Generaldebatte zum Voranschlagsentwurf, Spezialdebatten zu den acht
Ressorts am 19. und 20. November 2012
Wien (rk) - Die Sitzung des Wiener Gemeinderates zum Budget 2012 startete nach der Angelobung der
neuen Gemeinderätin Mag.a Muna Duzdar (SPÖ) mit der Generaldebatte zum Voranschlagsentwurf. Wirtschaftsstadträtin
Brauner hielt an einem ausgeglichenen Haushalt für 2016 fest. Das Budget sei erstmals nach dem Stabilitätspakt
erstellt worden. Intelligentes Sparen wolle man u.a. mit strafferen Strukturen, PPP-Modellen (Private Public Partnership)
und einer Reform des Besoldungssystems erreichen. Schwerpunkte der Investitionen werden der Gesundheitsbereich
mit dem Spitalskonzept 2030, der Bildungsbereich sowie der Bereich Wohnbau sein. Die Gesamtinvestitionen der Stadt
steigen im Vergleich zum Voranschlag 2012 um 7 Prozent. Während die Grünen das Budget positiv bewerteten,
sich für niedrige Mieten und den Bau von genügend Wohnungen aussprachen und das Parkpickerl sowie die
Jahreskarte der Wiener Linien als "Erfolgsgeschichte" bezeichneten, lehnten ÖVP und FPÖ das
Budget ab. Einnahmen gebe es laut ÖVP zur Genüge, da etliche Abgaben erhöht worden seien, aber die
Sanierung des Budgets sei gescheitert. Die Schulden würden, bei hoher Arbeitslosigkeit, ungebremst steigen.
Die FPÖ kritisierte, dass zwar mehr Einnahmen lukriert worden seien, aber die Schulden gleichzeitig gestiegen.
Mehrbelastungen würden vor allem Familien betreffen. Kritik gab es auch für die Nulllohnrunde für
städtische Bedienstete.
Debatte Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke
Die ÖVP meinte, dass sich in fünf Jahren der Schuldenstand der Stadt verdreifacht habe. Das Problem
liege auf der Ausgabenseite. Während die Grünen sich freuten, dass Wien die Krise auf Grund des Reform-
und Wachstumpaktes gut bewältigt habe, betonten die Freiheitlichen, dass es sich in Wien nicht um eine maßvolle
Schuldensteigerung handle und forderten einen Mix von Einnahmenerhöhung und Ausgabensenkung. Die SPÖ
unterstrich die Notwendigkeit weiter in die Wirtschaft zu investieren. Sie stellte klar, dass es der Rot-Grünen
Koalition um Verteilungsgerechtigkeit gehe und wies auf den Wiener Qualifikationsplan hin, der Jobchancen für
gering Qualifizierte erhöhe.
Debatte Umwelt
Als "Geldeintreiberressort" bezeichnete die ÖVP die Geschäftsgruppe Umwelt. Überschüsse
aus Müll- und Wasserwirtschaft kämen nicht der Umwelt zugute. Die Grünen sahen die Rot-Grüne
Politik in der UN-Studie, wonach Wien die lebenswerteste Stadt sei, bestätigt und lobten den verstärkten
Umstieg auf Öffis und die Parkpickerlausweitung als wichtige Umweltschutzmaßnahme. Die FPÖ hingegen
kritisierte die Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung und die Abschaffung der freiwillig tätigen Naturwacht.
Sie forderte weiters, erneuerbare Energie zu forcieren. Die SPÖ betonte ebenfalls, dass Wien in internationalen
Rankings wiederholt Spitzenplätze einnehme und im Umweltbereich sehr gut abschneide. Sie lobte die Bereiche
Trinkwasser, Gewässerschutz, Abfallbeseitigung und Schneeräumung sowie den Kampf gegen Atomkraft.
Debatte Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung
Die ÖVP war gegen Mietzinsobergrenzen, Wohnungsneubau sei mit sieben Euro/Quadratmeter nicht realisierbar
und würde u.a. weniger Aufträge und weniger Beschäftigung bedeuten. Sie forderte eine bürokratische
Entlastung der Wohnungsbauer. Die Grünen wiederum sahen in gedeckelten Mietpreisen und sozialem Wohnbau wichtige
Voraussetzungen um den Wohnungsmarkt zu beruhigen und wollten ein neues Mietrecht. Die FPÖ forderte eine Mietreduktion
bei abgezahlten Genossenschaftswohnungen sowie Wasserabrechnung nach Verbrauch, nicht nach Quadratmetern. Dass
die Stadt zahlreiche Maßnahmen setze, um für leistbare Wohnungen zu sorgen, wie etwa die Wiener Wohnbauinitiative
als Ergänzung zum geförderten Wohnbau, SMART-Wohnungen und die Seestadt Aspern, erklärte die SPÖ.
Debatte Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal
Kritik gab es seitens der ÖVP zum gekürzten Budget der MA 57 und höheren Budget der MA 53. Darüber
hinaus sprach sie sich für die Förderung von Frauen in Führungspositionen und im Beruf aus. Die
Grünen erwähnten Maßnahmen der Stadt wie Gender-Budgeting oder die Kampagne "4 Wände,
4 Hände" und zeigte sich stolz über den 1. Wiener Einkommenstransparenzbericht. Familien waren der
FPÖ im Bereich Integration und Frauenfragen zu wenig berücksichtigt. In puncto Integration meinten sie,
dass es in bestimmten Bereichen besonders viele SozialhilfebezieherInnen und Strafgefangene gäbe. Die SPÖ
stellte zur Beamtenpension klar, dass die Stadt Wien kein Pensionsparadies sei. Es sei aber Ziel, die MitarbeiterInnen
länger gesund im Arbeitsprozess zu erhalten. Zudem erklärte sie, dass 60 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund
überdurchschnittlich ausgebildet seien, 90 Prozent würden an Integrationsprogrammen der Stadt teilnehmen
und um 1,5 Milliarden Euro mehr in das Sozialsystem einzahlen, als sie herausnehmen.
Debatte Bildung, Jugend, Information und Sport
Die ÖVP monierte, dass der Gratis-Kindergarten zu schnell umgesetzt wurde, um geplant vorzugehen. Man
sah Bildungsdefizite bei PflichtschulabgängerInnen und LehranfängerInnen. Für Schulsanierungen sei
zu wenig Geld da, der PID hingegen bekomme zu viel. Für Ganztagsschulen sprachen sich die Grünen aus
und forderten eine Verstärkung des Ausbildungsprogramms für LehrerInnen zum Umgang mit multikulturellen
Schulklassen. Die Freiheitlichen orteten in den letzten Jahren steigende Armut in Wien, die in Verbindung mit Gebührenerhöhungen
stünde. Auch die Bildungsarmut würde steigen. Sie forderten u.a. Deutsch als Pausensprache sowie mehr
LehrerInnen und die Aberkennung des Goldenen Verdienstzeichens der Republik Österreich an Ute Bock. Die SPÖ
stellte klar, dass Schulpolitik Chancengleichheit ermöglichen solle und nicht Selektion. Sie lobte die Wiener
Ausbildungsgarantie als Mittel gegen Jugendarbeitslosigkeit. Der Wiener Gratis-Kindergarten sei "die größte
Mittelstandshilfe".
Debatte Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung
Der ÖVP war weiterhin die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung ein Dorn im Auge, aber auch die Verteuerung
der sogenannten "U-Bahn-Steuer". Sie sei für die Schaffung eines S-Bahnringes rund um Wien und den
Ausbau von Park&Ride-Anlagen. Die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung würden für Verkehrseinrichtungen
verwendet, betonten die Grünen. Auch die Verkehrspolitik wirke, es sei bereits ein Rückgang des Autoverkehrs
und die Reduktion des CO2 Ausstoßes erkennbar. Die FPÖ kritisierte die "Parkplatzvernichtung",
die Fahrradagentur und den Radwege-Ausbau. Die geplanten 7.000 Park&Ride Plätze seien zu wenig. Sie forderte
die Beschleunigung des Ausbaus der U-Bahn-Linien. Für die SPÖ stellte die Errichtung des Hauptbahnhofes
und des Sonnwendviertels eine wichtig Herausforderung dar. Die Mittel aus der Parkraumbewirtschaftung seien zweckgebunden
Debatte Kultur und Wissenschaft
Positiv wertete die ÖVP, dass das Kulturbudget nicht gekürzt werden solle und forderte einen jährlichen
Subventionsbericht zu den Vereinten Bühnen Wien und eine verpflichtende Zielvorgabe für Investitionen
ab 100.000 Euro. Kritik gab es für die "zahlreichen Beauftragten". Auch die Grünen waren froh,
dass das Kulturbudget gehalten werden könne und waren überzeugt, dass das neue Wien Museum ein Vorzeigemodell
werde. Sie unterstrichen die Notwendigkeit des Wissenschafts- und Forschungsbeauftragten und lobten die Spitzenforschung
in Wien. Die FPÖ wiederholte die Forderung nach einem Subventionsbericht und kritisierte eine Vernachlässigung
der Musikerziehung, pro Bezirk solle mindestens eine Musikschule geschaffen werden. Das Wien Museum solle am bestehenden
Standort erweitert werden. Die SPÖ hob die Bedeutung der Kultur in Wien hervor - als Tourismusmagnet und auch
als identitätsstiftender Faktor. Wien als Wissenschaftsstandort boome dank der Wissenschaftsförderung.
Die künstlerische Qualität werde gefördert, Innovation und Planbarkeit sichergestellt, auch die
Transparenz bei Subventionen sei gewährleistet.
Debatte Gesundheit und Soziales
Die ÖVP Kritisierte die Streichung des Reinigungsdienstes für Pflegebedürftige, die Kürzung
von Essen auf Rädern und forderte die Beibehaltung des Wiener Heizkostenzuschusses sowie den Ausbau der Hospiz-
und Palliativversorgung. Die Grünen hielten fest, dass im Kampf gegen Armut, die Verteilungsfrage gestellt
werden und über Mindestlöhne und Stundenlohnerhöhungen diskutiert werden müsse. In diesem Zusammenhang
sei auch die Energieunterstützung wichtig. Durch Kürzungen der letzten Jahre sah die FPÖ die qualitative
Versorgung der PatientInnen gefährdet. Im Spitalsbereich würden unerträgliche Arbeitsbedingungen
und Personalmangel vorherrschen, Spitäler würden im Rahmen der Gesundheitsreform geschlossen. Die Gesundheitspolitik
habe laut SPÖ die Aufgabe, die nötigen Rahmenbedingungen für ein langes und gesundes Leben mit Gesundheitsförderung,
Prävention und einer guten stationären und ambulanten Versorgung zu schaffen. Die Wiener Spitalsreform
2030 sei der erste Schritt. Die - durchaus notwendige - tägliche Turnstunde sei nur in Ganztagsschulen durchführbar.
Der Entwurf des Budget-Voranschlages 2013 wurde mit den Stimmen von SPÖ und Grünen angenommen.
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