Team Stronach für Österreich
Prammer: Unterschiede zu Klubgründung 1993 rechtlich nicht relevant
Wien (pk) - Der Nationalrat hat nun mit dem "Team Stronach für Österreich" einen
sechsten parlamentarischen Klub. Die Zuerkennung des Klubstatus erfolgte am 08.11., wie Nationalratspräsidentin
Barbara Prammer bekannt gab, nach einer Diskussion in der Präsidialkonferenz. Grundlage für die Entscheidung
boten Gutachten der Parlamentsdirektion sowie des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts. Daraus sei klar hervorgegangen,
dass sie zu entscheiden habe und der neue Klub anzuerkennen sei.
Dem neuen Klub gehören die Abgeordneten Robert Lugar als Klubobmann, weiters Christoph Hagen, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger,
Stefan Markowitz und Erich Tadler an. Ihnen wurden vorläufige Sitzplätze im Plenum zugewiesen, über
die endgültige Sitzordnung sowie über die Neueinteilung der Redezeit (Wiener Stunde) werde noch in der
Präsidiale diskutiert. Auch über die Frage, in welchen Ausschüssen der neue Klub vertreten sein
wird, seien noch Gespräche zu führen, gab Prammer bekannt. Jedenfalls gebe es keinen Rechtsanspruch auf
die Vertretung in Ausschüssen, die Klärung dieser Frage sei reine Sache der Fraktionen, so Prammer. Sie
habe jedenfalls bereits einen Mitarbeiterpool und Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Die Nationalratspräsidentin
erwartet sich jedenfalls, dass das konstruktive Klima in der Präsidiale auch mit dem neuen Klubobmann Lugar
erhalten bleibt. Es sei noch "sehr viel zu tun", betonte Prammer, ihr sei bewusst, "dass es viel
komplizierter" wird.
Prammer: Klubgründung ist genaue Prüfung vorausgegangen
Sie habe die Rechtmäßigkeit dieser Klubgründung auf Basis der einschlägigen Vorschriften des
Bundes-Verfassungsgesetzes sowie des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats zu prüfen gehabt und
dabei Stellungnahmen und Gutachten der Parlamentsdirektion und des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts sowie
eingehende Beratungen in der Präsidialkonferenz als Grundlage für die Entscheidung herangezogen, betonte
die Nationalratspräsidentin.
Die aktuelle Neubildung eines Klubs unterscheide sich von der Konstellation des Jahres 1993, als sich das Liberale
Forum gebildet hat, erläuterte Prammer im Hinblick auf die der Anerkennung des Klubs vorangegangenen Diskussion.
So seien die Gründungsmitglieder des Klubs "Team Stronach für Österreich" nicht zur selben
Zeit und mit durchaus unterschiedlichen Begründungen aus ihrem bisherigen Klub ausgeschieden. Außerdem
sei man mit der Tatsache konfrontiert gewesen, dass ein weiterer Abgeordneter dieses Hauses, der nicht derselben
wahlwerbenden Partei angehört wie die Gründungsmitglieder des neuen Klubs, dieser Gruppe inhaltlich-politisch
zugehört ohne sich aber an der Gründung des Klubs zu beteiligen. Sie sei zur Überzeugung gekommen,
dass auch diese tatsächlichen Unterschiede in dem Sinne rechtlich nicht relevant sind, dass es erlaubt wäre,
zu einem anderen Beurteilungsergebnis zu kommen als im Jahre 1993. Diese Schlussfolgerung werde auch von der großen
Mehrheit der Mitglieder der Präsidialkonferenz - mit Ausnahme des BZÖ - geteilt, unterstrich Prammer.
Sollte der sechste Mandatar, Abgeordneter Gerhard Köfer, dem neuen Klub im Nachhinein beitreten, ist das dann
nicht mehr relevant.
Die Nationalratspräsidentin wies im Hinblick auf die "Vermutungen" im Zusammenhang mit dem Übertritt
der Abgeordneten zum Team Stronach auf die ab 1. Jänner 2013 geltenden strengen Transparenzregeln hin. Es
werde Aufgabe des Klubs sein, all diese Vermutungen auszuräumen, sie erwarte sich allgemein, dass alle ParlamentarierInnen
bei den vorgesehenen Meldungen und Offenlegungen völlig korrekt vorgehen.
Prammer: Klare Regelung in der Geschäftsordnung notwendig
Die Nationalratspräsidentin bekräftigte in diesem Zusammenhang einmal mehr die Notwendigkeit, den betreffenden
§ 7 der Geschäftsordnung des Nationalrates ((Bildung von Klubs) in Verbindung mit § 32 (Wahl von
Ausschüssen) und § 57 (Redezeit) zu ändern. § 7 werde "allgemein als nicht ausreichend
genau und aussagekräftig beurteilt", sagte sie. Es bestehe daher Einvernehmen der Mitglieder der Präsidialkonferenz,
die Geschäftsordnung noch in der laufenden Gesetzgebungsperiode mit dem Ziel einer klaren Regelung zur Frage
der Klubgründung zu novellieren. Sie appellierte dabei an alle parlamentarischen Parteien, rasch in Verhandlungen
einzutreten und zu einem positiven Abschluss beizutragen.
Weder sie noch die Fraktionen hätten dazu bereits eine inhaltliche Festlegung vorgenommen, bemerkte Prammer,
man lote derzeit die verschiedenen Möglichkeiten aus. Zentrale Grundsätze dabei seien aber das freie
Mandat und die Voraussetzung, dass man ohne wahlwerbende Partei nicht ins Parlament kommt.
Die gesetzlichen Grundlagen - formale Prüfung notwendig
Ein parlamentarischer Klub im Sinn von § 7 GOG ist der Zusammenschluss von mindestens fünf Abgeordneten
derselben wahlwerbenden Partei - einer Wählergruppe, die sich mit einem eindeutigen Parteinamen und einem
Wahlvorschlag zur Wahl stellt. Allerdings können auch Abgeordnete, die nicht derselben wahlwerbenden Partei
angehören, einen Klub bilden. Dazu muss aber die Mehrheit des Nationalrats ihre Zustimmung geben.
Keine explizite Regelung sieht die Geschäftsordnung für die Spaltung eines Klubs während der Gesetzgebungsperiode
vor. Dieser Fall trat zum ersten Mal 1993 bei der Gründung des Liberalen Forums auf und führte zu umfangreichen
juristischen Diskussionen. Einem Gutachten des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt zufolge können auch
in diesem Fall mindestens fünf der betreffenden Abgeordneten, sofern sie aus ihrem Klub ausgetreten sind oder
aus diesem ausgeschlossen wurden, einen neuen, eigenen Klub bilden. Die Präsidentin des Nationalrats hat dann
zu prüfen, ob alle Klubmitglieder derselben wahlwerbenden Partei angehören. Im konkreten Anlassfall war
darüber hinaus zu prüfen, ob der öffentlich bekannte Umstand Auswirkungen auf das Verfahren einer
Klubgründung hat, dass neben fünf Abgeordneten, die einen Klub gründen wollen, ein weiterer Abgeordneter
einer anderen wahlwerbenden Partei angehört, Teil dieser inhaltlich- politisch Gruppe ist, ohne sich dem neuen
Klub anzuschließen. Diese Frage wird sowohl in den Gutachten des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts
als auch der Parlamentsdirektion verneint.
Sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind, ist die Klubgründung im Sinne des Geschäftsordnungsgesetzes
"anerkannt". Die Präsidentin des Nationalrates hat keinen Rechtsakt zu setzen, z. B. einen Bescheid
zu erlassen. Diese Vorgangsweise hat auch der Verfassungsgerichtshof in zwei Erkenntnissen 1993 bestätigt.
Die Bildung eines Klubs muss umgehend der Präsidentin/dem Präsidenten des Nationalrats gemeldet werden.
Ab diesem Zeitpunkt ist der Klub eine juristische Person mit besonderen parlamentarischen Rechten sowie dem Anspruch
auf Klubfinanzierung.
Parlamentarische Rechte überwiegend an Klubstatus gebunden
Die Geschäftsordnung des Nationalrats gewährt den Klubs substanziell mehr Rechte als den einzelnen Abgeordneten.
Einzelne Abgeordnete haben neben dem Rederecht lediglich das Recht, in Plenarsitzungen, das Wort zu ergreifen,
eine Petition einzubringen, die Auszählung der Stimmen zu verlangen oder eine getrennte Abstimmung zu beantragen.
Mit Unterstützung von mindestens fünf Abgeordneten können Initiativanträge, Entschließungsanträge
oder Dringliche Anträge eingebracht werden. Fünf Abgeordnete haben außerdem das Recht, eine Dringliche
Anfrage zu stellen oder die Abhaltung einer Aktuellen Stunde zu verlangen. Mindestens fünf Abgeordnete braucht
es, um eine Debatte über einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, über Einwendungen
gegen die Tagesordnung oder über eine Fristsetzung zu beantragen.
Demgegenüber können nur die Mitglieder eines Klubs mit Sitz und Stimme in den Ausschüssen mitwirken.
Der Klubstatus garantiert auch die Vertretung in der Präsidialkonferenz, die sich mit allen wichtigen organisatorischen
und rechtlichen Fragen des Nationalrats befasst. Die Klubstärke wirkt sich aber auch auf die Redezeiten aus.
Beschließt der Nationalrat eine Blockredezeit, dann wird die Tagesredezeit proportional nach Klubgröße
aufgeteilt, wobei die Klubs in diesem Zeitrahmen die Einzelredezeiten ihrer Abgeordneten festlegen.
Nur Klubs erhalten gesetzliche Finanzierung
Wesentliche Folgen hat die Bildung eines Klubs auf die Finanzierung. Die finanzielle Basis zur Erfüllung
der parlamentarischen Aufgaben der Klubs regelt das Klubfinanzierungsgesetz, das einen für alle Klubs identischen
Sockelbetrag sowie nach Klubstärke gestaffelte zusätzliche Beträge festsetzt. Dabei wird neben der
Anzahl der Nationalratsabgeordneten auch die Anzahl der Mitglieder des Bundesrats und der österreichischen
Mitglieder des Europäischen Parlaments, die dem jeweiligen Klub angehören, berücksichtigt. Darüber
hinaus erhalten die Klubs Mittel für Öffentlichkeitsarbeit, für internationale Tätigkeiten
und für die laufenden Kosten des EDV- Betriebs.
Die jährlichen Kosten für den neuen Klub Team Stronach betragen rund 1,424 Mio.€., die Gesamtkosten inklusive
des administrativen Aufwands werden auf insgesamt 2 Millionen € pro Jahr geschätzt. Die Zahlungen auf Grund
des Klubfinanzierungsgesetzes erfolgen ab 30. Oktober 2012, informierte die Präsidentin.
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