Regierungsvorlagen und Oppositionsanträge zu Schulrechts-Änderungen
Wien (pk) - Nach der Diskussion zum Ethikunterricht beschloss der Unterrichtsausschuss am 20.11.
mi t einer Änderung des BIFIE-Gesetzes mehrheitlich die Verlängerung der Finanzierung bis 2015 für
das Institut, dessen Kernaufgabe die Weiterentwicklung des österreichischen Schulwesens ist. Einhellige Zustimmung
fand eine weitere Regierungsvorlage, die unter anderem die Fortsetzung des Unterrichts von SchülerInnen mit
sonderpädagogischem Förderbedarf durch BerufsschullehrerInnen an Bundesschulen bis zum Schuljahr 2014/15
vorsieht.
Mit 18 Anträgen der Opposition wurde im weiteren Verlauf der Sitzung einzelne Aspekte der Bildungsreform behandelt.
Diese Anträge fanden teilweise keine Mehrheit, teilweise wurden sie auf Grund laufender Entwicklungen im Bildungsbereich
zur weiteren Diskussion vertagt oder dem Unterausschuss des Unterrichtsausschusses zugewiesen.
Schmied: BIFIE-Novelle sorgt für mehr Transparenz
Da die Basisfinanzierung des Bundesinstituts für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen
Schulwesens (BIFIE) mit 13 Mio. € pro Jahr nur bis 2012 sichergestellt ist, beschloss der Unterrichtsausschuss
heute mit den Stimmen der Regierungsparteien, die Zahlungen an das BIFIE bis 2015 zu verlängern. Kritik am
BIFIE kam von den Oppositionsparteien. Abgeordnete Ursula Haubner (B) bemerkte, das BZÖ habe bereits 2009
die Finanzierung der ausgegliederten Organisation des Unterrichtsministeriums kritisch beleuchtet und auf vergleichbare
aber kostengünstigere Institute im Ausland verwiesen. Für Abgeordneten Walter Rosenkranz (F) ist das
BIFIE eine "wirtschaftliche und kaufmännische Katastrophe", so würden auf Grund mehrerer Standorte
der Organisation laufend teure Dienstfahrten anfallen. Auf den Rechnungshofbericht zum BIFIE bezog sich Abgeordneter
Harald Walser (G). Er vermutete, die Aufgaben des BIFIE könne das Unterrichtsministerium auch selbst erfüllen,
und wertete die personelle Besetzung der Organisation mit zwei Direktoren als parteipolitisch getrieben.
Unterrichtsministerin Claudia Schmied gab zu bedenken, angesichts der Sparvorgaben in sämtlichen Ressorts
sehe sich das Unterrichtsministerium mangels Ressourcen außerstande, "Innovationsprojekte" im Bildungswesen
wie die Umsetzung der Bildungsstandards oder der kompetenzorientierten Reifeprüfung zu bewältigen. Das
österreichische Schulsystem sei außerdem mit ausländischen nicht gleichzusetzen, da es auf Grund
der Differenzierung in der Sekundarstufe II viel komplexer gegliedert ist, woraus sich für das BIFIE ein vermehrter
Arbeitseinsatz ergebe, betonte Schmied. Mehrere Standorte böten außerdem Vorteile bei den Schulungs-
und Testprojekten. Das BIFIE habe daher volle Berechtigung und seine zweigeteilte Führungsstruktur garantiere
das Vier-Augen-Prinzip in Schlüsselentscheidungen, so Schmied. Sie räumte allerdings ein, ihr Ressort
habe den Prüfbericht des Rechnungshofes zum Anlass genommen, die Kontrolle des BIFIE etwa durch umfassende
Berichtstätigkeit zu verbessern. Die Regierungsvorlage sieht mit diesen Bestimmungen neben einer gesteigerten
Transparenz in Bezug auf die Aufgabenerfüllung des BIFIE auch einen effizienteren Mitteleinsatz vor. Die Zuwendungen
an das Institut würden zukünftig nur mehr bedarfsgerecht erfolgen, wobei fakultativer Zusatzbedarf abgegolten
werde, unterstrich die Unterrichtsministerin. Auf Nachfrage der Abgeordneten Rosa Lohfeyer (S) erläuterte
Schmied den veranschlagten Förderumfang für 2013, der insgesamt 21,6 Mio. € betragen werde.
Weiterhin sonderpädagogische Förderung durch BerufsschullehrerInnen
Begrüßt wurden von allen Fraktionen dagegen die Änderungen in der zweiten behandelten Regierungsvorlage.
Abgeordnete Anna Franz (V) zeigte sich besonders über die Verlängerung der Regelung im Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz
erfreut, wonach bis zum Schuljahr 2014/15 BerufsschullehrerInnen auch an Bundesschulen SchülerInnen mit sonderpädagogischem
Förderbedarf bis zur neunten Schulstufe unterrichten können. Die Regelung zur Fortbildung von Lehrpersonal
durch BerufsschullehrerInnen will das Unterrichtsministerium ebenfalls vorläufig beibehalten. Ziel dieser
Maßnahmen ist, benachteiligten SchülerInnen den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern. "Prinzipiell
in die richtige Richtung" bewege sich das Unterrichtsressort Abgeordnetem Harald Walser (G) zufolge mit dem
Vorschlag bei dieser Novelle, LeiterInnen von Pflichtschulen mehr Mitwirkungsrechte bei der Auswahl von Lehrkräften
einzuräumen.
An Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (S) und Ursula Haubner (B) gerichtet, von denen die Neuregelung der Prüfungstaxen
Pädagogischer Hochschulen für LehrerInnen aufgeworfen wurde, sagte Schmied, mit seinem Inkrafttreten
in einem Jahr werde das neue PH-Dienst-und Besoldungsrecht die Abgeltung der Begutachtung von Bachelorarbeiten
oder besonderer Leistungen im Rahmen der Prüfungstätigkeit an Pädagogischen Hochschulen regeln.
Die Regierungsvorlage, in der auch die Nennung der Neuen Mittelschule als Regelschule im Landesvertragslehrpersonengesetz
und die Einführung des Begriffs Kinderzuschuss im Unterrichtspraktikumsgesetz vorgesehen sind, wurde vom Ausschuss
einstimmig angenommen.
FPÖ für Änderungen bei Schulunterricht im Sinne des Arbeitsmarkts
Hinsichtlich des Lehrplans der Neuen Mittelschule spricht sich die FPÖ für eine getrennte Fortführung
der beiden Hauptschul-Pflichtgegenstände "Technisches Werken" und "Textiles Werken" aus.
Abgeordnete Edith Mühlberghuber (F) wies darauf hin, dass angesichts des Lehrlings-, Facharbeiter- und Technikermangels
eine Stundenkürzung durch die Zusammenlegung dieser Fächer negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
habe. Abgeordnete Ursula Haubner befürchtete ebenfalls, wichtige Fertigkeiten würden nicht ausreichend
erlernt, wenn die Trennung des Werkunterrichts in der Neuen Mittelschule falle. Dem hielten die Abgeordneten Harald
Walser (G) und Sonja Ablinger (S) entgegen, das Zusammenführen der Werkerziehung, bei dem alterierend der
technische und der textile Teil gelehrt wird, diene dem geschlechtergerechten Unterricht. Werner Amon (V) fügte
hinzu, schon um die Neue Mittelschule an den Lehrplan der AHS-Unterstufe heranzuführen, habe man eine vollständige
Übernahme der Hauptschulfächer vermieden. Der Antrag wurde gegen die Stimmen von FPÖ und BZÖ
abgelehnt.
Geht es nach Abgeordnetem Norbert Hofer (F), sollen HTL/HLFL-IngenieurInnen mit erwiesener fachbezogener dreijähriger
Berufspraxis in der Stufe 6 des Nationalen Qualifikationsrahmens eingestuft werden. Damit würde diesen auf
Grund ihrer Qualifikationen in der Wirtschaft begehrten Personen die adäquate Anerkennung zuteil und sie könnten
auch die in internationalen Ausschreibungen geforderten Qualifikationen leichter nachweisen. Auf Antrag des Abgeordneten
Werner Amon, der auf laufende Verhandlungen zu dieser Fragestellung hinwies, wurde der Antrag mehrheitlich vertagt.
Mit den Stimmen der FPÖ und der Grünen blieb außerdem die Forderung des F-Abgeordneten Walter Rosenkranz,
angesichts tödlicher Lawinenunfälle Jugendlicher verstärkte Information über Lawinen-Gefahr
im Schulunterricht anzubieten, in der Minderheit. Vertreter der Regierungsfraktionen merkten an, gerade in Verbindung
mit Schulschikursen würden die SchülerInnen bereits ausreichend über Gefahrenpotentiale im Wintersport
informiert.
Ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Helene Jarmer, in dem der Rechtsanspruch auf inklusiven Unterricht
gefordert wird, trat an die Stelle eines thematisch verwandten FPÖ-Antrags. Jarmers Antrag wurde einstimmig
dem Unterausschuss des Unterrichtsausschusses zur weiteren Behandlung zugewiesen.
Grüne fordern Gemeinsame Schule in Modellregionen
Die Gemeinsame Schule der 10 bis 14-Jährigen möchte G-Bildungssprecher Harald Walser in Modellregionen
umgesetzt sehen und er berief sich in der Debatte über seinen Antrag auf Unterstützung aus mehreren Bundesländern.
Angesichts rechtlicher Probleme für bestehende AHS-Unterstufen, am Schulversuch Neue Mittelschule teilzunehmen
und des Umstandes, dass bis zum Schuljahr 2018/19 sämtliche Hauptschulen zu Neuen Mittelschulen werden, halte
er es für notwendig, die Gemeinsamen Schulen als Verbindung zwischen AHS und HS zumindest in einzelnen Regionen
konkret werden zu lassen, sagte Walser. Abgeordneter Werner Amon (V) stellte dazu einen Vertagungsantrag, da er,
wie er erklärte, im Schulbereich generell nur ein bundesweit akkordiertes Vorgehen für sinnvoll halte.
Dem widersprach Abgeordnete Ursula Haubner, die dem Vorschlag, das Projekt Gesamtschule in Modellregionen auszutesten,
einiges abgewinnen konnte. Abgeordneter Elmar Mayer drückte aus "Koalitionsraison" seine Zustimmung
zur Vertagung aus, wenn er sich auch grundsätzlich zur Gemeinsamen Schule bekannte. In Folge vertagte der
Ausschuss den G-Antrag mit den Stimmen der Regierungsfraktionen.
Um die Schulpartner in die Diskussion über eine schulübergreifende Harmonisierung der Ferienregelungen
miteinzubeziehen, stellte Abgeordneter Ewald Sacher (S) einen Vertagungsantag für den Entschließungsantrag
der Grünen, in dem die unterschiedliche Festlegung von Ferien und schulfreien Tagen an Bundesschulen sowie
Pflichtschulen angeprangert wird. Harald Walser zeigte dabei den organisatorischen Vorteil für Familien bei
einer - zumindest nach Bundesland – einheitlichen Regelung von Ferien und schulautonomen Tagen auf und forderte
ausreichende Betreuungsangebote an unterrichtsfreien Tagen, die Arbeitstage sind. Auch Abgeordnete Ursula Haubner
wertete "Handlungsbedarf" in Bezug auf die Betreuungsangebote für PflichtschülerInnen an schulfreien
Arbeitstagen und Abgeordneter Walter Rosenkranz befand, berufstätige Eltern würden auf Grund unterschiedlicher
Ferientermine vor große Betreuungsprobleme ihrer Kinder gestellt. Unterrichtsministerin Claudia Schmied informierte
daraufhin, es gebe bereits Bestrebungen, zumindest zwei der fünf schulautonomen Tage an Bundesschulen synchron
anzusetzen. Der Entschließungsantrag der Grünen wurden gegen die Stimmen der Oppositionsparteien vertagt.
In Bezug auf die von den Grünen geforderte Aufhebung der Unterscheidung zwischen ordentlichen und außerordentlichen
SchülerInnen an Berufsschulen erinnerte Abgeordneter Josef Auer (S), dass ein Gesetzesentwurf, mit dem Berufsschulen
für einen größeren Personenkreis geöffnet werden sollen, derzeit in Begutachtung sei. Der
Antrag der Grünen, dem zufolge es auch Personen, die sich in keinem Lehrverhältnis befinden, möglich
sein soll, Berufsschulen als ordentliche SchülerInnen zu besuchen, wurde von den Ausschussmitgliedern in Hinblick
auf die zu erwartende Gesetzesänderung einstimmig vertagt.
Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen vertagte der Unterrichtsausschuss ebenfalls einen Antrag des Abgeordneten
Walser (G), in dem er die "Entpolitisierung" der Besetzung von Schulleitungsposten fordert. Laut Walser
sollten Besetzungen in Zukunft auf Grundlage eines Kriterienkatalogs, mit dem die qualitative Eignung der BewerberInnen
festgestellt wird, objektiv erfolgen. Abgeordnete Rosa Lohfeyer (S) verwies auf die laufenden LehrerInnen-Dienstrechtsverhandlungen,
bei denen auch die Bestellung von SchulleiterInnen Thema sei.
BZÖ will Berufsverbot im Lehrerdienstrecht bei Sexualdelikten
Ein sofortiges Berufsverbot für PädagogInnen, die wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität
und Selbstbestimmung Minderjähriger rechtskräftig verurteilt wurden, fordern die BZÖ-Abgeordneten
Ursula Haubner und Josef Bucher. Die Unterrichtsministerin solle eine derartige Bestimmung im Lehrerdienstrecht
vorsehen, richtete Haubner ihren Appell an Schmied. Der BZÖ-Antrag zielt außerdem auf die unverzügliche
Suspendierung von LehrerInnen, die etwa des Downloads kinderpornographischen Materials und anderer sexueller Verstöße
gegen das Strafrecht verdächtigt werden, ab. Abgeordneter Ewald Sacher (S) betonte, er kenne nichts Verwerflicheres
als den Missbrauch von Kindern, deshalb würden in der Dienstrechtsnovelle für Lehrpersonal entsprechende
Vorkehrungen und Sanktionen eingearbeitet. Entgegen der Bemerkung von Walter Rosenkranz (F), eine einstimmige Annahme
des BZÖ-Antrags würde ein wichtiges Zeichen in der Frage des Kampfes gegen Kindesmissbrauch setzen, wurde
die Forderung mit S-V Mehrheit vertagt.
Opposition: Umsetzung der Forderungen im Bildungsvolksbegehren
Auf die Weiterentwicklung des österreichischen Bildungssystems und darauf, dass die Schule in Gesetzgebung
und Vollziehung Bundessache sein soll, wurde erneut seitens der Grünen und des BZÖ gedrängt. Sowohl
die Grünen als auch das BZÖ gehen in mehreren Anträgen konkret auf Forderungen des Bildungsvolksbegehrens
ein. So plädieren die Grünen für ein modernes, unbürokratisches, unpolitisches und weitgehend
autonomes Schulsystem und pochen auf die Umsetzung der im Regierungsprogramm enthaltenen Kernpunkte der Bildungsreform,
wie etwa die Einrichtung der Bildungsdirektionen anstelle der Landes- und Bezirksschulräte sowie die Realisierung
der Gesamtschule.Das BZÖ behandelt in sieben verschiedenen Anträgen diverse Elemente der Bildungsreform,
und fordert etwa die ersatzlose Abschaffung der Bezirksschulräte und ein bundesweit einheitliches Dienst-
und Besoldungsrecht für alle LehrerInnen Österreichs.
Abgeordnete Anna Franz (V) meinte dazu, die Forderungen des Bildungsvolksbegehrens seien bereits in mehreren Entschließungsanträgen
vom Nationalrat beschlossen worden und auch bei der Reform der Schulverwaltung bewege sich schon viel, wie etwa
die ausgeweitete Verantwortung der Schulleitung zeige. Alle neun Anträge dieses Debattenteils vertagten die
Regierungsparteien daher gegen die Stimmen der Opposition.
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