Für das "Österreich Journal" berichtet Margarethe Glac täglich von
den Highlights der Viennale
Wien (oj) - Mit „Tabu“ (P/D/Brasilien/F 2912) ist die afrikanische Savanne mit einem geheimnisvollen
„Mount Tabu“ gemeint. Eigentlich erzählt Miguel Gomes jedoch von verbotener Liebe, einem Krokodil und der
Portugiesin Aurora, die das Bindeglied für alles zu sein scheint.
„O Gebo e a sombra“ (P/F 2012) von Manoel de Oliveira ist ein weiteres Werk des neuesten portugiesischen Kinos,
auch wenn der Stoff dafür, ein Theaterstück von Raul Brandão, bereits 90 Jahre alt ist. Die Aktualität
der literarischen Vorlage und der darin thematisierten Problematik der Armut, der Angst vor dem Morgen, der Geldgier,
des Betrugs und des Egoismus, lassen sich problemlos auf die neueste Weltwirtschaftskrise und die triste Lage der
Südeuropäer umsetzen.
„...cinema português (...)?“ (P 1996) macht Manuel Mozos zum runden Jubiläum einen Rückblick auf
die vergangenen 100 Jahre des portugiesischen Filmschaffens. Seiner Aussage zufolge, soll das Publikum jede Gelegenheit
nutzen, portugiesisches Kino zu sehen, denn die Filmindustrie in diesem Land durchlebe gerade den tiefsten Einschnitt
in ihrer Geschichte.
„Museum Hours“ (A/USA 2012 Jem Cohen) wurde zur Hälfte im Kunsthistorischen Museum gefilmt, in das sich eine
Amerikanerin flüchtet, um der Kälte des winterlichen Wiens zu entkommen. Dort lernt sie einen Wärter
mit Blick aufs Detail kennen, mit dem gemeinsam sie die Kunstschätze des Museums entdeckt, und der ihr hilft,
über den Tod einer Verwandten hinwegzukommen. Es entsteht eine tiefe Freundschaft, die den Winter übersteht.
Mit „Camile redouble“ (F 2012) hat Noémie Lvovsky einen Film geschaffen, den man sich wirklich gerne schmunzelnd
ansieht und dessen Inhalt dennoch der Alptraum so mancher Erwachsener ist – mit 40 zurück ins Teenageralter!
Genau das passiert Camile, die einerseits versucht, die Beziehung mit ihrem zukünftigen Ehemann, von dem sie
sich gerade, nach über 20 Jahren Ehe, trennt, zu vermeiden, und gleichzeitig mit jeder Geste die Zukunft bestimmt.
Im Körper eines Teenagers fühlt und denkt sie dennoch wie ein 40-Jährige. Dass sie also einen 45-jährigen
Lehrer aus ihrer Schule küsst, um ihn dann als 70-jährigen Pensionisten wiederzutreffen, überrascht
deshalb niemanden.
Thomas Vinterberg hat mit seinem Film „Jagten“ (DK/S 2012) ein Thema angesprochen, das in unserer Gesellschaft
im Unterbewusstsein trotz der lauten Debatten zur Gleichberechtigung immer noch keimt: Darf ein Mann Kindergärtner
sein? Und wenn ja, wie nah darf seine Beziehung zu den Kindern sein? In welchem Moment werden Grenzen überschritten?
Wo befinden sich überhaupt diese Grenzen und wer definiert sie? Wer ahndet Fehlverhalten und sind Fehler in
der Diagnose zugelassen? All diese offenen Fragen treffen in Vinterbergs Filmwerk aufeinander und münden in
der Tatsache, dass mehrere Kinder von ihrem Kindergärtner in einem Keller belästigt worden sein sollen,
den dieser gar nicht hat. Es ist auch egal, ob er freigesprochen wurde oder nicht, die Jagd geht weiter.
„Margaret“ (USA 2011) von Kenneth Lonergan wurde vom „New Yorker“ als ein „filmisches Wunder des Jahres, wenn nicht
des Jahrzehnts“ bezeichnet.
Lisa Cohen (Anna Paquin), die Zeugin eines Verkehrsunfalls wird, in dem ein Buslenker bei Rot über die
Kreuzung fährt und dabei eine Frau auf dem Schutzweg tötet, verlangt Gerechtigkeit für das Unfallopfer,
das in ihren Armen stirbt. Sie wird jedoch mit einer Realität konfrontiert, die ihr zwar ungerecht erscheint,
doch gleichzeitig einfach nur ein Spiegel dessen ist, wie die Welt funktioniert: ein Buslenker, der trotz mehrerer
Unfälle nicht entlassen wird, weil er eine mehrköpfige Familie ernähren muss, Verwandte und Freunde
des Opfers, die lieber 300 Tausend Dollar einkassieren, als um Prinzipien zu kämpfen.
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