Der Mehrwert der Städte für Europa – Open Days 2012 – Local Event Vienna im Rathaus
Wien (rk) - Eine hochkarätig besetzte Konferenz widmete sich am 15.11. der Bedeutung der Städte
für das europäische Integrationsprojekt. Die Konferenz fand im Rahmen der "Open Days 2012"
– der Europäischen Woche der Städte und Regionen statt, die alljährlich im Herbst von der Europäischen
Kommission (Generaldirektion für Regionalpolitik und Stadtentwicklung) und dem Ausschuss der Regionen veranstaltet
werden. Initiiert und organisiert wurde die Tagung von der MA 27 – Europäische Angelegenheiten und dem Büro
Brüssel der Wirtschaftsagentur Wien. Die Leiterin des Verbindungsbüros der Stadt Wien in Brüssel
begrüßte über 100 BesucherInnen.
Die Europäisierung der Wiener Stadtverwaltung
Magistratsdirektor Dr. Erich Hechtner betonte, dass öffentliche Verwaltungen - und gerade eine große
und differenzierte Stadtverwaltung wie Wien - vor der Herausforderung stehen, die negativen Folgen der Krise abarbeiten
zu müssen, sei es bei den sozialen Dienstleistungen, sei es im Bereich der antizyklischen Investitionen in
Bildung, Beschäftigung und Innovation. Gleichzeitig kommen öffentliche Finanzen - durch Beiträge
zum innerösterreichischen Stabilitätspakt ebenso wie durch Mindereinnahmen bei Steueranteilen oder durch
Mehrausgaben zur Abfederung sozialer Schieflagen - weiter unter Druck. Auf politischer und Verwaltungsebene bedeutet
dies die Notwendigkeit zu einem integrierten europapolitischen Engagement der Stadt Wien.
Die Stadt wird smart für alle: Wien in der neuen EU-Förderperiode
Die aktuellen Vorschläge für die neuen EU-Strukturfonds ab 2014, die im Oktober 2011 von der Europäischen
Kommission präsentiert wurden und seither einem intensiven Diskussionsprozess zwischen den "big 3"(Kommission,
Parlament und Rat) unterliegen, bieten für Städte zunächst vordergründig Chancen bei der Umsetzung
innovativer und sozial integrativer Projekte. Wien engagiert sich hier für eine Nutzung, die viele Bereiche
unter dem Titel "smart city" integriert und erwartet aus dem Innovationsschub mehr an Wachstum und Beschäftigung
sowie eine nachhaltige Stadtentwicklung.
"Wien wird auch für die kommende Förderperiode der Stadt möglichst hohe Fördersummen sichern
und in sinnvolle Projekte investieren." postulierte Mag. Martin Pospischill (Leiter der MA 27 - Europäische
Angelegenheiten).
DI Thomas Madreiter (Leiter der MA 18 – Stadtplanung und Stadtentwicklung) betonte die Bedeutung der länderübergreifenden
Zusammenarbeit und somit jener EU-Projekte mit internationaler Kooperation: "Stadtentwicklung ist längst
im internationalen Umfeld angekommen. Nicht zu Letzt im Rahmen europäischer Netzwerke findet so auch für
die Wiener Stadtplanung ein regelmäßiger fruchtbringender Austausch statt."
"Wien steht im internationalen Wettbewerb, und es sind ganz besonders die innovativen Unternehmen die den
Wohlstand von morgen schaffen. Wir sehen hier einen doppelten Auftrag: einerseits die finanzielle Unterstützung
der innovativen Unternehmen, andererseits die generelle Begleitung von Unternehmen beim Innovationsprozess."
skizzierte Mag. Gerhard Hirczi (Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien) den künftigen Rahmen
für EU-Projekte im Wirtschaftsbereich.
Liberalisierungstendenzen muss Einhalt geboten werden
Barbara Steenbergen (Leiterin des Brüsseler Büros der Internationalen Mietervereinigung), gab aufschlussreiche
Einblicke in die parlamentarische Arbeit der EU und ging besonders auf die Rolle der "Urban Intergroup"
und aktuelle Themen ein.
"Eine europäische Wohnungspolitik birgt Chancen und Risiken" meinte sie und wies darauf hin, dass
zeitgleich mit der Krise und den Maßnahmen zu ihrer Bewältigung unter den Stichworten der European Economic
Governance und der Austeritätspolitik zahlreiche Vorstöße zu einer Liberalisierung von weiten Teilen
der öffentlichen Dienste unternommen werden. Entscheidungen im Bereich Wettbewerbsrecht etwa gefährden
massiv zentrale Aufgaben der öffentlichen Hand, wie etwa die Sicherstellung von leistbarem Wohnraum oder die
Organisation von Sozialdiensten.
Aus Sicht von Städten ist das Europäische Parlament ein zentraler Faktor bei der Abarbeitung von einzelnen
Themen in diesem Zusammenhang und übernimmt auch immer stärker eine kontrollierende Funktion gegenüber
der Kommission.
Städte : Erfolgsfaktoren für das europäische Integrationsprojekt
In einer Podiumsdiskussion sahen Dr. Johannes Schmid (Österreichischer Städtebund), MMag. Heidrun
Maier-De Kruijiff (Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs) und Dr. Heiderose
Heßke (Bedienstete der Stadt Leipzig und Vorsitzende der EUROCITIES Arbeitsgruppe zu den neuen EU-Strukturfonds)
unisono Städtenetzwerke, Verbände der öffentlichen Wirtschaft, aber auch europäische Netzwerke
und Interessenverbände als natürliche Partner bei der Umsetzung von städtischen Anliegen auf europäischer
Ebene. Sie können über ihre Verbands- oder Netzwerkstruktur immer wieder auf intelligente und "smarte"
Lösungen aus der kommunalen Expertise in den Meinungsbildungsprozess einbringen. Sei es bei der Frage, wie
Städte ihre sozialen Dienste im Vergabe- und Auftragswesen, bei den Konzessionen und Beihilfen organisieren,
sei es im Bereich der kommunalen Betriebe, die wesentliche Leistungen der Daseinsvorsorge erbringen.
"Wasserversorgung, Abwasser- und Müllentsorgung, Gesundheits- und soziale Dienstleistungen, öffentlicher
Personen-Nahverkehr: Alle diese Aufgaben fallen unter den Begriff der (kommunalen) Daseinsvorsorge. Gemeint sind
jene Güter und Dienste, die für die Menschen besonders wichtig sind und daher von der öffentlichen
Hand – den Ländern, aber vor allem den Städten oder Gemeinden – erbracht werden." stellte Dr. Johannes
Schmid fest.
Zahlreiche Ebenen beeinflussen die städtische Handlungsfähigkeit. Hier auf bewährte Lösungen
hinzuweisen und gegebenenfalls gemeinsam gegen geplante Maßnahmen aufzutreten, ist eine inzwischen unbestrittene
Notwendigkeit bei der Durchsetzung von Interessen. Analysen der Auswirkungen des Zusammenspiels der unmittelbaren
Effekte der Finanz- und Wirtschaftskrise mit jenen einer bereits bestehenden Liberalisierungspolitik, die unter
dem Stichwort "Binnenmarktakte" u.a.m. sind daher aus Sicht von Städten ein wichtiger Impuls für
ihre künftige Orientierung und Teilhabe am europäischen Integrationsprojekt.
"Europa wird in den Städte und Gemeinden gelebt und daher müssen diese viel stärker und intensiver
in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden." betonte MMag. Heidrun Maier-De Kruijiff.
"Mehr an Europa" muss erklärt werden
Der Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (Mag. Paul Schmidt)
gab eine Tour d´horizon zu verschiedenen Aspekten des öffentlichen Diskurses zwischen Politik, Wirtschaft,
Wissenschaft, Medien und verschiedenen gesellschaftlichen Akteure. Mit den Worten "Gerade in Krisenzeiten
ist verstärkte Europainformation und -kommunikation von besonderer Bedeutung. Die Rückkehr zu nationalstaatlichen
Wegen ist keine Zukunftsvision für die EU. ‚Mehr an Europa‘ muss jedoch erklärt, argumentiert und vor
allem auch stärker legitimiert werden." lud er zum weiteren Gedankenaustausch ein.
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