachher auch alle Betroffenen beschweren und fragen, warum die Finanzmarktaufsicht nicht kontrolliert
habe. Er gehe aber davon aus, das mit Augenmaß und Proportionalität vorgegangen werde.
Was die Frage des Insider-Handels anbelangt, so wisse er von Seiten der FMA, dass laufend gegen prominente und
auch nicht prominente Mitglieder von Kreditinstituten ermittelt werde, sagte Schieder. Eine Ermittlung stelle aber
gleichzeitig noch keine Verurteilung dar, unterstrich er. Allerdings habe ein Ermittlungsverfahren sicher auch
eine abschreckende Wirkung, weil sich jeder Vorstand dann genau überlege, was genau unter einen Insider-Handel
falle.
Erfreut zeigte sich Schieder über den Durchbruch bei der Finanztransaktionssteuer, die von 11 Staaten unterstützt
wird und auf einer breiten Grundlage – d.h. nicht nur Geschäfte an den Börsen, sondern auch außerbörsliche
Transaktionen – eingeführt werden soll. Natürlich wäre es auch wichtig, Steueroasen und -schlupflöcher
in einzelnen Staaten zu schließen, dies geht aber nur im Rahmen einer europäischen Bankenunion mit einem
einheitlichen regulatorischen Rahmen für alle Institute sowie einem gemeinsamen Bankenrestrukturierungsrecht.
Schließlich erläuterte der Staatssekretär noch die Zielsetzungen und Eckpunkte des zur Debatte
stehenden Bundesgesetzes über OTC-Derivate, seiner Meinung nach ein richtiger und überfälliger Schritt
im Bereich der Finanzmarktregulierung.
Transparenzdatenbank: FPÖ und Grüne bleiben bei ihrer Kritik
Nach dem Beschluss im Nationalrat erfolgte heute auch die Zustimmung des Bundesrats zum Transparenzdatenbankgesetz
mehrheitlich. Konkret sollen in der Transparenzdatenbank bzw. einem Transparenzportal Sozialversicherungsleistungen,
Ruhe- und Versorgungsbezüge, ertragsteuerliche Ersparnisse, Förderungen, Transferzahlungen, Ersparnisse
aus begünstigten Haftungsentgelten und begünstigtem Fremdkapital sowie Sachleistungen erfasst werden.
Dadurch erhofft man sich, die Leistungsangebote besser aufeinander abstimmen und effizienter gestalten zu können.
Bundesrat Franz PIROLT (F/K) bekräftigte in einer kurzen Wortmeldung die Ablehnung des Transparenzdatenbankgesetzes
durch seine Fraktion. Grundsätzlich sei es seiner Ansicht nach notwendig zu wissen, wer wie viel Förderungen
bekommt, wenn man damit zu arbeiten habe, meinte er, als Bürgermeister einer Gemeinde hätte er sich aber
persönlich gewünscht, dass das Transparenzdatenkonto auch für Kommunen zugänglich ist. Am meisten
diene das Konto wohl den Leistungsbeziehern selbst, weil sie einen klaren und einfachen Zugang dazu haben.
In Österreich existiere derzeit ein sehr umfassendes Förderwesen von Bund, Ländern und Gemeinden,
das nun mit Hilfe eines neuen Transparenzportals und einer Datenbank zusammengefasst und reformiert werden soll,
erklärte Bundesrätin Angelika WINZIG (V/O). Wenn man nun feststelle, dass es eine Reihe von Fördermaßnahmen
gibt, die nicht mehr zeitgemäß im Sinne der Förderziele seien bzw. einen zu hohen Verwaltungsaufwand
verursachten, könne man in Hinkunft die Mittel effizienter einsetzen. Winzig erwartet sich aber auch wichtige
Erkenntnisse im sozialen Bereich, die dazu führen sollen, die Gelder gezielter zu verwenden.
Bundesrat Marco SCHREUDER (G/W) erinnerte daran, dass die Transparenzdatenbank heute zum zweiten Mal behandelt
werde, da das Gesetz repariert werden musste. Seiner Meinung nach kann man nur von einer scheinbaren Transparenz
sprechen, da die Länder die Daten erst zu einem späteren Zeitpunkt einspeisen werden und die Einbindung
der Gemeinden noch gar nicht geklärt sei. Generell meinte Schreuder, dass bezüglich Transparenz ganz
woanders angesetzt werden solle, nämlich beim Staat.
Bundesrat Michael LAMPEL (S/B) hob hervor, dass es mit dem Transparenzdatenbankgesetz möglich werde, Missbrauch
aufzudecken, Doppel- und Mehrfachförderungen darzustellen und generell den Förderdschungel zu durchleuchten.
Im neuen Transparenzportal könnten alle öffentlichen Förderungen des Bundes und der Länder
abgerufen werden, erläuterte er. Zur Bewältigung dieses Projekts seien eine Clearingstelle beim Finanzministerium
sowie ein Beirat eingerichtet worden.
Bundesrat Friedrich REISINGER (V/St) sprach im Zusammenhang mit dem Transparenzdatenbankgesetz von wesentlichen
Vorteilen für die öffentliche Verwaltung sowie für die Bürgerinnen und Bürger. Er könne
daher nicht ganz verstehen, warum die Vertreter der Opposition eine ablehnende Haltung einnehmen, sagte er. Der
Kärntner Landeshauptmann sei etwa ein großer Fan dieser Maßnahme, wie man Medienberichten entnehmen
könne. Das Transparenzportal trage wesentlich dazu bei, dass jene Hilfe bekommen, die diese Unterstützung
auch wirklich brauchen, ist Reisinger überzeugt.
Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G) wandte dem gegenüber ein, dass man keine Transparenzdatenbank brauche,
um Doppelförderungen zu vermeiden. Statt Förderungen einzelnen Förderempfängern gegenüberzustellen,
würde ein allgemeiner Überblick über Bundes- und Landesförderungen sowie Förderungen durch
Gemeinden reichen.
Internationale und bilaterale Finanzabkommen
Keinen Einspruch erhob der Bundesrat auch gegen die Quotenerhöhung beim Internationalen Währungsfonds
(IWF) und einer Satzungsänderung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD).
Die österreichische IWF-Quote soll von 2,1139 Mrd. SZR auf 3,932 Mrd. SZR steigen, das Bundesbudget wird infolge
verringerter Gewinnabfuhr der Nationalbank – die OeNB ist für die höheren IWF-Beiträge zuständig
- pro Jahr um maximal 15,1 Mio. € belastet. Die ERBD kann nunmehr auch Länder des südlichen und östlichen
Mittelmeerraums (SEMED) finanzieren, sofern sie sich zu Demokratie und Marktwirtschaft bekennen.
Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) erhob schwere Bedenken gegen die IWF-Quotenerhöhung und warnte
vor negativen Auswirkungen auf das heimische Budget und die österreichischen Steuerzahler. Auch gehe das Geld
vor allem an jene Länder, an die Österreich ohnehin schon sehr viel gezahlt habe, kritisierte sie. Die
Rednerin sprach in diesem Zusammenhang von Griechenland als einem Fass ohne Boden und forderte einen Austritt Athens
aus der Eurozone.
Bundesrat Edgar MAYER (V/V) wandte sich gegen "Griechen-Bashing" und betonte, die EU sei eine Solidargemeinschaft.
Der Kritik der FPÖ hielt Mayer entgegen, nach Kärnten habe man bereits 20 Milliarden Euro geschickt,
die EU-Troika sollte eigentlich einmal nach Klagenfurt fahren. Der IWF sei jedenfalls dazu da, Ländern, die
in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, aus der Patsche zu helfen, stand für Mayer fest, der die Quotenerhöhung
ausdrücklich unterstütze.
Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) sprach sich gegen eine Verknüpfung der Griechenland-Problematik
mit der IWF-Quotenerhöhung aus, bemängelte aber die Art der Abwicklung der Mittel des Fonds und kündigte
die Ablehnung dieses Tagesordnungspunktes durch ihre Fraktion an. Zum Thema EBRD bemerkte sie, Atomkraft und Waffenproduktion
sollten von der Kreditvergabe dieser Institution ausgeschlossen bleiben.
Bundesrat Michael LAMPEL (S/B) unterstützte die Förderungen durch den IWF und sah allgemein in Österreichs
Anteil an den internationalen Finanzinstituten einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Solidarität und zur
Armutsbekämpfung.
Bundesrat Josef STEINKOGLER (V/O) schloss sich seinem Vorredner voll inhaltlich an und erwartete sich zudem von
den Krediten durch die EBRD eine Förderung und Festigung von Demokratie und Marktwirtschaft.
Staatssekretär Andreas SCHIEDER begrüßte die Kreditvergabe der Europäischen Bank für
Wiederaufbau und Entwicklung auch aus dem Blickwinkel der Aufträge für österreichische Unternehmen,
bekräftigte aber das österreichische Nein zur Unterstützung von Atomenergie aus EBRD-Krediten.
Bei der Abstimmung wurde gegen das Gesetz zur Erhöhung der IWF-Quote mehrheitlich und gegen die Änderung
des EBRD-Übereinkommens einhellig kein Einspruch erhoben.
Den Schlusspunkt der Debatte bildeten zwei Abkommen mit Deutschland, die einerseits der Nachnutzung der ehemaligen
österreichisch-deutschen gemeinschaftlichen Grenzzollämter für ein wirtschaftsfreundliches Zoll-Dienstleistungsangebot
in Grenznähe, andererseits der engeren Zusammenarbeit zur Bekämpfung grenzüberschreitender Schwarzarbeit
und illegaler grenzüberschreitender Leiharbeit dienen. Beide Vorlagen passierten das Plenum einhellig ohne
Einspruch.
Mehrheitliche Unterstützung fanden die Änderungen bestehender Doppelbesteuerungs- bakommen mit Georgien,
Hongkong, Schweiz und Zypern, die nach den neuen Grundsätzen der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung
und Zusammenarbeit (OECD) revidiert werden.
Bundesrat Reinhard PISEC (F/W) befasste sich mit der Schwarzarbeit, die er auf die hohe Steuer- und Abgabenbelastung
in Österreich zurückführte und empfahl dem gegenüber als Vorbild die Schweiz. Die Eidgenossenschaft
zeige, dass man mit niedrigeren Steuern ein höheres Wachstum als in Österreich erzielen könne, argumentierte
er.
Bundesrat Franz PERHAB (V/St) hob die Zusammenarbeit mit Deutschland bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit
positiv hervor, machte gleichzeitig aber auf die Notwendigkeit ähnlicher Abkommen mit den östlichen Nachbarländern
Österreichs aufmerksam. Jedes Abkommen, das zu mehr Wettbewerb und Fairness in der Wirtschaft führe,
sei zu begrüßen, sagte er.
Bundesrat Gerald KLUG (S/St) drängte auf grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Bekämpfung
von Schwarzarbeit und wertete das vorliegende Abkommen mit Deutschland als wichtigen ersten Schritt.
Bundesrat Marco SCHREUDER (G/W) nahm das Abkommen mit Deutschland über die Nachnutzung der Zollämter
zum Anlass, sich grundsätzlich mit der EU als Friedensprojekt auseinanderzusetzen, und meinte, der Friedensnobelpreis
an die Union sei ein Auftrag an alle, diesen Frieden zu erhalten und insbesondere auch für den sozialen Ausgleich
zu kämpfen.
Staatssekretär Andreas SCHIEDER knüpfte an die Wortmeldung seines Vorredners an und interpretierte den
Friedensnobelpreis als Alarmsignal. Viele, die heute die EU kritisieren, hätten im Kern nicht verstanden,
wie schwierig es gewesen sei, dieses europäische Einigungsprojekt zu schaffen, und wie schnell dieses Werk
wieder zerschlagen werden könne, warnte er.
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