Der kurzfristige Ausblick für die EU-Wirtschaft bleibt unsicher, doch wird für 2013
eine allmähliche Rückkehr des Wachstums erwartet, das sich 2014 weiter festigen soll.
Brüssel/Wien (europa.eu) - Auf Jahresbasis dürfte das BIP 2012 in der EU um 0,3 % und im
Euroraum um 0,4 % schrumpfen. Für 2013 wird mit einem BIP-Wachstum von 0,4 % in der EU und 0,1 % im Euroraum
gerechnet. Die Arbeitslosigkeit dürfte in der EU auf sehr hohem Stand verharren.
Die vor der Krise aufgelaufenen großen internen und externen Ungleichgewichte werden abgebaut, doch leidet
darunter weiterhin die Binnennachfrage einiger Länder; die konjunkturellen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten
sind groß. Zugleich werden die Verluste an Wettbewerbsfähigkeit, die einige Mitgliedstaaten in den ersten
zehn WWU-Jahren erlitten haben, allmählich wieder gutgemacht, so dass die Exporte mit der wiedereinsetzenden
Beschleunigung des Welthandels progressiv anziehen dürften. Der Abbau von Ungleichgewichten wird durch weitere
Fortschritte bei der Konsolidierung der öffentlichen Finanzen unterstützt.
Die durchgeführten Strukturreformen dürften sich im Laufe des Prognosezeitraums allmählich auszahlen,
und die Fortschritte beim Ausbau der WWU-Architektur werden das Vertrauen weiter stärken. Dadurch dürfte
2014 ein kräftigeres und gleichmäßigeres Wachstum ermöglicht werden. Für 2014 wird mit
einem BIP-Wachstum von 1,6 % in der EU und 1,4 % im Euroraum gerechnet.
Hierzu der für Wirtschaft, Währung und den Euro zuständige Kommissionsvizepräsident Olli Rehn:
„Europa durchläuft eine schwierige Phase des Abbaus makroökonomischer Ungleichgewichte, die noch eine
Weile andauern wird. Unsere Projektionen deuten darauf hin, dass sich die Wachstumsaussichten für Europa ab
Anfang nächsten Jahres allmählich aufhellen werden. Durch wichtige politische Weichenstellungen wurde
der Grundstein für ein wieder erstarkendes Vertrauen gelegt. Die Spannungen an den Märkten wurden gelindert,
doch Selbstzufriedenheit wäre fehl am Platze. Europa muss auch in Zukunft eine solide Finanzpolitik mit Strukturreformen
verknüpfen, um die Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wachstum zu schaffen, das eine Senkung der Arbeitslosigkeit
von ihrem derzeit untragbar hohen Stand ermöglicht.“
Bescheidene Erholung im Jahr 2013
Nachdem die Wirtschaft im zweiten Quartal 2012 geschrumpft ist, wird vor Jahresende nicht mit einer Erholung gerechnet.
Für 2013 wird dann ein sehr bescheidenes BIP-Wachstum prognostiziert, das sich 2014 leicht festigen soll.
Den Projektionen zufolge wird der Außenbeitrag zum Wirtschaftswachstum positiv bleiben. Die Inlandsnachfrage
wird der Prognose zufolge 2013 schwach bleiben und erst 2014 anziehen, da sie weiterhin durch den in einigen Mitgliedstaaten
stattfindenden Kreditabbau und die sektorübergreifende Reallokation von Ressourcen gebremst wird. Dies dürfte
am Arbeitsmarkt Spuren hinterlassen. Die Arbeitslosigkeit wird 2013 mit knapp 11 % in der EU und 12 % im Euroraum
ihren Höchststand erreichen, allerdings mit großen Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten.
Die Finanzierungskosten sind in der EU insgesamt zwar niedrig, variieren jedoch merklich zwischen den Mitgliedstaaten.
Die jüngsten Beschlüsse der Politik haben eine gewisse Entspannung bewirkt, auch wenn Schwierigkeiten
in Teilen des Bankensektors und die schwache Konjunktur das Kreditangebot weiterhin belasten dürften.
Energiepreise und Erhöhungen bei den indirekten Steuern waren auch in den letzten Quartalen die Hauptantriebsfaktoren
der Verbraucherpreisinflation. Der zugrunde liegende inländische Preisdruck ist jedoch gering, und die Teuerungsrate
dürfte im Laufe von 2013 unter 2 % sinken.
Haushaltskonsolidierung kommt voran
Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte kommt voran. Die öffentlichen Defizite dürften 2012
in der EU auf 3,6 % und im Euroraum auf 3,3 % des BIP zurückgehen. Den Haushaltsplänen 2013 zufolge dürfte
sich die Konsolidierung im kommenden Jahr fortsetzen, wenn auch in geringerem Tempo: Die gesamtstaatlichen Defizite
sollen in der EU auf 3,2 % und im Euroraum auf 2,6 % des BIP schrumpfen. Dies schlägt sich auch in einer Verbesserung
des strukturellen Haushaltssaldos nieder, die sich der Prognose zufolge in den Jahren 2012 und 2013 in der EU auf
1,1 bzw. 0,7 Prozentpunkte des BIP und im Euroraum auf 1,3 bzw. 0,9 Prozentpunkte des BIP belaufen soll. Der gesamtstaatliche
Schuldenstand beträgt 2012 im Euroraum 93 % und in der EU 87 % des BIP. Den Projektionen zufolge wird er 2013
im Euroraum auf 95 % und in der EU auf 89 % des BIP ansteigen, sich anschließend jedoch stabilisieren.
Dank durchgreifender Politikmaßnahmen auf nationaler und EU-Ebene sowie der Fortschritte bei der Reform des
institutionellen Rahmens der WWU haben sich die Abwärtsrisiken für die Wachstumsaussichten verringert.
Sollte die Beschäftigung hinter den Projektionen zurückbleiben, würden das Vertrauen und die künftigen
Wachstumsaussichten geschmälert. Andererseits könnte sich die Lage an den EU-Finanzmärkten in Anbetracht
der jüngsten politischen Entscheidungen schneller entspannen und das Vertrauen rascher erholen als erwartet,
was sich wiederum positiv auf die Binnennachfrage auswirken würde. Die Risiken für den Inflationsausblick
halten sich in etwa die Waage.
Für Österreich wird schrittweise Rückkehr zur Normalität prognostiziert. Das BIP-Wachstum
wird voraussichtlich 2012 nur 0,8 % betragen und im Jahr 2013 weniger als 1 %, bevor es 2014 wieder in Schwung
kommen wird (2%). Es wird erwartet, dass sich Investitionen und Verbrauch erst im Laufe des Jahres 2013 erholen
werden. Die österreichischen Exporteure könnten jedoch von der steigenden Nachfrage in den Nachbarländern
profitieren. Das Reallohnwachstum wird wahrscheinlich positiv bleiben. Die Haushaltskonsolidierung geht weiter,
jedoch in langsamerem Tempo.
Die Wirtschaftsprognose zeigt einmal mehr die wichtige Rolle der Europäischen Kommission Daten zur Orientierung
der wirtschaftlichen und politischen Akteure auf europäischer und österreichischer Ebene zur Verfügung
zu stellen.
Richard Kühnel, Vertreter der EU-Kommission in Österreich, sagt dazu: "Trotz des weiterhin wirtschaftlich
rauen Klimas schlägt sich Österreich gut und profitiert von der Nachfrage nach Importgütern in den
Nachbarländern."
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