Mikl-Leitner präsentiert neue Anti-Drogenstrategie des Innenressorts 

 

erstellt am
13. 11. 12

Wien (bmi) - In einer Pressekonferenz präsentierte Innenministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner gemeinsam mit dem Direktor des Bundeskriminalamts General Franz Lang und dem Experten Prof. MedRat Dr. Reinhard Fous, am 13.11. die neue Anti-Drogenstrategie der Polizei: mehr Präventionsarbeit, effizientere Kontrolluntersuchungen und ein weiterer Ausbau der nationalen und internationalen Drogenbekämpfung stehen auf dem Programm.

Die Suchtmittelthematik ist eine Querschnittsmaterie, die nicht nur mehrere Ministerien und eine Vielzahl an Behörden, sondern auch private Bereiche vom Arbeitsplatz bis hin zum Familienleben betrifft. Die Rolle der Exekutive ist dabei primär der Bereich der Repression, der Strafverfolgung, sie bringt ihr Wissen zugleich auch aber bei zahlreichen präventiven Maßnahmen ein. "Leider müssen wir als Polizei aber zunehmend Mängel in der Vollziehung erkennen, die zum Teil massive Auswirkungen auf unsere Arbeit haben", so Innenministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner, die deshalb die Ausarbeitung einer umfassenden Anti-Drogenstrategie aus Sicht des Innenministeriums in Auftrag gegeben hat.

"Die steigenden Anzeigen des aktuellen Suchtmittelbericht 2011 bestätigen zwar einerseits die intensive repressive Arbeit der Polizei, denn Drogendelikte sind Kontrolldelikte, sie zeigen aber andererseits auch die Notwendigkeit auf, zukünftig neue, schnellere und effizientere Wege einzuschlagen", so die Innenministerin. Denn alarmierend ist vor allem, dass sich die Anzahl der Drogenersteinsteiger bei den 14- bis unter 18-Jährigen von 395 im Jahr 2009 auf 670 im Jahr 2011 beinahe verdoppelt hat. Oft wird gerade bei den Jugendlichen der Drogenkonsum verharmlost, was auch durch die Rechtsordnung begründet ist. So wird als Beispiel im Führerscheingesetz das Lenken eines Kraftfahrzeuges mit mehr 1,5 Promille Alkohol im Blut mit dem Entzug der Lenkerberechtigung für sechs Monate geahndet, bei festgestellter Drogenbeeinträchtigung hingegen nur bis maximal einem Monat. "Das Innenministerium wird sich hier daher verstärkt mit seinem Fachwissen einbringen."

Das Fünf-Punkte-Programm
Die Bekämpfung der Drogenkriminalität braucht einen ganzheitlichen Zugang, sowohl präventiv als auch repressiv. Das Programm des Innenressorts ist daher umfassend angelegt.

1. Effiziente Frühintervention: Gerade bei Drogenerstkonsum von Jugendlichen kann durch Information und Prävention viel erreicht werden. Obwohl die Suchtprävention eine primäre Aufgabe des Gesundheitsbereiches darstellt, scheint es erforderlich, das Fachwissen der Polizei noch besser einzuarbeiten. In ganz Österreich sind derzeit 255 Präventionsbeamtinnen und –beamten im Bereich Suchtmittel ausgebildet und im Einsatz. "Da insbesondere auf Wien ein Hauptaugenmerk gelegt wird, werden wir ab Jänner 2013 zusätzliche 44 Beamtinnen und Beamte einsetzen", so Mikl-Leitner. Weiters haben wir in den Präventionsstellen der Bundesländer einige tolle Präventionsprojekte in Schulen, wie zum Beispiel das Projekt "Clever und cool" und das Projekt "Suchtfrei.ok", die weiter forciert werden.

2. Schnellere Reaktion: Die so genannte Sekundärprävention fällt ebenso in die Zuständigkeit der Gesundheitsbehörden des Bundes, der Länder und der Gemeinden. Aus Sicht der Exekutive gibt es derzeit das Defizit, dass oftmals zu spät reagiert wird. Hier ist aus polizeilicher Sicht eine schnellere behördliche Reaktion nötig. Denn gerade bei Erstkonsumentinnen und -konsumenten muss die medizinische Beurteilung zeitnah zur Beanstandung erfolgen und von wesentlich höherer Qualität sein. Ein Zuwarten führt einerseits zu mangelnder Einsicht des Betroffenen und andererseits zu Folgeschäden durch den Konsum von Suchtgift in der Zwischenzeit. Derzeit erfolgt aufgrund der gesetzlichen Vorgabe die Verständigung der Gesundheitsbehörden durch die Polizei erst nach Abklärung des gesamten Sachverhaltes mit der Berichterstattung an die Staatsanwaltschaft. Damit vergehen oft wichtige Monate, in denen die Gesundheitsbehörden bereits tätig werden könnten. Durch eine Änderung des Paragraph 14/2 Suchtmittelgesetzes wäre eine derartige Verständigung bereits dann möglich, wenn für die Polizei "aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass jemand Suchtgifte missbraucht."

3. Effiziente Kontrolluntersuchungen: Weiters bieten die derzeit praktizierten medizinischen Untersuchungen enorme Schlupflöcher, durch die ein weiterer Drogenkonsum vertuscht werden kann. Derzeit wird zur Unterstützung bei der Befundung durch den Amtsarzt beinahe ausschließlich auf eine Harn¬untersuchung zurückgegriffen. Diese Methode ist zwar einfach zu handhaben und auch preisgünstig, hat jedoch den Nachteil, dass ein möglicher Missbrauch nur relativ kurz nachweisbar ist. Außerdem werden in der Praxis oft Umgehungs-möglichkeiten bei der Probenabgabe ausgenutzt. Eine langfristige Beurteilung ist nur durch eine Haaruntersuchung möglich. Dort wo diese nicht möglich ist, wie zum Beispiel bei fehlendem Haar, ist jedenfalls sicherzustellen, dass die Abgabe des zu untersuchenden Harns unter streng kontrollierten Verhältnissen stattfindet. Die Haaranalyse ist wesentlich genauer und aussagekräftiger als Harnuntersuchungen und ermöglicht eine lückenlose Beobachtung des Drogenkonsums des Probanden über einen längeren Zeitraum. Das Bundesministerium für Inneres wird daher ein Pilotprojekt in einer Gesundheitsbehörde starten und mit Unterstützung eines polizeilichen Amtsarztes Erfahrungswerte sammeln.

4. Weg von Drogenersatzstoffen: Schon mitten in der Drogenkarriere werden die Betroffenen dann meist großzügig mit Drogenersatzstoffen versorgt, die wiederum neue Probleme hervorrufen. Oberstes Ziel muss es daher sein: weg von der Substitutionsbehandlung und hin zu einer viel früher greifenden Therapie, wie zum Beispiel begleitende psychosoziale Maßnahmen. Studien belegen, dass lediglich fünf von hundert der Substitutionspatientinnen und –patienten der Drogenausstieg tatsächlich gelingt. Derzeit werden in Österreich rund 16.782 Personen substituiert. Darüber hinaus ist der Missbrauch der Substitutionspräparate, zum Beispiel durch Weiterverkauf, sehr groß.

5. Verstärkte Überwachung: Um das Drogenangebot in Österreich weiter entscheidend zu reduzieren, wird die Polizei einerseits den Kontrolldruck auf der Straße weiter verstärken. In Wien wurden daher bereits von 4. bis 11. November 2012 Schwerpunktaktionen durchgeführt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: 91 Festnahmen, 89 Anzeigen, Sicherstellung von 6.300 Euro Bargeld, von 13 Gramm Kokain, 20 Gramm Heroin, 120 Gramm Cannabis, 370 Stück verschiedenster Tabletten (EXTS, Amphetamine, etc.) und einer Hanfplantage in einer Privatwohnung. Andererseits wird sich das Bundeskriminalamt noch mehr auf die Verfolgung der international operierenden Drogenkartelle konzentrieren und die Transitroute Österreich überwachen. Denn Österreich nimmt – geprägt durch die geografische Lage an der "Balkan Route" – eine strategisch wichtige Position im Drogenschmuggel ein. Die österreichische Polizei wird daher vor allem ihre grenzübergreifenden Operationen am Balkan forcieren. Das Bundeskriminalamt hat bereits 2009 bis 2012 die Federführung an dem Projekt "Drug Policing Balkan" übernommen. Das Folgeprojekt 2013 bis 2015 wurde schon bei der Europäischen Kommission beantragt.

 

 

 

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