Ausstellung in der Hilger modern/contemporary bis 20. Dezember 2012
Wien (hilger) - Wenn Asgar/Gabriel die Anarchie der Kunst intendieren, so wird daraus unversehens
ein polymorphes Panorama, in dem sich Figuren und Inhalte, Attribute und Farbnebel, Textmessages und filmgleiche
Szenenausschnitte zu einer dramatischen Weltverschiebung zusammengefunden haben. Es ist gewissermaßen die
Synthetisierung des traditionellen "Ereignisbildes", die in diesen Panoramen stattfindet. Galt es ab
der Renaissance als Errungenschaft, ein bestimmtes Ereignis im Kunstwerk unter Berücksichtigung der Einheit
von Zeit, Ort und Handlung wiederzugeben und damit das Zusammenfallen von historischer und gegenwärtiger Zeit,
von gedachtem und gesehenem Ort, von Ablauf und Kulminationspunkt einer einzigen Handlung präzise zu umreißen,
so geht es in den ausgebreiteten Bildpanoramen von Asgar/Gabriel um die Synthese von vielen Zeiten, verschiedenen
Orten und mehreren Handlungen.
In diesem weiten Feld der Ambiguität, der Hybridisierung von Paradies und Panoptikum, von Kaleidoskop und
Kalamität - liegt die Bedeutung, die neue Malerei heute haben kann und die mit den Szenarien von Asgar/Gabriel
auf schrille, extrovertierte Weise an den Betrachter herandrängen: laut, präsent, direkt, schockierend.
Erst in der Zusammenschau wird deutlich, dass es nicht um Welterklärungen und pseudo-engagierte Malerei geht,
sondern um Sinnbilder einer Kultur, in der alles zur Bühne wird und Theater nicht nur eine allumfassende Inszenierung,
sondern fundamentale Existenzgrundlage ist.
(Textauszug "Polytrophe Panoramen" von Margit Zuckriegl)
Asgar/Gabriel stellen ein Palimpsest der Repräsentation her, deren Schichtencharakter ein komplexes Bezugsnetz
aufspannt. Divergente Zeichenkategorien von Symbol, Index, Ikon erscheinen mittels Trompe l'Oeil in ihrem Verweischarakter
homogenisiert, perfektionierte Simulationseffekte bringen sie auf den gemeinsamen Nenner des Mimetischen. Das Vortäuschen
semiotischer Differenz bringt den perspektivischen/ideologischen Raum buchstäblich und metaphorisch zum Wanken.
Körper gehen in die Illusion von an der Leinwand herabrinnender Farbe über oder lösen sich im gesprayt
erscheinenden neonfarbenen Sfumatoschleier auf. Farbmaterie rinnt in die Schnittstellen des Montageakts, stellt
Einheit her und diesen Effekt gleichzeitig aus.
Die Bilderfindungen des Künstlerduos forcieren eine Dialektik, die normative Differenz durch ästhetische
Angleichung hochschaukelt und dabei ihr Gefälle aufhebt: High und Low, E und U, Avantgarde und Kitsch, Maskulinität
und Femininität, Information und Originalität. Es geht nicht darum die eigene Umwelt abzubilden, sondern
um Détournement des Vor/Bildes, darum das Bildmedium selbst als utopische Entität anzuerkennen, dessen
Ikonizität sich arbiträr zur Verknüpfbarkeit mit sozialer Realität und Ideologie verhält,
weil sie immer wieder neu ausgefüllt respektive vereinnahmt werden kann, sich aber innerhalb eines ideologisch
besetzten Rahmens manifestiert, der immer das Artifizielle, d.h. bei Asgar/Gabriel das Gemalte begrenzt, das es
zu besetzen gilt. (Textauszug "Ariadne mise-en-abyme. Über rhetorische Figuren und gemalte Zustände
von Asgar/Gabriel" von Synne Genzmer)
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