Justiz(budget)-Debatte im Nationalrat

 

erstellt am
15. 11. 12

 Karl: Österreichische Justiz kommt Steuerzahler im internationalen Vergleich günstig
Justizbudget für das Jahr 2013 sichert faire Rechtsverfolgung und Rechtsdurchsetzung
Wien (övp-pk) - Das vorliegende Justizbudget für das Jahr 2013 sichert die organisatorischen, personellen und sachlichen Voraussetzungen für eine zuverlässige, objektive und faire Rechtsverfolgung und -durchsetzung, nimmt dabei Bedacht, die Grundrechte besonders schutzbedürftiger Personen zu wahren und auch die sichere, grund- und menschrechtskonforme Anhaltung von Insassinnen und Insassen der Justizanstalten zu gewährleisten. Maßnahmen im Bereich des Familienrechts, sowie zur Korruptionsbekämpfung und zur Stärkung der Wirtschaftskompetenz stehen dabei im Vordergrund - im Interesse einer Stärkung des Vertrauens der Bevölkerung in die Justiz. Das sagte Justizministerin Dr. Beatrix Karl am 15.11. bei der Budgetdebatte zum Kapitel Justiz. Sie kündigte in ihrem Statement eine Arbeitsgruppe zum Strafgesetzbuch an, um zu überprüfen, ob "wir ein Problem mit den Strafrelationen haben".

Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu gewährleisten sowie Grund- und Menschenrechte zu wahren, sind Leitprinzipien der österreichischen Justiz. Eine ganz wesentliche Zielsetzung ist dabei eine objektive, faire und unabhängige Verfahrensführung sowie die Entscheidung durch Gerichte und Staatsanwaltschaften innerhalb einer angemessenen Dauer.

Für Österreich ergebe sich im aktuellen Bericht über die europäischen Gerichtssysteme durch die Kommission für die Effizienz der Justiz des Europarates (CEPEJ) ein erfreuliches Bild. Die Leistungen der österreichischen Justiz seien im europäischen Vergleich hervorragend. Dabei sind die sehr kurzen Erledigungszeiten im streitigen Zivilverfahren (129 Tage oder rund vier Monate in Österreich gegenüber durchschnittlich 287 Tagen oder rund 9,5 Monaten in Europa) höchst positiv. Streitige Scheidungen dauerten im Jahr 2010 in Österreich im Mittel nur mehr 167 Tage. Dies bei hoher Akzeptanz und Qualität der Entscheidungen. In vielen Ländern Mittel- und Westeuropas dauert ein vergleichbares Verfahren zwei- bis dreimal so lange.

Dabei sei der Budgetaufwand verhältnismäßig gering: "Nur 0,24 Prozent des Bruttoinlandsprodukts jedes österreichischen Staatsbürgers im Vergleich zu durchschnittlich 0,32 Prozent des Bruttoinlandsprodukts jeden Europäers werden jährlich für die Gerichtsbarkeit und die Strafverfolgungsbehörden ausgegeben. Die österreichische Justiz komme dem Steuerzahler im internationalen Vergleich daher sehr "günstig". Dies sei zurückzuführen auf die hohe Automatisation, die Einhebung von kostendeckenden Gerichtsgebühren im Bereich Grund- und Firmenbuch und den Einsatz von Rechtspflegern.

"Im Budgetentwurf sind für die Justiz insgesamt Auszahlungen von knapp 1,3 Millionen Euro und Einzahlungen in Höhe von 921 Millionen Euro vorgesehen. Aus Steuergeldern wird lediglich der Saldo von rund 367 Millionen Euro getragen, was in etwa den Ausgaben des Straf- und Maßnahmenvollzugs einschließlich der Bewährungshilfe entspricht. Über das ganze Justizbudget gerechnet beträgt der Eigendeckungsgrad durch eigene Einnahmen somit rund 70 Prozent", rechnete Karl vor.

"Die hohe Rechtssicherheit der Entscheidung, Einzelfallgerechtigkeit und Transparenz sowie der Zugang zum Recht für jeden Bürger in diesem Land müssen sichergestellt sein." Allerdings sei auch eines klar: in Zeiten wie diesen seien alle dazu angehalten zu sparen und mit öffentlichen Mitteln ganz besonders sorgsam umzugehen. Umso wichtiger sei es, die richtigen Prioritäten zu setzen. Für sie, Karl, sei es ganz wesentlich im Bereich der Familiengerichtsbarkeit, Korruptionsbekämpfung und der Wirtschaftskompetenz gewesen, zusätzliche Schwerpunkte zu setzen.

Sie habe sich vehement dafür eingesetzt, dass es für die immer komplexer werdenden Aufgaben der Gerichte und Staatsanwaltschaften zu einer deutlichen, personellen Aufstockung komme. So sei es gelungen, im Bereich der Justiz 93 zusätzliche Planstellen für das Jahr 2013 herauszuverhandeln, die sich auf die Bereiche Familiengerichtsbarkeit, Korruptionsbekämpfung, sowie auf die Umsetzung des Lobbying-Gesetzes aufteilen.

"Mit dem Familienrechtspaket ist nach jahrelangen Verhandlungen ein wirklicher Durchbruch gelungen, zum Wohl der Kinder. Die gemeinsame Obsorge wird immer mehr zum Regelfall werden, Familiengerichtshilfe und Besuchsmittler werden Verfahren beschleunigen und begleiten, und uneheliche Väter bekommen ein uneingeschränktes Antragsrecht auf die Obsorge oder können diese im Einvernehmen mit der Mutter auch gleich am Standesamt vereinbaren. Einige dieser neuen Regelungen werden die Gerichte sogar entlasten, andere wiederum werden jedoch zu einer gewissen Zusatzbelastung führen. Die in diesem Zusammenhang benötigten 38 zusätzlichen Planstellen werden mit dem Personalplan 2013 für das neue Familienrechtspaket zur Verfügung gestellt", umriss die Justizministerin.

Karl betonte auch die Wichtigkeit der Bekämpfung von Korruption. Mit der Verschärfung der Antikorruptionsbestimmungen - die das Justizministerium Mitte 2012 vorgelegt hat - wurden praktisch alle Empfehlungen des Europarats (GRECO) umgesetzt. "Es ist unbestritten, dass sich die Investitionen in die Justiz im Kampf gegen die Korruption, etwa die Einrichtung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), gelohnt haben. Deshalb ist es auch mein zentrales Anliegen, diesen erfolgreichen Weg weiterzugehen. Deshalb gibt es allein für die Korruptionsbekämpfung fast 30 neue Planstellen. Ein effektiver Kampf gegen Korruption macht Österreich langfristig auch wirtschaftlich erfolgreicher, ganz abgesehen von der berechtigten Erwartungshaltung der Bevölkerung in Bezug auf Anstand und Sauberkeit im öffentlichen Handeln und in der Wirtschaft."

Der personelle Ausbau der WKStA einerseits, und entsprechende Schulung anderseits, seien ein ganz wichtiges Anliegen. Es hat sich gezeigt, dass insbesondere bei Behandlung von komplexen Wirtschaftsverfahren, eine fundierte juristische Ausbildung allein nicht ausreichend ist, sondern es zusätzlich einem wirtschaftlichen Know-how bedarf. Deshalb würden nun auch eigene Lehrgänge angeboten, beispielsweise einen eigenen Masterlehrgang zu Wirtschaftskriminalität und Recht an der WU Wien oder einen MBA-Lehrgang "Betriebswirtschaftslehre für die tägliche Rechtspraxis" an der Johannes Kepler Universität Linz. Bereits während der Ausbildungszeit werde es zudem die Möglichkeit geben, ein Praktikum in einem Unternehmen zu machen, um wirtschaftliche Abläufe in der Praxis besser zu verstehen. Genau um diesen Input aus der Praxis gehe es auch bei der Unterstützung der Staatsanwälten/-innen der WKStA durch Experten mit Fachwissen aus dem Finanz- und Wirtschaftsbereich.

Hinsichtlich des Straf- und Maßnahmenvollzugs hob Karl hervor, dass sie sich für einen modernen Betreuungsvollzug, basierend auf den europäischen Standards einsetze. Der Strafvollzug verfolge ein Ziel, das über die Strafe hinausgeht und Aspekte der Kriminalprävention und Sicherheit miteinbeziehe, verwies die Ministerin in diesem Zusammenhang auf zahlreiche, bauliche Strukturverbesserungen in den Justizanstalten.


 

Jarolim: Gebühren im Justizbereich dürfen Zugang zum Recht nicht behindern
Nachbesetzungen in der Staatsanwaltschaft sollen ohne politische Interventionen erfolgen
Wien (sk) - Die Einnahmen im Justizbereich müssen so gestaltet sein, dass sie keine Behinderung für den Rechtszugang der BürgerInnen darstellen, erklärt SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim im Parlament. "Es sind schon starke Verbesserung dazu erfolgt", so Jarolim, aber es brauche noch gerechtere Lösungen. Außerdem betont er die Erfolgsgeschichte der Fußfessl, sie dürfe nicht durch einzelne Problemfälle belastet werden; die Fußfessl verhelfe auch zu Budgeteinsparungen.

Die mehrfach in der Parlamentsdebatte angesprochenen Gerichtsgebühren sind auch für Jarolim ein Diskussionsthema. Auch der Justizbereich sei auf Einnahmen angewiesen, also sei hier eine "gemeinsame Arbeit an Lösungen gefragt".

Die aktuellen Diskussionen in der Öffentlichkeit zur Fußfessl sind für den SPÖ-Justizsprecher kein Grund, die faktische Erfolgsgeschichte der Fußfessl zu belasten; einzelne Problemfälle müsse man sich jedoch genauer anschauen. Jarolim verwies in diesem Zusammenhang auf die geringe Rückfallquote in Österreich, diese bedeute auch Einsparungen für das Budget.

Bei der Aufstockung der Staatsanwaltschaft sollte die Justizministerin darauf achten, dass bei den Nachbesetzungen kein Eindruck politischer Einflussnahme entstehen könne, forderte Jarolim schließlich. Es sei gut, dass die Justiz nicht zu sehr ins politische Tagesgeschäft gezogen würde; das solle auch so bleiben, so Jarolim.


 

Grosz fordert höhere Haftstrafen für Sexualstraftaten
Sexualstraftäter sollen ihre Strafen nicht per Fußfessel abbüßen dürfen
Wien (bzö) - Höhere Haftstrafen für Sexualstraftaten forderte BZÖ-Justizsprecher Abg. Gerald Grosz im Zuge der Budgetdebatte zum Kapitel Justiz. Außerdem sollten Sexualstraftäter ihre Strafen nicht per Fußfessel abbüßen dürfen.

Grosz erinnerte an den Fall eines 52-jährigen Salzburgers, der nachweisbar in den Jahren Jahr 2005/2006 eine damals 16jährige mehrmals vergewaltigt und sexuell missbraucht hat. "Eine Person, die sich an einem jungen Mädchen vergangen hat, bekommt hierzulande sechs Monate unbedingt und die heimische Justizpolitik ermöglicht es auch noch, dass ein Sexualstraftäter mit einer Fußfessel spazieren geht", kritisierte Grosz. "Dass ein Kinderschänder, ein Vergewaltiger mit einer Fußfessel sechs Monate quasi belohnt wird, das ist nicht die Justizpolitik, die wir uns vorstellen und schafft auch kein Vertrauen in die österreichische Justizpolitik."

Grosz brachte auch die jüngste Reise von Ministerin Karl nach Südamerika zur Sprache. "Wo ist der Mehrwert für die österreichische Justizpolitik?"

 

 

 

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