FH St. Pölten entwickelt Sieb für zirkulierende Krebszellen
St. Pölten (fhstp) - Wenn ein Tumor erkannt und behandelt worden ist, können einzelne Krebszellen
immer noch im Körper verbleiben und in der Blutbahn zirkulieren. Sie bilden die Basis für mögliche
Metastasen und ein Wiederauftreten des Tumors. 90 Prozent der Krebstodesfälle sind eine Folge von Metastasen
und nicht des Primärtumors. Könnte man vereinzelte Krebszellen im Blut besser nachweisen, könnte
die Therapie früher beginnen – ein entscheidender Faktor für den Erfolg. Forscher des Kompetenzfelds
Simulation der FH St. Pölten arbeiten an einem Chip, der einzelne Tumorzellen im Blut erkennen soll. Nun wurde
das Projekt mit dem Futurezone Innovation Award 2012 ausgezeichnet.
Der Chip funktioniert wie ein Miniatursieb: Einzelne im Blut zirkulierende Krebszellen werden zurückgehalten
und aus dem Blut filtriert. Durch diesen verbesserten Nachweis könnten sowohl die Krebsdiagnose als auch das
Überwachen nach einem bereits aufgetretenen und entfernten Tumor verbessert werden.
Doch das Einfangen der Krebszellen ist nicht leicht: Im Durchschnitt kommt nur eine Krebszelle auf fünf bis
zehn Millionen Blutzellen. Bestehende Verfahren zum Nachweis einzelner Krebszellen im Blut sind teuer. Die FH St.
Pölten arbeitet gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology, der Donau Universität Krems und dem
Karl Landsteiner Institut für Supportive Krebstherapie in Krems an einem Verfahren, das den Test auf einzelne
Krebszellen im Blut vereinfachen und billiger machen soll.
Flexibler Chip für mehrere Krebsarten
Basis dafür ist ein Chip aus magnetischen Nanostrukturen. Auf ihnen sitzen Antikörper, die die Krebszellen
zurückhalten. Blut, das zuvor Patienten entnommen wurde, könnte mit dem Chip untersucht werden. Das Ziel
der Struktur ist, dass Blutkörperchen hindurch gleiten können, während Krebszellen zurückgehalten
werden. Durch ein Magnetfeld kann die Struktur des Chips verändert werden, sodass er spezifisch für verschiedene
Krebsarten eingesetzt werden könnte.
"Zirkulierende Blutzellen verschiedener Tumorarten unterscheiden sich in Form und Größe und erfordern
daher jeweils individuelle räumliche Strukturen der Mikrostruktur, um eingefangen zu werden. Soll ein einzelner
Chip für mehrere Tumorarten funktionieren, muss diese Struktur variabel sein. Genau da setzt unser Projekt
an", sagt Projektleiter Univ.Doz. FH-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Thomas Schrefl vom Kompetenzfeld Simulation an der
FH St. Pölten.
Am Anfang steht die Simulation
Derzeit simulieren Schrefl und seine Mitarbeiter das Verhalten von roten Blutkörperchen und Brustkrebszellen.
„Simulation wird immer wichtiger. Das ist wie bei den Autos: Die werden mittlerweile selten einem Crash-Test unterzogen
oder in den Windkanal gestellt. Das meiste wird vorher simuliert“, sagt Schrefl.
Das Ziel im Projekt zu den Tumorzellen ist, eine kostengünstige Standardmethode für die Labordiagnose
zu entwickeln – wofür noch Investoren gesucht werden. Doch ein solcher Chip ließe sich auch in anderen
Bereichen anwenden, sagt Projektmitarbeiter Dipl.-Ing. (FH) Markus Gusenbauer: „Prinzipiell könnte man damit
auch Bakterien in flüssigen Lebensmitteln – zum Beispiel in Milch – nachweisen.“
In einer Publikums- und Jurywertung wurde der Tumorzellenfilter zur Innovation des Jahres beim Innovation Award
2012 von futurezone.at gewählt. Vergangenen Donnerstag wurde der Preis im Rahmen einer feierlichen Gala vergeben.
Projekt „Tunable microfluidic chips for isolating circulating cancer cells”
Projektpartner sind das Austrian Institute of Technology, das Zentrum für Biomedizinische Technologie der
Donau Universität Krems und das Karl Landsteiner Institut für Supportive Krebstherapie in Krems. Finanziert
wurde das Projekt von der NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. (NFB). Projektlaufzeit war Juli 2010 bis Juni
2012.
|