2. Frauenenquete "Frauen.Körper.Politiken"

 

erstellt am
06. 11. 12

Heinisch-Hosek: Frauen brauchen Selbstbewusstsein
Bei der 2. Frauenenquete "Frauen.Körper.Politiken" in Wien hielt die Ministerin die Eröffnungsrede
Wien (bpd) - "Es geht um die Selbstbestimmtheit über unseren Körper und auch um die feministischen Positionen, wie Weiblichkeit zu sehen ist", sagte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek am 05.11. bei der Eröffnung der 2. Frauenenquete zum Themenkreis Frauen, Körper und Politik. "Wir lassen uns nicht vorschreiben, wie wir auszuschauen haben, und wir müssen gerade jungen Frauen Selbstbewusstsein mitgeben. Viele Mädchen stehen unter Druck, einem künstlichen Schönheitsideal zu genügen und fühlen sich oft als wertlos, weil sie nicht so aussehen wie die Models auf den Plakaten."

Die von der Werbeindustrie oft vorgetäuschte Schönheitsideale, mit Bildern, die meist nachträglich mit Photoshop manipuliert wurden, bringen viele Frauen dazu, diesen Trugbildern mit allen Mitteln nachzueifern. Das geht bis hin zur Selbstzerstörung in Form von Magersucht und anderen Essstörungen. "Bei immer mehr jungen Frauen führt dieses Nacheifern sogar dazu, dass sie große Operationen auf sich nehmen und ihren Körper chirurgisch verändern lassen", so Heinisch-Hosek. In einigen Fällen könne das sogar so weit gehen, dass junge Frauen zu Genital-Operationen bereit sind, nur um ja so auszusehen, wie ein Schönheits-Diktat ihnen vormacht, wie man sein müsse.

Diesen Entwicklungen müsse klar Einhalt geboten werden. "Frauen brauchen Selbstbewusstsein und das Wissen, dass sie gut und richtig sind, so wie sie sind. Auch die Politik muss hier ansetzen und für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen", sagte Heinisch-Hosek.

"Wir haben die Schönheits-Operationen nun klar gesetzlich geregelt und ein Mindestalter festgelegt", so die Frauenministerin weiter. "Mir wäre aber auch noch ein anderes Gesetz ein Anliegen: Ich will, dass nachträglich bearbeitete Bilder gekennzeichnet werden müssen. So, dass man sofort erkennen kann, die Oberschenkel, die nicht dicker sind als ein Arm, sind nicht echt." Denn es sei nicht einzusehen, dass sich tausende junger Mädchen schlecht fühlen, nur weil sie es nicht schaffen, den künstlichen Bildern gleich zu werden.

"Heute soll es jedoch nicht nur darum gehen, den politischen Alltag zu diskutieren, es geht auch darum, gemeinsam neue feministische Positionen und Visionen zum Thema zu entwerfen, die später zu konkreter Politik für Frauen werden können", schloss die Frauenministerin.


 

Weibliches Körperbild ist ständigem Wandel unterworfen
Beate Wimmer-Puchinger, Lisbeth Trallori und Marie Luise Angerer bei der Frauenequete "Frauen.Körper.Politiken" in Wien
Wien (bpd) - "Die schöne Welt hat uns eingeholt, Frauen müssen gegen unrealistische Ideale ankämpfen", sagte Professorin Beate Wimmer-Puchinger, Frauengesundheits- beauftragte der Stadt Wien in ihrem Beitrag zur Frauenenquete am 05.11. Sie berichtete über besorgniserregende Studienergebnisse und gleichzeitig von großen Fortschritten des Wiener Frauengesundheitsprogramms. Das Programm laufe bereits seit 12 Jahren, unter anderem mit der Prävention gegen Essstörungen. Neu sei ein Schulwettbewerb, bei dem die jungen Menschen fit gemacht werden sollen, damit sie "der Werbung nicht auf den Leim gehen."

Der kritische Blick auf mediale Darstellungen von idealisierten Frauenkörpern sei wichtig, denn eines der zentralen Themen zum Körperbild der Frauen von heute sei das eigene Gewicht. Das Übermaß der Fehleinschätzung zeige eine neue Studie, die die WHO unter 200.000 Mädchen und Buschen in 43 europäischen Staaten durchgeführt hat. Demnach hätten sich 40 Prozent der befragten Mädchen als zu dick empfunden, während das aber bei nur 10 Prozent ein reales Problem sei. "Das zeigt, dass Mädchen verunsichert sind", sagt Wimmer-Puchinger und führt das auf die globale Medienwelt zurück, die Mädchen durch manipulierte Bilder von Körpern dazu dränge, diesem unrealistischen Bild nachzueifern und sie sehr früh zu Schönheitsobjekten mache.

Das Körperbild der Frau sei als Spiegelbild der Gesellschaft nie frei von politischen und sozialen Konfrontationen gewesen. Das Bild unserer Zeit betone die Frau als schwaches Wesen mit einem veränderbaren Körper, den es zu kaufen gebe. "Daran wird kräftig verdient", sagte Wimmer-Puchinger und verwies auf den rapiden Anstieg beim Verkauf von Diät-Produkten und bei der Zahl von Schönheitsoperationen, die mittlerweile an allen Körperteilen durchgeführt werden.

"Gleichzeitig ist die Körperfrage ein Machtfaktor zwischen den Geschlechtern. Es geht darum, wer diesen Körper besitzt, also auch um die Frage: gehört er mir?", sagte Lisbeth Trallori, feministische Wissenschaftlerin an den Universitäten Wien, Graz und Klagenfurt. Sie kommt zu dem Schluss, dass diese Körperfrage politisch und gesellschaftlich von großer Bedeutung ist und deshalb, abhängig von den Herrschaftsinteressen, einem permanenten Wandel unterzogen sei. Heute hätten Biotechnologie und Fertilisationsindustrie die Weiblichkeit und deren Körperlichkeit für sich und gegen die Frauen vereinnahmt. Unter dem Mäntelchen der Freiwilligkeit würden Frauen in der neoliberalen Ära zu Konsumentinnen und Produzentinnen von Körperteilen - Stichwort Leihmutterschaft - degradiert.

Medienwissenschafterin Marie Luise Angerer, Professorin an der Kunsthochschule Köln, sieht es als zu einfach nur die Medien die Schuld an idealisierten Körperbildern zuzuschieben. Vielmehr hätte sich die Wahrnehmung des Körpers seit den 70-er Jahren, als dieser durch feministische Theorie kritisch hinterfragt wurde, grundlegend geändert. Mit der Befreiung der Sexualität von der Fortpflanzung sei auch der Blick auf Kinder anders geworden - ob Kinder oder keine, entscheiden wir alleine, sei heute kein Thema mehr für die Frauenbewegung von heute mehr. Ebenso sei eine Enttabuisierung bei der Zuschaustellens des Körpers bis hin zur Pornografisierung erkennbar. Manche Feministinnen sprächen sogar von der Selbstbemächtigung des eigenen Körpers durch Pornografie. Auch der Körper als das sogenannte erotische Kapital, in den investiert werden müsse, sei nur im Kontext des neoliberalen Diskurs zu sehen.

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