Bericht der Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft für 2011 im Wiener Landtag
Wien (rk) - Die unabhängige Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft (WPPA) zieht
Bilanz über ihre Tätigkeit im Jahr 2011. Der Landtag befasste sich am 22.11. mit dem Tätigkeitsbericht.
Die Inanspruchnahme der WPPA ist von 2010 auf 2011 um fast zehn Prozent angestiegen. Für die Wiener Pflege-
und PatientInnenanwältin Sigrid Pilz zeigt sich in diesen Anstieg, die starke Akzeptanz und das große
Vertrauen, das die WPPA in der Wiener Bevölkerung genießt.
Die WPPA bietet Information und Rechtsberatung in allen das Wiener Gesundheitswesen einschließlich des Pflegebereichs
betreffenden Fragen. Einen besonderen Schwerpunkt der Arbeit der WPPA stellt die rechtliche Information und Prüfung
von Schadenersatz- bzw. Gewährleistungsansprüchen bei behaupteten Behandlungsfehlern dar.
Im Berichtsjahr 2011 gab es insgesamt 12.174 Kontakte, davon 1.791 schriftliche Eingaben, 1.513 persönliche
Vorsprachen und 8.870 telefonische Anfragen. 2.914 Anliegen wurden aktenmäßig erfasst und einer schriftlichen
Überprüfung unterzogen.
Entschädigungen
Insgesamt konnten im vergangenen Jahr in 416 Fällen Entschädigungen von Versicherungen, dem Wiener
Krankenanstaltenverbund, dem Wiener Patientenentschädigungsfonds und dem Wiener Härtefonds erwirkt werden.
Insgesamt wurden 2011 Entschädigungen mit einer Gesamtsumme von 3,433.343,43 Euro an die Wiener PatientInnen
ausbezahlt.
Patientenverfügung
Im Jahr 2011 wurden bei der WPPA 317 verbindliche, davon 53 erneuerte und 29 qualifiziert beachtliche Patientenverfügungen
errichtet. Die WPPA informiert über die rechtlichen Möglichkeiten der Patientenverfügung und der
Vorsorgevollmacht durch umfangreiches Informationsmaterial und im Rahmen von Vorträgen.
Qualitätsmanagement
Die im Bericht auszugsweise geschilderten Fälle zeigen auf, dass durch ein sich laufend weiter entwickelndes
Qualitätsmanagement, auf der Basis einer strukturell und organisatorisch verankerten Qualitätssicherung
und einer konsequenten Qualitätskontrolle notwendig ist, um in Zukunft Schäden für PatientInnen
zu verhindern.
Treten Schäden auf, sieht die Rechtsordnung das Instrument des Schadenersatzes vor. Es ist erklärtes
Ziel der WPPA, mit den von der PatientInnenanwaltschaft durchgeführten Prüfverfahren den Institutionen
im niedergelassenen und stationären Bereich und dem Gesundheitspersonal darüber hinaus Anregungen zur
Weiterentwicklung ihres Qualitätsmanagements zu geben und damit zu einer qualitativen Verbesserung des Gesundheitssystems
beizutragen.
Forderungen der WPPA
Ausweitung des PatientInnenentschädigungsfonds
Der Forderung aller PatientInnenanwaltschaften bzw. PatientInnenvertretungen Österreichs, das seit 2001 bestehende
Modell des Patientenentschädigungsfonds auch auf den niedergelassenen Bereich, auf nicht gemeinnützige
Privatkrankenanstalten, auf Pflegeheime und auf Kuranstalten auszuweiten, wurde noch immer nicht entsprochen. PatientInnen,
die eine seltene und schwerwiegende Komplikation erleiden, deren Behandlung jedoch in einer dieser Einrichtungen
erfolgt, können daher weiterhin keine Entschädigung aus Mitteln des Patientenentschädigungsfonds
erhalten. Die Gesundheitsreform hat das zentrale Ziel, dass PatientInnen dort behandelt werden, wo es medizinisch-pflegerisch
optimal und ökonomisch sinnvoll ist. Das bedeutet, dass viele Behandlungen, die derzeit im stationären
Bereich stattfinden, in Zukunft in niedergelassenen Praxen bzw. Versorgungszentren erbracht werden. Es ist daher
notwendig, den PatientenInnenentschädigungsfonds zukunftsfähig zu machen und auf diese noch nicht eingeschlossenen
Bereiche des Gesundheitswesens auszudehnen.
Verbesserung der außergerichtlichen Vergleichsmöglichkeiten im niedergelassenen/privaten Bereich
Mit der 14. Ärztegesetznovelle, BGBl. I Nr. 61/2010, wurde mit Paragraf 52d eine Regelung in das Ärztegesetz
1998 aufgenommen, die für freiberuflich tätige ÄrztInnen den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung
verpflichtend vorsieht. Eine analoge Bestimmung findet sich auch im Zahnärztegesetz. Diese Novelle schien
für die WPPA die Möglichkeit zu eröffnen, dass sich die WPPA über die Ärztekammer direkt
an die jeweilige Versicherung wenden kann, wenn die betroffene Ärztin/der betroffene Arzt nicht kooperiert.
Die Österreichische Ärztekammer teilte der WPPA allerdings mit, dass sie gemäß Ärztegesetz
und auch aus Gründen des Datenschutzes nicht berechtigt sei, Auskünfte zu Versicherungsverhältnissen
der ÄrztInnen zu geben. Aus diesem Grund hat die Österreichische Ärztekammer das Bundesministerium
für Gesundheit aufgefordert, eine Änderung in die nächste Ärztegesetz-Novelle aufzunehmen,
damit sie in begründeten Fällen, den Namen des Versicherungsunternehmens dem Anfragenden bekanntgeben
darf. Diese Initiative wird von Seiten der WPPA sehr begrüßt.
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