Wien (oenb) - In seiner Eröffnungsansprache anlässlich der diesjährigen, von der Suomen
Pankki – Finlands Bank und der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) gemeinsam organisierten Conference on European
Economic Integration (CEEI) zum Thema „Achieving balanced growth in the CESEE countries“ betonte OeNB-Gouverneur
Ewald Nowotny die Notwendigkeit nachhaltigen Wachstums in Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE). Fünf
Jahre Krise hätten gezeigt, dass die Ursache vieler wirtschaftlicher Schwierigkeiten strukturelle Probleme
der wirtschaftlichen und politischen Institutionen sind. „Die wichtigste Lehre aus der Krise der Jahre 2008 und
2009 besteht in der Erkenntnis, dass das auf Fremdkapitalzuflüssen beruhende Wachstumsmodell auf lange Sicht
nicht nachhaltig ist,“ erklärte Nowotny. Effektive Maßnahmen hätten daher nun oberste Priorität.
Die in vielen CESEE-Ländern verzeichneten Boom-Bust-Zyklen zogen beträchtliche ökonomische Kosten
nach sich, die sich dämpfend auf das langfristige Wachstumspotenzial auswirkten. Mit Blick auf nachhaltiges
Wachstum sind starke Konjunkturschwankungen zu vermeiden. In den Boomjahren waren in CESEE parallel zu den hohen
Wachstumsraten erhebliche Schwachstellen entstanden, wodurch sich der massive Produktionsrückgang 2008 und
2009 noch verschärfte. In einer ausgeprägten Krisensituation hat sich somit das zugrunde liegende, kapitalzuflussbasierte
Wachstumsmodell als unzulänglich erwiesen. Allerdings war vor Ausbruch der Krise nur schwer abschätzbar,
ob diese Entwicklungen tatsächlich eine Bedrohung für das langfristige Wachstum darstellen würden
oder lediglich ein Nebenprodukt des raschen Aufholprozesses waren.
Nowotny ging außerdem auf die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Konvergenzprozess in CESEE ein. Das
Wachstumsdifferential zwischen der CESEE-Region und dem Euroraum ist von 3 bis 4 Prozentpunkten auf weniger als
2 Prozentpunkte gesunken. Falls dies anhält, würde es mehr als fünfzig Jahre dauern, bis der CESEE-Raum
das Einkommensniveau des Euroraums erreicht. Eine Verlangsamung des Aufholprozesses stellt die CESEE-Länder
angesichts ihrer noch bevorstehenden wirtschaftlichen und institutionellen Reformen sowie ihrer weiteren wirtschaftlichen
Integration vor ernsthafte Herausforderungen. Für Westeuropa wiederum muss der kontinuierliche Abbau regionaler
Unterschiede innerhalb Europas schon deshalb von Interesse sein, weil dies das Wachstum auf lange Sicht beflügeln
würde.
Abschließend stellte Nowotny fest, dass ein neues Wachstumsmodell gefragt sei, da das bisherige, hauptsächlich
auf Exportwachstum und Kapitalzuflüsse ausgerichtete Modell ausgedient habe. Außerdem sollte in den
kommenden Jahren aufmerksam beobachtet werden, ob die Restrukturierungsprogramme in den CESEE-Ländern erfolgreich
sind.
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