Wien (rk) - Im AKH Wien/MedUni Wien wurde erstmals ein Hörimplantat am Hirnstamm implantiert. Dieser
Eingriff war der erste dieser Art in Österreich und wurde an einem 23-jährigen Wiener Patienten vorgenommen.
Die Operation wurde interdisziplinär von Herrn Univ. Prof. Dr. Engelbert Knosp, Leiter der Universitätsklinik
für Neurochirurgie, und Herrn Univ. Prof. Dr. Wolfgang Gstöttner, Leiter der Universitätsklinik
für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, durchgeführt. Bei der Operation war auch Herr Prof. Dr. Robert
Behr, Leiter der Neurochirurgie im Klinikum Fulda, Deutschland, anwesend.
Völlig taube Patienten können grundsätzlich mit Cochlea-Implantaten versorgt werden, solange der
Hörnerv funktioniert und die Taubheit durch Funktionsverlust des Innenohres bedingt ist. Das AKH Wien/MedUni
Wien ist mit 80-100 Implantationen pro Jahr österreichweit führend bei Cochlea-Implantationen. Nun war
es erstmals notwendig, bei einem ertaubten Patienten, bei dem auch der Hörnerv durch einen Tumor beidseits
zerstört war (Neurofibromatose Typ II) ein Hörimplantat (Auditory Brainstem Implant - ABI, Hirnstammimplantat)
an den Hörnervenkern (Nucleus cochlearis) zu implantieren. Voraussetzung ist, dass das Akustikusneurinom entfernt
werden konnte.
Patienten mit Neurofibromatose (erbliche Tumorerkrankung) leiden häufig unter multiplen Neurinomen (gutartige
Nerventumore) im Gehirn und im Rückenmark. Oft liegen auch Akustikusneurinome beidseits vor, bei denen durch
langsame Zerstörung des Hörnervs eine vollständige Taubheit eintritt. Die einzige Möglichkeit
diesen Patienten wieder Höreindrücke zu vermitteln, ist nur mit Hirnstammimplantaten möglich. Die
stimulierende Elektrode wird dabei an die Oberfläche des Hirnstammes im 4. Ventrikel, direkt an den Hörnervenkern
platziert. Intraoperativ wird dabei ein Stimulationstest durchgeführt (Hirnstammaudiometrie, E-Bera), um die
Lokalisation der Hirnstammelektrode zu optimieren.
Die interdisziplinäre Operation an der Universitätsklinik für Neurochirurgie ist komplikationslos
verlaufen, der Patient war bereits am nächsten Tag wieder voll ansprechbar und mobil; er hat die Implantation
des Hirnstammimplantates gut toleriert, sodass der Patient nach einer Woche bereits die Klinik verlassen konnte.
An der Universitätsklinik für Neurochirurgie und der Universitätsklinik für Hals, Nasen- und
Ohrenkrankheiten werden gemeinsam jährlich 50-60 Akustikusneurinome therapiert, wobei hervorzuheben ist, dass
neben den chirurgischen Techniken auch radiochirurgische Methoden (Gamma Knife) zur Verfügung stehen.
Ähnlich wie bei Cochlea-Implantaten, kann das Hirnstammimplantat einige Wochen nach dem operativen Eingriff
erstmals aktiviert werden. Da dabei eine elektrische Stimulation direkt am Hirnstamm durchgeführt wird, wurde
diese Erstinbetriebnahme (so genannte Erstanpassung) auf einer Intensivstation nun in Anwesenheit eines Anästhesisten
durchgeführt.
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