Wien (wifo) - Die weltweite Nachfrageschwäche, insbesondere in den Industrieländern, dämpft
wie erwartet den Welthandel und die Produktion. Die Vertrauensindikatoren gehen tendenziell weiter zurück
bzw. verharren auf niedrigem Niveau. Für Österreich rechnen die Unternehmen mit einer Stagnation der
Produktion und einer Verringerung der Beschäftigung.
Weltweit trübt sich die Wirtschaftslage weiter ein. Analog zum Rückgang der Nachfrage in den Industrieländern
entwickelte sich der Welthandel zuletzt besonders schwach. Die drei großen Wirtschaftsräume USA, EU
und Ostasien stehen unterschiedlichen Problemen gegenüber: Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der wirtschaftspolitischen
Unwägbarkeiten im kommenden Jahr ("fiscal cliff") sanken die Ausrüstungsinvestitionen in den
USA im III. Quartal. In Europa dämpfen in einigen Ländern die verordneten Sparprogramme und die instabile
Lage im Bankwesen die Konjunktur. Japans Wirtschaft leidet unter den Nachwirkungen der Naturkatastrophen im Jahr
2011 und den diplomatischen Spannungen mit China. Auch in China selbst kühlt die Konjunktur weiter ab.
Zugleich wächst aber in den USA der private Konsum beständig, und das Immobilienvermögen gewinnt
wieder an Wert. In der EU ging die Industrieproduktion zuletzt nicht weiter zurück, der Ausblick bleibt aber
getrübt. Bei Österreichs wichtigstem Handelspartner, Deutschland, wird die Konjunktur schwächer.
Für Österreich selbst hat sich das Bild der Vorlaufindikatoren seit der letzten WIFO-Prognose nicht substantiell
verändert, es überwiegen weiterhin die negativen Einschätzungen. Betroffen ist davon vor allem die
Sachgütererzeugung, die Lage in der Bauwirtschaft ist etwas besser. Die Tourismuswirtschaft ist für die
nahe Zukunft zuversichtlicher. Der Beschäftigungszuwachs ließ zuletzt deutlich nach, die Arbeitslosigkeit
stieg weiter, die Arbeitslosenquote erhöhte sich saisonbereinigt leicht auf 7,2%. Die Inflation zog im September
merklich an, während sie sich bei Österreichs wichtigsten Handelspartnern kaum veränderte. Die Stärkung
des Euro dämpfte in den letzten Monaten die Auswirkungen des anhaltend hohen Preisniveaus von Rohstoffen,
insbesondere von Energie und Nahrungsmitteln, auf die österreichische Wirtschaft.
Methodische Hinweise und Kurzglossar
Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte
bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der
Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen"
Bezug genommen.
Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung
gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.
Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über
den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen
Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.
Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche
Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.
Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte
nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.
Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden,
Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.
Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex
(VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist
die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität
innerhalb der Euro-Zone.
Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen
Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel
und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex
(VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.
WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung
ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche
Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren
sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten
Unternehmen.
Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot
der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig
Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei
AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind
und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde
selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge
zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist
der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten
von privaten Haushalten (Mikrozensus).
Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die
Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.
Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen
auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenz- und Zivildiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis.
Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".
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