Forschungsausschuss kommt zu unterschiedlicher Beurteilung
Wien (pk) - Mit einer Steigerung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung um 4,2% erreichte
Österreich 2012 eine F&E-Quote von 2,8% und liegt damit an fünfter Stelle der EU-27. Diese Kernaussagen
liegen dem Österreichischen Forschungs- und Technologiebericht 2012 zugrunde, der am 22.11. zentraler Punkt
der Sitzung des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie war und von den Abgeordneten einstimmig
zur Kenntnis genommen wurde. Bundesminister Karlheinz Töchterle sah Österreich im Bereich F&E auf
der Überholspur, seine Regierungskollegin Doris Bures wertete die Eckdaten des Berichts als Bestätigung
der Richtigkeit der Schwerpunktsetzungen. Die VertreterInnen von FPÖ, BZÖ und Grünen sprachen hingegen
von Mittelmaß und forderten weitere Anstrengungen seitens der Bundesregierung. Hannes Androsch und Peter
Skalicky, die dem Ausschuss als Auskunftspersonen beigezogen wurden, meinten, die heimische Forschung stehe insgesamt
gut da, es bestehe aber noch Handlungsbedarf, um die Ziele der Forschungsstrategie zu erreichen.
Androsch: Wir können uns keine Mittelmäßigkeit leisten
Hannes Androsch stellte im Einzelnen unter Hinweis auf die Zahlen des Berichts fest, Österreich sei im Forschungsbereich
gut positioniert, dürfe sich aber nicht mit Durchschnittlichkeit begnügen. Wir sind nicht reich genug,
um uns Mittelmäßigkeit leisten zu können, formulierte er. Österreich könne nicht alles
machen, das, was in seinen Möglichkeiten liegt, sollte es aber bestens machen. Klar war für Androsch,
dass Österreich in einem zu großen Maß von der Aussaat vergangener Jahre lebe und nunmehr eine
gewisse Stagnation verzeichne. Er beklagte insbesondere einen Rückgang bei der Dotierung der Nationalstiftung
und warnte, wenn es nicht gelinge, die Mittel angemessen zu steigern, dann werde man die ehrgeizigen Ziele der
Forschungsstrategie nicht erreichen können. Auch sollten seiner Meinung nach die Möglichkeiten, Drittmittel
zu generieren und zu nützen, durch entsprechende Rahmenbedingungen verbessert werden. Handlungsbedarf sah
er auch bei der Attraktivierung Österreichs als Standort für junge ForscherInnen.
Skalicky: Forschungsinfrastruktur hat zentrale Bedeutung
Peter Skalicky wies auf die zentrale Bedeutung der Forschungsinfrastruktur hin und betonte, es sei vor allem wichtig,
Forschungseinrichtungen zu schaffen, die mit einer geeigneten Infrastruktur ausgestattet sind, sich gut positionieren
und die zur Verfügung gestellten EU- und nationalen Forschungsmittel sinnvoll absorbieren können. Die
Situation der heimischen Forschung sei nicht wirklich schlecht, um die geplanten 3,76 % F&E-Quote zu erreichen,
müssten aber rasch Anstrengungen unternommen werden, gab er zu bedenken. Die Stärken ortete Skalicky
vor allem in der großen Internationalität der heimischen Forschung sowie in der Zusammenarbeit von Forschung
und Universitäten. Als Schwäche bezeichnete er den Umstand, dass Wissenschaft und Wissenschaftsvermittlung
einen zu geringen Stellenwert haben. Österreich sei nicht "science-minded", sagte er und sah insbesondere
eine Bringschuld der Schulen und Universitäten, diese Haltung zu ändern.
Bures: Österreich hat bei Innovationskraft massiv zugelegt
Bundesministerin Doris Bures bewertete die Aussagen des Berichts grundsätzlich als positiv und betonte, Österreich
habe in der Innovationskraft in den letzten zehn Jahren massiv zugelegt, die F&E-Ausgaben seien in diesem Zeitraum
um 60 % gestiegen, die Zahl der im F&E-Bereich Beschäftigten habe um 45 % zugenommen, heute gebe es um
50 % mehr Unternehmen, die Forschung und Entwicklung betreiben, als noch vor 10 Jahren. Dies zeige, dass die richtigen
Schwerpunkte gesetzt wurden, folgerte Bures. Wichtig war es für sie nun, das Interesse für MINT-Fächer
zu stärken. So seien bereits in diesem Jahr 1600 diesbezügliche Praktikumsplätze vergeben worden,
im nächsten Jahr werde es zu einer weiteren Aufstockung um 100 Plätze kommen, teilte die Ministerin mit
und kündigte eine Schwerpunktsetzung in Richtung Elektromobilität an. Mit Nachdruck hob Bures überdies
den Zusammenhang zwischen Forschung und Entwicklung auf der einen und Wachstum und Beschäftigung auf der anderen
Seite hervor und sprach von der Notwendigkeit, Unternehmen gezielt zu fördern, um den Weg von der Innovation
in den Markt zu erleichtern.
Töchterle: Österreich bei Forschung und Entwicklung auf Überholspur
Bundesminister Karlheinz Töchterle begrüßte ebenfalls die Entwicklung im Forschungsbereich
und meinte, Österreich befinde sich bei Forschung und Entwicklung auf der Überholspur, bei allen Messzahlen
seien Steigerungen erzielt worden. So habe die Attraktivität der österreichischen Universitäten
als Forschungsstandort zugenommen, das heimische Universitätssystem liege, was die Internationalität
betrifft, in einem aktuellen Ranking weltweit an erster Stelle. Erfreut zeigte sich der Minister insbesondere auch
über den starken Anstieg von Publikationen mit ausländischer Forschungsbeteiligung und über die
Steigerungsraten bei der Teilnahme an internationalen Forschungsprogrammen. Verbesserungsbedarf sah der Minister
bei der Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft, auch gelte es seiner Meinung nach, die Zahl der AbsolventInnen
im MINT-Bereich zu erhöhen und die Forschungsmittel noch weiter anzuheben. Insgesamt hielt er den Optimismus
aber für berechtigt, dass man die Ziele der Forschungsstrategie erreichen werden können.
Unterschiedliche Einschätzungen
In der Debatte regten die Abgeordneten Kurt Gartlehner und Sonja Steßl-Mühlbacher (beide S) eine Verbesserung
der Rahmenbedingungen an, um den Universitäten eine wirksamere Nutzung von Drittmitteln zu ermöglichen.
Was die Forschungsausgaben betrifft, nahm Steßl-Mühlbacher auch den privaten Sektor in die Pflicht und
gab zu bedenken, nur mit Ausgaben der öffentlichen Hand werde man eine Forschungsquote von 3 % nicht erreichen
können. Die Abgeordneten Karin Hakl und Anna Franz (beide V) thematisierten die Indizes für die diversen
Rankings hinsichtlich Innovation und äußerten Zweifel an deren Aussagekraft.
Abgeordneter Christian Höbart (F) stellte die Frage in den Raum, ob Durchschnittlichkeit im Forschungsbereich
ausreicht, und betonte, Österreich müsse in den Kreis der Innovation-Leaders aufsteigen. Handlungsbedarf
ortete er insbesondere bei der Bereitstellung von Risikokapital für innovative Unternehmen.
Abgeordneter Kurt Grünewald (G) vermisste konkrete Finanzierungsvorschläge und meinte, mit bloßen
Absichtserklärungen der Regierung werde man die Forschungsziele sicher nicht erreichen. Es brauche vor allem
eine höhere Dotierung für den FFW, auch müsste eine konkurrenzfähige Infrastruktur für
die Forschung geschaffen werden. Grünewald beklagte zudem die Lage von jungen ForscherInnen in Österreich
und forderte bessere Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Abgeordneter Rainer Widmann (B) zeigte sich skeptisch über die Aussichten, die geplanten 3 % F&E-Quote
bis 2013 zu erreichen. Dringend notwendig ist es seiner Einschätzung nach, auf die bestehenden Schwächen
im tertiären Bildungsbereich und beim Risikokapital für Unternehmen entsprechend zu reagieren. Für
Widmann ging es darüber hinaus auch darum, eine sichere gesetzliche Basis für die Grundlagenforschung
zu schaffen und den Fachhochschulsektor weiter auszubauen. Klar war für den Wissenschaftssprecher des BZÖ
insgesamt, dass F&E-Mittel vom Wirtschaftswachstum entkoppelt und antizyklisch eingesetzt werden müssen.
|