Heinisch-Hosek: Frauen brauchen Selbstbewusstsein
Bei der 2. Frauenenquete "Frauen.Körper.Politiken" in Wien hielt die Ministerin
die Eröffnungsrede
Wien (bpd) - "Es geht um die Selbstbestimmtheit über unseren Körper und auch um die
feministischen Positionen, wie Weiblichkeit zu sehen ist", sagte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek
am 05.11. bei der Eröffnung der 2. Frauenenquete zum Themenkreis Frauen, Körper und Politik. "Wir
lassen uns nicht vorschreiben, wie wir auszuschauen haben, und wir müssen gerade jungen Frauen Selbstbewusstsein
mitgeben. Viele Mädchen stehen unter Druck, einem künstlichen Schönheitsideal zu genügen und
fühlen sich oft als wertlos, weil sie nicht so aussehen wie die Models auf den Plakaten."
Die von der Werbeindustrie oft vorgetäuschte Schönheitsideale, mit Bildern, die meist nachträglich
mit Photoshop manipuliert wurden, bringen viele Frauen dazu, diesen Trugbildern mit allen Mitteln nachzueifern.
Das geht bis hin zur Selbstzerstörung in Form von Magersucht und anderen Essstörungen. "Bei immer
mehr jungen Frauen führt dieses Nacheifern sogar dazu, dass sie große Operationen auf sich nehmen und
ihren Körper chirurgisch verändern lassen", so Heinisch-Hosek. In einigen Fällen könne
das sogar so weit gehen, dass junge Frauen zu Genital-Operationen bereit sind, nur um ja so auszusehen, wie ein
Schönheits-Diktat ihnen vormacht, wie man sein müsse.
Diesen Entwicklungen müsse klar Einhalt geboten werden. "Frauen brauchen Selbstbewusstsein und das Wissen,
dass sie gut und richtig sind, so wie sie sind. Auch die Politik muss hier ansetzen und für die richtigen
Rahmenbedingungen sorgen", sagte Heinisch-Hosek.
"Wir haben die Schönheits-Operationen nun klar gesetzlich geregelt und ein Mindestalter festgelegt",
so die Frauenministerin weiter. "Mir wäre aber auch noch ein anderes Gesetz ein Anliegen: Ich will, dass
nachträglich bearbeitete Bilder gekennzeichnet werden müssen. So, dass man sofort erkennen kann, die
Oberschenkel, die nicht dicker sind als ein Arm, sind nicht echt." Denn es sei nicht einzusehen, dass sich
tausende junger Mädchen schlecht fühlen, nur weil sie es nicht schaffen, den künstlichen Bildern
gleich zu werden.
"Heute soll es jedoch nicht nur darum gehen, den politischen Alltag zu diskutieren, es geht auch darum, gemeinsam
neue feministische Positionen und Visionen zum Thema zu entwerfen, die später zu konkreter Politik für
Frauen werden können", schloss die Frauenministerin.
|
Weibliches Körperbild ist ständigem Wandel unterworfen
Beate Wimmer-Puchinger, Lisbeth Trallori und Marie Luise Angerer bei der Frauenequete "Frauen.Körper.Politiken"
in Wien
Wien (bpd) - "Die schöne Welt hat uns eingeholt, Frauen müssen gegen unrealistische
Ideale ankämpfen", sagte Professorin Beate Wimmer-Puchinger, Frauengesundheits- beauftragte der Stadt
Wien in ihrem Beitrag zur Frauenenquete am 05.11. Sie berichtete über besorgniserregende Studienergebnisse
und gleichzeitig von großen Fortschritten des Wiener Frauengesundheitsprogramms. Das Programm laufe bereits
seit 12 Jahren, unter anderem mit der Prävention gegen Essstörungen. Neu sei ein Schulwettbewerb, bei
dem die jungen Menschen fit gemacht werden sollen, damit sie "der Werbung nicht auf den Leim gehen."
Der kritische Blick auf mediale Darstellungen von idealisierten Frauenkörpern sei wichtig, denn eines der
zentralen Themen zum Körperbild der Frauen von heute sei das eigene Gewicht. Das Übermaß der Fehleinschätzung
zeige eine neue Studie, die die WHO unter 200.000 Mädchen und Buschen in 43 europäischen Staaten durchgeführt
hat. Demnach hätten sich 40 Prozent der befragten Mädchen als zu dick empfunden, während das aber
bei nur 10 Prozent ein reales Problem sei. "Das zeigt, dass Mädchen verunsichert sind", sagt Wimmer-Puchinger
und führt das auf die globale Medienwelt zurück, die Mädchen durch manipulierte Bilder von Körpern
dazu dränge, diesem unrealistischen Bild nachzueifern und sie sehr früh zu Schönheitsobjekten mache.
Das Körperbild der Frau sei als Spiegelbild der Gesellschaft nie frei von politischen und sozialen Konfrontationen
gewesen. Das Bild unserer Zeit betone die Frau als schwaches Wesen mit einem veränderbaren Körper, den
es zu kaufen gebe. "Daran wird kräftig verdient", sagte Wimmer-Puchinger und verwies auf den rapiden
Anstieg beim Verkauf von Diät-Produkten und bei der Zahl von Schönheitsoperationen, die mittlerweile
an allen Körperteilen durchgeführt werden.
"Gleichzeitig ist die Körperfrage ein Machtfaktor zwischen den Geschlechtern. Es geht darum, wer diesen
Körper besitzt, also auch um die Frage: gehört er mir?", sagte Lisbeth Trallori, feministische Wissenschaftlerin
an den Universitäten Wien, Graz und Klagenfurt. Sie kommt zu dem Schluss, dass diese Körperfrage politisch
und gesellschaftlich von großer Bedeutung ist und deshalb, abhängig von den Herrschaftsinteressen, einem
permanenten Wandel unterzogen sei. Heute hätten Biotechnologie und Fertilisationsindustrie die Weiblichkeit
und deren Körperlichkeit für sich und gegen die Frauen vereinnahmt. Unter dem Mäntelchen der Freiwilligkeit
würden Frauen in der neoliberalen Ära zu Konsumentinnen und Produzentinnen von Körperteilen - Stichwort
Leihmutterschaft - degradiert.
Medienwissenschafterin Marie Luise Angerer, Professorin an der Kunsthochschule Köln, sieht es als zu einfach
nur die Medien die Schuld an idealisierten Körperbildern zuzuschieben. Vielmehr hätte sich die Wahrnehmung
des Körpers seit den 70-er Jahren, als dieser durch feministische Theorie kritisch hinterfragt wurde, grundlegend
geändert. Mit der Befreiung der Sexualität von der Fortpflanzung sei auch der Blick auf Kinder anders
geworden - ob Kinder oder keine, entscheiden wir alleine, sei heute kein Thema mehr für die Frauenbewegung
von heute mehr. Ebenso sei eine Enttabuisierung bei der Zuschaustellens des Körpers bis hin zur Pornografisierung
erkennbar. Manche Feministinnen sprächen sogar von der Selbstbemächtigung des eigenen Körpers durch
Pornografie. Auch der Körper als das sogenannte erotische Kapital, in den investiert werden müsse, sei
nur im Kontext des neoliberalen Diskurs zu sehen.
|