EU-Regionalkommissar Johannes Hahn, der Autor Robert Menasse und Ulrike Guérot vom paneuropäischen
Think-Tank European Council of Foreign Relations bei der Diskussion
Brüssel/Wien (rk) - Am 21.11. fand in Brüssel eine Diskussion mit dem österreichischen
Autor Robert Menasse, EU-Regionalkommissar Johannes Hahn und Ulrike Guérot von der European Council of Foreign
Relations statt. Die Veranstaltung wurde vom Verbindungsbüro der Stadt Wien, dem Österreichischen Kulturforum
in Belgien, dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur sowie der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen
gemeinsam ausgerichtet. Leiter der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen, Rainer Steffens, und die Leiterin des
Wien-Hauses, Michaela Kauer, konnten rund 300 Gäste begrüßen. Grund für den großen Andrang
in die Brüsseler Räumlichkeiten von Nordrhein-Westfalen war die Einladung zur Diskussion über Robert
Menasses Erfolgsessay "Der Europäische Landbote", in dem der Autor eine Vision entwickelt, wie sich
die Europäische Union in demokratischer Hinsicht weiterentwickeln kann. Die streitbare Lektüre skizziert
eine Entwicklung weg von einer Ansammlung von Nationalstaaten hin zu einer modernen, demokratischen, europäischen
Republik.
Das Podium für die Diskussion war hochrangig besetzt
- Robert Menasse, Autor
- Johannes Hahn, Kommissar für Regionalpolitik
- Ulrike Guérot, European Council of Foreign Relations, Berlin
- Moderation: Christian F. Trippe, Leiter des Studios Brüssel der Deutschen
Welle
Als Einführung in die Debatte erläuterte der Autor die wesentlichen Fragen, die sich die Politik aus
seiner Sicht zur aktuellen Lage der Europäischen Union stellen müsste – aber bisher verabsäumt habe.
Menasse am Ende seines Statements: "Es ist unmöglich eine politische Entscheidung zu treffen ohne zu
hinterfragen was das Ziel ist. So wie die Politik der Krise begegnet rettet sie heute den Euro, morgen rettet sie
wieder heute den Euro und übermorgen rettet sie wieder perspektivenlos heute den Euro."
Ulrike Guérot zeigte sich zuversichtlich, dass es eine "tektonische Verschiebung" in der vom Schriftsteller
Menasse kritisierten deutschen Europapolitik gibt. Die Frage, die sich aus ihrer Sicht heute stellt: Bleibt Europa
beim Aufräumen mit Klientelpolitik, mit dem Regulieren der Banken, etc. stecken oder bekommen wir wirklich
einen neuen Impuls für die europäische Integration?
Johannes Hahn, EU-Kommissar für Regionalpolitik, unterstrich die zentrale Bedeutung der Regionen für
den demokratischen Partizipationsprozess: "In einer immer komplexer werdenden Realität bleiben die Regionen
der zentrale Bezugspunkt, mit dem sich die Menschen identifizieren können. Es ist daher aus demokratiepolitischer
Sicht wichtig, die Regionen in den EU-Entscheidungsprozess einzubinden. Der Vertrag von Lissabon gewährleistet
dies mit der Stärkung des Subsidiaritätsprinzips. Eine Stärkung der Regionen ist auch der Garant
dafür, dass die Europäische Union bei aller notwendigen Bündelung der Kompetenzen, ihre Vielfalt
und ihren Reichtum an kulturellen Traditionen bewahrt ". Das Publikum vereinigte eine Vielzahl an Repräsentantinnen
und Repräsentanten verschiedener EU-Institutionen und Ländervertretungen, die sich zu den angesprochenen
Themen zu Wort meldeten. Ein Diskussionsteilnehmer sprach von einer Krise der Medien und bedauerte, dass es keinen
richtigen investigativen Journalismus in Brüssel und Berlin gäbe.
Die Leiterin des Wien Hauses, Michaela Kauer, bezeichnete Menasses Essay als wichtigen Beitrag zum europäischen
Diskurs und betonte, dass sich dieser Beitrag dadurch auszeichne, dass er auf vielen europäischen Ebenen diskutiert
werde und nicht wie Werke zu verwandten Themen ausschließlich eine Binnendebatte im Heimatland des Autors
auslösen würde. Die Chancen einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Demokratie auf europäischer
Ebene zu leisten seien damit hoch wie selten. "Die Stadt Wien schätzt Menschen, die kontroverse Diskurse
anstoßen. Ein solches Zeichen der Wertschätzung ist auch das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien,
welches im April 2010 an Robert Menasse verliehen wurde. Die gestrige Veranstaltung hingegen ist nicht nur ein
Zeichen der Wertschätzung der Stadt, sondern auch eine Selbstverständlichkeit. Denn Wien ist eine weltoffene,
europäische Stadt und somit im Sinne der Aufklärung einer permanenten Diskussion zu europäischen
Themen verpflichtet," so Kauer abschließend.
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