Nur noch vier Regionalwahlkreise in der Steiermark
Wien (pk) - In der Steiermark wird es in Hinkunft nur noch vier statt acht Regionalwahlkreise geben.
Eine entsprechende Änderung der Nationalrats-Wahlordnung hat am 07.11. mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP,
FPÖ und BZÖ den Verfassungsausschuss des Nationalrats passiert. Hintergrund für diesen Schritt ist
die bereits erfolgte bzw. noch geplante Zusammenlegung mehrerer steirischer Bezirke, die zum Teil verschiedenen
Regionalwahlkreisen angehören. Überdies trägt das Wahlrechtsanpassungsgesetz dem Umstand Rechnung,
dass die neue Bezirkseinteilung voraussichtlich genau zwischen dem Stichtag und dem Wahltag der Wehrpflicht-Volksbefragung
wirksam wird.
Konkret wird es in Hinkunft in der Steiermark folgende vier Regionalwahlkreise geben: Graz und Umgebung (6A), Oststeiermark
(6B), Weststeiermark (6C) und Obersteiermark (6D). Stimmkarten in den von einer Zusammenlegung betroffenen politischen
Bezirken, die für die Volksbefragung ausgestellt werden, sollen von Anfang an die Anschriften der zukünftig
eingerichteten Bezirkswahlbehörden tragen, auch wenn diese erst nach Druck der Karten tätig werden. Berücksichtigt
wird in den Wahlgesetzen außerdem, dass in Folge der Zusammenlegung einiger steirischer Gemeinden vorübergehend
ein von der Landesregierung bestellter Amtsverwalter die Aufgaben des Bürgermeisters übernimmt.
Um Kosten zu sparen, werden die Gemeinden von der Pflicht befreit, die Fragestellung einer Volksbefragung durchgehend
10 Tage vor dem Wahltag, also auch am Samstag und Sonntag, zur Einsicht aufzulegen. Stattdessen reicht ein Anschlag
an der – zu Amtsstunden zugänglichen – Amtstafel. Die Grünen fürchten, dass dadurch die Bürgerinformation
eingeschränkt wird, sie stimmten daher vorerst gegen das Gesetz.
Opposition drängt auf Reform des Wahlrechts
Im Rahmen der Diskussion bedauerte die Opposition, dass die Änderungen im Wahlrecht nicht dazu genutzt werden,
die direkte Demokratie auszubauen und das Persönlichkeitselement bei Wahlen zu stärken. Nach Meinung
von Abgeordnetem Harald Stefan (F) herrscht derzeit Stillstand in der Diskussion, obwohl grundsätzlich alle
Fraktionen für eine Ausweitung direktdemokratischer Instrumente seien. Auch Abgeordneter Herbert Scheibner
(B) fürchtet, dass es in dieser Legislaturperiode zu keiner Wahlrechtsreform mehr kommen wird. Er trat unter
anderem für objektive Informationen von öffentlicher Seite bei Volksbefragungen ein.
Die Vorstellungen der Parteien über ein neues Wahlrecht liegen allerdings, wie die Diskussion zeigte, weit
auseinander. So wandten sich etwa SPÖ und ÖVP strikt gegen den von Abgeordneter Daniela Musiol (G) vorgebrachten
Vorschlag, die Regionalwahlkreise zur Gänze abzuschaffen. Wie Musiol erklärte, sehen die Grünen
die Regionalwahlkreise als überholt an, die Bundespolitik werde dadurch zu stark von regionalen Interessen
geprägt. Was den Ausbau der direkten Demokratie betrifft, sprach sich Musiol erneut für ein dreistufiges
Modell aus. Die für Jänner anberaumte Volksbefragung zur Wehrpflicht wertete sie hingegen als "Beleidigung
für die direkte Demokratie".
Generell plädierte Musiol für die Einberufung eines BürgerInnen-Konvents nach dem Vorbild Islands,
sollten die politischen Parteien aufgrund von "Partikularinteressen" nicht zu einem Konsens über
eine Wahlrechtsreform kommen.
Seitens der Koalitionsparteien wurde der Vorwurf des Diskussionsstillstands in Bezug auf die Wahlrechtsreform zurückgewiesen.
SPÖ-Klubobmann Josef Cap warnte allerdings neuerlich vor "Schnellschüssen", die man, wie er
meinte, hinterher nicht mehr rückgängig machen könne. Seiner Ansicht nach kann man Modelle nicht
einfach "am Reißbrett konstruieren", die dann in der Praxis nicht funktionieren. In Reaktion auf
die Forderung der Bevölkerung nach mehr direkter Demokratie sieht Cap sowohl die Koalition als auch die Opposition
dazu aufgerufen, eine neue Politik zu machen. Den Ausbau der direkten Demokratie kann er sich vor allem auf regionaler
Ebene vorstellen.
Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V) äußerte sich zuversichtlich, dass einzelne, unstrittige Reformpunkte
bald beschlossen werden können. Wie Abgeordneter Otto Pendl (S) kann er sich allerdings keine Abschaffung
der Regionalwahlkreise vorstellen. Die Politik dürfe den Kontakt zu den BürgerInnen nicht verlieren,
bekräftigte er.
Die Abgeordneten Sonja Steßl-Mühlbacher (S) und Karl Donabauer (V) begrüßten die vorliegende
Gesetzesnovelle ausdrücklich.
Änderung des Bundesbezügegesetzes bringt rechtliche Klarstellung
Einstimmig nahm der Verfassungsausschuss einen Fünf-Parteien-Antrag zum Bundesbezügegesetz an, mit dem
die Abgeordneten rechtliche Unklarheiten in Bezug auf die korrekte Zuweisung von Anrechnungsbeträgen im Rahmen
der Pensionsversicherung für PolitikerInnen ausräumen wollen. Der Antrag wurde unter Berücksichtigung
eines Abänderungsantrags beschlossen, dieser sieht unter anderem ein rückwirkendes Inkrafttreten der
neuen Bestimmungen mit 1.1.2012 vor.
"Gesetzesbeschwerde": Verfassungsausschuss vertagt Beratungen
Im Zuge der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit haben sich die fünf Fraktionen des Nationalrats darauf verständigt,
Verfahrensparteien in Zivil- und Strafverfahren die Möglichkeit einzuräumen, sich direkt an den Verfassungsgerichtshof
(VfGH) zu wenden, wenn sie die Meinung vertreten, dass im Verfahren anzuwendende Gesetze bzw. Verordnungen verfassungswidrig
sind. Dazu liegen seit Juli dieses Jahres zwei variierende Gesetzesanträge vor ( 2031/A, 2032/A), in beiden
Fällen sind die Voraussetzungen für die so genannte "Gesetzesbeschwerde" eng gefasst.
Die Umsetzung des Vorhabens könnte dennoch eine Weile dauern, die Beratungen im Verfassungsausschuss wurden
heute nach einer Generaldebatte einstimmig vertagt. Die vom Verfassungsausschuss eingeholten Stellungnahmen zu
den vorliegenden Gesetzesanträgen fielen zum Teil äußerst kontrovers aus, außerdem haben
sich mehrere Problemfelder herauskristallisiert, die einer noch eingehenderen und intensiven Diskussion bedürfen.
Dazu will man auch Expertinnen und Experten heranziehen.
Die Ausschussmitglieder bekräftigten mehrmals, am Ziel der Gesetzesbeschwerde festhalten und eine gemeinsame
Lösung finden zu wollen. Es bestand auch Konsens darin, wie die Abgeordneten Wolfgang Gerstl (V) und Johannes
Jarolim (S) explizit unterstrichen, dass die Gleichwertigkeit der Höchstgerichte gewahrt werden müsse.
"Keiner in diesem Raum wünscht sich ein deutsches Verfassungsgericht", formulierte Gerstl pointiert.
Es gehe einzig darum, ob eine Norm verfassungswidrig ist oder nicht, Machtfragen seien nicht am Platz, stellte
Jarolim unmissverständlich klar, eine übergeordnete Stellung des Verfassungsgerichtshofs wolle keiner.
Übereinstimmung herrschte auch darin, dass der Rechtschutz gestärkt werden soll. Staatssekretär
Josef Ostermayer, der sich dem anschloss, machte darauf aufmerksam, dass eine zusätzliche Beschwerdemöglichkeit
zur Verlängerung von Verfahren führen kann.
Leise Kritik an den vorliegenden Textierungen übte Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F). Sie gehen ihm zu sehr
in Richtung Urteilsbeschwerde, was keiner wolle. Fichtenbauer sprach sich dafür aus, nur am erstinstanzlichen
Urteil anzuknüpfen und keineswegs an jenem der letzten Instanz. Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V) hingegen
sah diese Tendenz zur Urteilsbeschwerde in den zur Diskussion stehenden Anträgen nicht. Ausschussvorsitzender
Peter Wittmann (S) gab zu bedenken, dass man auf eine einheitliche Interpretation einer Norm Bedacht nehmen müsse,
was durch eine frühe Klärung gewährleistet sei.
Er hielt es auch für geboten, sich bei der Gesetzesbeschwerde ausschließlich auf den Begriff "Urteil"
zu beschränken. Bleibe man beim Begriff "Entscheidung", dann seien Probleme etwa bei der Durchführung
von Zwangsmaßnahmen oder bei einstweiligen Verfügungen vorprogrammiert. Abgeordneter Peter Fichtenbauer
(F) wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass damit aber auch das gesamte Außerstreitverfahren ausgeklammert
wird.
Die Notwendigkeit, die unterschiedliche Situation für die Beteiligten im Zivilrecht und im Strafrecht zu berücksichtigen,
wurde von Abgeordnetem Herbert Scheibner (B) angeschnitten. In zivilrechtlichen Prozessen stehen einander zwei
gleichberechtigte BürgerInnen gegenüber, sagte er. Es könne im Fall einer erfolgreichen Gesetzesbeschwerde
aber nicht sein, dass eine Partei sich in gutem Glauben an ein Gesetz gehalten hat und dann mit einer völlig
neuen Situation konfrontiert ist. Die BürgerInnen in solchen Verfahren dürfen nicht schlechter gestellt
werden, forderte er. Abgeordnete Daniela Musion (G) thematisierte zudem den angedachten und mehrheitlich kritisierten
Entfall des Artikel 144 B-VG, wo es um die Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden beim Verfassungsgerichtshof
geht.
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