Edelstahl könnte in Zukunft Daten speichern
Heidelberg (idw) - Röntgenstrahlen in einer Box ‚auf Eis zu legen‘ und später nach Belieben
wieder freizusetzen, klingt nach Science Fiction. Neue Rechnungen zeigen jedoch, dass mithilfe eines Magnetfelds
einzelne Röntgenquanten eingefangen und ohne Qualitätsverlust wiedergewonnen werden können. Außerdem
ist es möglich, das gespeicherte Röntgenquant zu manipulieren, insbesondere seine Phase kontrolliert
zu ändern. Die Rolle der Box übernehmen dabei Eisenkerne. Sie nehmen die Energie des Röntgenquants
auf und speichern sie als angeregter Zustand. Entscheidend ist, dass sich Röntgenstrahlen extrem scharf, im
Prinzip auf die Größe eines Atoms, fokussieren lassen.
Quantencomputer der Zukunft sollen statt mit Elektronen (Elektronik) mit Licht (Photonik) als dem schnellstmöglichen
Informationsträger arbeiten. Bisherige Experimente verwenden dafür Infrarot- oder sichtbares Licht. Kürzere
Wellenlängen wie bei UV-Licht und insbesondere Röntgenstrahlen würden eine weitere Miniaturisierung
der Schaltungen ermöglichen. Geeignete Röntgenstrahlen-Quellen und auch optische Elemente stehen mittlerweile
zur Verfügung.
Eine Speicherung von Röntgenphotonen unter Erhalt ihrer quantenmechanischen Eigenschaften ließ sich
jedoch noch nicht realisieren. Hierfür bieten sich Atomkerne mit niedrig liegenden angeregten Zuständen
wie Eisen-57 an. Wie das kontrolliert geschehen könnte, hat nun Wen-Te Liao vom MPI für Kernphysik in
Heidelberg im Rahmen seiner Promotion berechnet.
In dem Szenario befindet sich ein Edelstahlplättchen in einem Magnetfeld, das die Energieniveaus der Eisen-57-Kerne
aufspaltet. Senkrecht zur Richtung des Magnetfelds wird polarisiertes kohärentes Röntgenlicht eingestrahlt,
dessen Intensität so eingestellt ist, dass in der Probe pro Puls nur 1 Photon absorbiert, also 1 Kern angeregt
wird. Abschalten des Magnetfelds kurz nach dem Röntgenpuls blockiert den ‚Rückweg‘: die Anregung einschließlich
aller quantenmechanischen Eigenschaften des Photons wie Polarisation und Phase wird quasi eingefroren, also die
Information gespeichert. Wiedereinschalten des Magnetfelds zu einem späteren Zeitpunkt setzt das Photon mit
seinen ursprünglichen Eigenschaften wieder frei – die Information wird ausgelesen. So sollten Speicherzeiten
von rund 100 Nanosekunden möglich sein.
Wird die Richtung des Magnetfelds beim Wiedereinschalten umgekehrt, ist die Phase des freigesetzten Photons um
einen halben Schwingungszyklus verschoben. Diese Phasenverschiebung kann mithilfe eines zweiten Edelstahlplättchens
gemessen werden und ließe sich zum gezielten Auslesen von Photonen mit bestimmter Phase nutzen. „Unsere Rechnungen
weisen einen Weg zur Photonik mit Röntgenstrahlen und den dichtesten Datenspeichern überhaupt“, resümiert
Gruppenleiterin Adriana Pálffy.
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