Positive Entwicklung in den letzten beiden Jahren: Agrareinkommen wachsen 2010 und 2011 um
rund ein Drittel auf 2,6 Milliarden Euro
Wien (unicredit) - Die österreichische Landwirtschaft hat zwei sehr erfolgreiche Jahre hinter
sich: Die Agrareinkommen in Österreich sind im Jahr 2010 und 2011 um fast ein Drittel auf insgesamt
2,6 Milliarden Euro gestiegen. Vor allem im letzten Jahr erhöhte sich die Produktion stark, ebenso kletterten
die Erzeugerpreise in vielen Segmenten nach oben und konnten damit auch die hohen Vorleistungskosten und die Einbußen
bei den Agrarsubventionen ausgleichen. Diese positive Entwicklung wird sich im laufenden Jahr jedoch wieder etwas
eintrüben denn 2012 werden die Einkommen trotz weiter steigender Erzeugerpreise wieder sinken. Wie der aktuelle
Branchenbericht der Bank Austria Ökonomen zur Landwirtschaft zeigt, dämpfen stark rückläufige
Erntemengen die Ergebnisse im laufenden Jahr.
„Das sehr gute Ergebnis des Vorjahres war Folge von hohen Produktions- und sehr hohen Preissteigerungen. In diesem
Jahr sind jedoch Einkommenseinbußen zu erwarten, denn auch die höheren Erzeugerpreise werden die teilweise
stark rückläufigen Erntemengen nicht kompensieren können“, analysiert Bank Austria Ökonom Günter
Wolf die Agrarkonjunktur. Laut den Ergebnissen der aktuellen Ernteerhebung wurden 2012 bisher bereits 12 Prozent
weniger Gemüse und rund 20 Prozent weniger Getreide erzeugt. Bei Schweine- und Rindfleisch können die
leichten Produktionsrückgänge mit höheren Preisen ausgeglichen werden: Bis August legten die Preise
für Schlachtschweine um durchschnittlich 10 Prozent zu, für Schlachtrinder um 16 Prozent. Damit werden
die Rindfleischpreise im Jahresdurchschnitt 2012 erstmals wieder über dem Niveau vor dem EU-Beitritt liegen.
Auch die Milchwirtschaft muss in diesem Jahr mit leichten Einnahmeneinbußen rechnen. Wolf hierzu: „Nach einem
sehr guten Milchjahr 2011 sind die Milchpreise von April bis September um rund 13 Prozent gefallen, wobei vor allem
die schwächere Nachfrage nach höher verarbeiteten Milchprodukten bremst. Seit August sind auch die an
die Molkereien gelieferten Milchmengen zurückgegangen. Langfristig wächst der Milchkonsum in Österreich
jedoch aufgrund der steigenden Anzahl an Konsumenten – daher sind Absatzprobleme nicht zu erwarten.“
Die hohen Produktpreise der letzten zwei Jahre zeigen, dass die heimische Landwirtschaft indirekt von deutlich
gestiegenen Weltmarktpreisen profitiert. Dennoch liegen die Erzeugerpreise in wichtigen Segmenten noch immer unter
dem Niveau Mitte der 90er Jahre. Beispielsweise wurden für Schlachtschweine im Durchschnitt der ersten neun
Monate 2012 um 5 Prozent weniger als 1994 bezahlt, Weizen ist je nach Qualität zumindest um 25 Prozent billiger.
Einkommen steigen, Subventionen sinken
Rund zwei Drittel der landwirtschaftlichen Einkommen in Österreich werden aus Subventionen gespeist. Diese
dienen nicht nur der Versorgungssicherheit der Bevölkerung und der Agrarmarktstabilisierung entsprechend
dem EU-Gründungsvertrag. Letztendlich sind sie auch Entgelt für die nicht über den Markt regulierten
Leistungen des Sektors wie den Erhalt ländlicher Strukturen oder die Bereitstellung regionalspezifischer Lebensmittel.
Von den 1,6 Milliarden Euro, die im Vorjahr an die Landwirtschaft in Form von Subventionen ausgeschüttet worden
sind, stammt der Hauptteil von 1,3 Milliarden Euro aus EU-Töpfen – dies entspricht 2,3 Prozent des EU-Agrarbudgets.
Bank Austria Ökonom Günter Wolf: „Österreichs Bauern profitieren aufgrund der schwierigen strukturellen
Bedingungen deutlich vom EU-Agrarregime. Der Sektor erhält im Vergleich zu seinem Anteil an der EU-Agrarproduktion
von 1,9 Prozent einen überdurchschnittlich hohen Anteil am Agrarbudget. Auch die geplanten Änderungen
der gemeinsamen Agrarpolitik in der nächsten Budgetperiode 2014 bis 2020 werden das System nicht grundsätzlich
verändern: Zwar wird der Subventionsanteil am Agrareinkommen weiter sinken, die Verluste werden aber moderat
bleiben, da das EU-Agrarbudget voraussichtlich nominell wenig gekürzt wird.“ Damit muss Österreichs Landwirtschaft
voraussichtlich nur geringe Fördereinbußen befürchten. Die hohen Einkommenszuwächse in den
letzten beiden Jahren von 17 Prozent 2010 und 15 Prozent 2011 waren dennoch subventionsunabhängig. Die Förderanteile
an den Agrareinkommen sind schon seit Jahren rückläufig. In den letzten zehn Jahren ist der Subventionsanteil
von durchschnittlich 75 Prozent auf 62 Prozent gesunken. Auch die ausbezahlten Beträge sind in den letzten
fünf Jahren zurückgegangen.
Österreichs Nahrungsmittel punkten mit Regionalität und Frische
„Die Perspektiven der heimischen Landwirtschaft sind erfreulich. Die Nahrungsmittelnachfrage wächst langsam
aber stabil: Kurzfristig weil der Regional- und Frischefaktor ein zentrales Motiv für die Kaufentscheidung
bei frischen Lebensmitteln ist – deutlich vor dem Preis. Und langfristig aufgrund der kontinuierlich wachsenden
Zahl der Konsumentinnen und Konsumenten“, so Wolf über die positiven Zukunftsaussichten der österreichischen
Landwirtschaft. Kurz zusammengefasst: Österreichs Konsumentinnen und Konsumenten kaufen österreichische
Waren. Die nachgefragte Regionalität und Frische der Lebensmittel ist auch ein Grund, weshalb der Selbstversorgungsgrad
mit heimischen Produkten bei Fleisch, Milchprodukten und Gemüse seit Jahren gleichbleibend zunimmt. Auch die
langfristige Nachfrage nach „Made in Austria“ ist mit der steigenden Zahl der Konsumenten abgesichert. In den nächsten
zwanzig Jahren soll diese in Österreich um 600.000 auf mehr als 9 Millionen Menschen zunehmen.
Seit dem Höchststand 1997 ist Österreichs Handelsdefizit mit Nahrungsmitteln um rund 200 Millionen Euro
auf 1 Milliarde Euro 2011 gesunken. In Summe wurden im Vorjahr Lebensmittel aus Österreich im Wert von 6,4
Milliarden Euro exportiert und um 7,4 Milliarden Euro importiert. Branchenanalyst Wolf über die Konkurrenzfähigkeit
österreichischer Lebensmittel: „Letztendlich ist die Gefahr gering, dass die heimische Landwirtschaft in Zukunft
Marktanteile an ausländische Konkurrenten in stärkerem Ausmaß verliert. Auch wenn die Nahrungsmittelbilanz
2012 wieder etwas weiter ins Minus rutschen wird, bleiben heimische Nahrungsmittel unverändert konkurrenzfähig.
In den letzten zehn Jahren hat sich die Außenhandelsbilanz mit Nahrungsmittel nur in den drei Warengruppen
Fische und Krebstiere, Obst und Gemüse sowie mit Kaffee und Gewürzen verschlechtert.“ Wettbewerbsrelevant
für die heimischen Erzeuger sind allerdings nur Obst und Gemüse und die daraus verarbeiteten Produkte,
da Fisch, Kaffee, Tee und Gewürze überwiegend importiert werden. Wie aber der seit Jahren wachsende Selbstversorgungsgrad
in dieser Warengruppe zeigt, kann auch bei Obst und Gemüse von keiner nennenswerten Konkurrenzverschärfung
gesprochen werden.
Nachfrage nach biologischen Lebensmitteln wächst weiterhin
Mit einem Anteil von rund 16 Prozent an biologisch wirtschaftenden Landwirtschaftsbetrieben, zählt Österreich
bereits zu den relativ größten Bio-Ländern sowohl in Europa als auch weltweit. Angesichts des wachsenden
Drucks auf die Agrarbudgets und damit auch auf die Agrareinkommen bietet die Umstellung auf biologische Produktion
noch immer eine langfristig Erfolg versprechende Alternative. Die Nachfrage nach biologisch erzeugten Nahrungsmitteln
ist in den vergangenen Jahren jedenfalls kräftig gewachsen; im Vorjahr stiegen die Umsätze mit Bioprodukten
um 8 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Österreichs Konsumentinnen und Konsumenten geben pro Kopf im Jahr rund
118 Euro für Bioprodukte aus und liegen damit in Europa an vierter Stelle hinter der Schweiz, Dänemark
und Luxemburg. „Gemessen an den gesamten Nahrungsmittelausgaben österreichischer Haushalte von insgesamt 14
Milliarden Euro sind die Ausgaben für Bioprodukte noch relativ gering und werden weiter zunehmen. Wir gehen
davon aus, dass auch der Markt für Bio-Frischwaren – der im Lebensmitteleinzelhandel in den letzten Jahren
bei rund 300 Millionen Euro an eine Wachstumsgrenze gestoßen ist – wieder wächst. Dafür muss allerdings
das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten in die Produktqualität gestärkt werden“, so Wolf abschließend.
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