Experten über die Zukunft des Städtetourismus
Wien (pk) - Der Tourismusausschuss befasste sich in seiner heutigen Sitzung mit der Entwicklung und
den Zukunftsaussichten des Städtetourismus weltweit und in Österreich und lud dazu Experten der Arbeitsgemeinschaft
der Landeshauptstädte und der Bundeshauptstadt im Tourismus. Wie Norbert Kettner (Wien) und Dieter Hardt-Stremayr
(Graz) ausführten, verzeichneten die österreichischen Städte von Jänner bis September dieses
Jahres Nächtigungszuwächse zwischen 2,2 % (Bregenz) und 8,6 % (Salzburg). Im Durchschnitt betrug der
Anteil der Städte an allen Gästenächtigungen in Österreich 13 %. Beeindruckend sei die Dynamik
des Städtetourismus, der 2011 österreichweit um 7 % zunahm, während der gesamte Tourismus in Österreich
um 3,6 % wuchs. Noch deutlicher fiel eine zehnjährige Betrachtung aus, die zeigte, dass die Nächtigungen
seit 2002 in Österreich um 7,9 % zunahmen, Wien und die Landeshauptstädte in diesem Zeitraum aber ein
Plus von 41,7 % verzeichneten. Die kürzere Aufenthaltsdauer, aber größere Ausgabenneigung von Städtetouristen
kam in folgenden Zahlen aus 2011 zum Ausdruck: Betrug der Anteil der Städte am Gesamttourismus bei den Ankünften
25 %, lag er bei den Nächtigungen nur bei 14 %, bei der Wertschöpfung aber bei 20 %.
In ihren Analysen verwiesen die Experten auf den globalen Trend zur Entwicklung großer städtischer Agglomerationen
und machten auf den interessanten Aspekt aufmerksam, dass Städtereisende selbst zu einem sehr großen
Anteil aus Städten kommen. Wachsende Bedeutung im österreichischen Städtetourismus komme außereuropäischen
Gästen zu, die 2011 bereits 18,6 % der Gäste in den Landeshauptstädten und 4,2 % der Gäste
in Österreich inklusive Wien ausmachten.
Hinsichtlich der Verkehrsmittel werde das Flugzeug immer wichtiger, zugleich sei aber auch eine starke Tendenz
zur Bahn feststellbar, weil es die Gäste als bequem empfinden, im Zentrum ihrer Reiseziele anzukommen.
Die Herkunft der Gäste in den österreichischen Städten lasse sowohl bei den Nächtigungen, als
auch bei den Shoppingumsätzen die wachsende Bedeutung russischer, osteuropäischer, chinesischer und indischer
Gäste erkennen. Zunehmend wichtig seien auch die Türkei, Lateinamerika, arabische Länder, Japan,
Thailand, Taiwan und Korea.
Generell sei zu erwarten, dass Europa die Nummer 1 im Städtetourismus bleiben werde, aber Marktanteile, insbesondere
an Asien, werde abgeben müssen. Urbane Räume werden im Tourismus eine größere Rolle spielen
als Länder, weil sich Städte zu Weltmetropolen und Drehscheiben globaler Industrienetzwerke entwickeln
werden. Vor diesem Hintergrund wandelten sich die Aufgaben einer zukunftsorientierten Tourismusorganisation, resümierten
beide Experten unisono.
Bundesminister Reinhold Mitterlehner unterstrich die Ausführungen der Experten und stellte fest, dass der
österreichische Tourismus seine gute Entwicklung ohne die Erfolge des Städtetourismus nicht fortsetzen
könnte, wobei der Minister insbesondere auch auf den Kultur-Schwerpunkt der Österreich Werbung sowie
darauf aufmerksam machte, dass die Städte als Reisedestinationen einen wesentlichen Beitrag zum Ganzjahrestourismus
leisten.
Städtetourismus braucht Kaufkraft, Sicherheit, Kultur, Verkehrswege
In der Debatte thematisierte Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) das Verhältnis zwischen Städten und
deren Umfeld und erkundigte sich nach den diesbezüglichen Erfahrungen der europäischen Kulturhauptstädte
Linz und Graz.
Abgeordneter Franz Hörl (V) zeigte sich erleichtert, dass der österreichische Städtetourismus den
Einbruch des Jahres 2009 überwinden konnte, betonte seinerseits die Wichtigkeit des Herkunftsmarktes Russland
und unterstrich die Bedeutung der Flugverbindungen.
Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) zeigte sich ebenfalls am Verhältnis der Städte und ihres Umlandes in
der Tourismusentwicklung sowie am Konferenztourismus interessiert.
Abgeordneter Ernest Windholz (B) wollte von den Experten wissen, welche gesetzgeberischen Maßnahmen sie zur
Unterstützung des Städtetourismus als sinnvoll ansahen.
Die Frage nach der Definition von "urbanem Raum" sowie nach der richtigen Organisation des Tourismus
in der Kooperation zwischen Städten und deren Umfeld beschäftigte sich aus Kärntner Sicht Abgeordneter
Maximilien Linder und aus steirischer Sicht Josef Riemer (beide F).
Die Experten antworteten mit dem Hinweis, dass der Städtetourismus von negativen politischen und ökonomischen
Entwicklungen vorab betroffen sei. In den vergangenen Krisenjahren habe sich etwa der Ausfall von Sponsoren im
Kongresstourismus negativ ausgewirkt. Umlandgemeinden profitierten vom Städtetourismus, sagten die Experten.
Generell könne man beim Zuwachs des Städtetourismus mit einem Zuwachsanteil von 25 % bei den Nächtigungen
im Umland rechnen. Norbert Kettner machte aus Wiener Sicht darauf aufmerksam, dass 60 % der Wien-Gäste mit
dem Flugzeug anreisten, woraus folge, dass eine dritte Landebahn in Schwechat wichtig sei. Aber auch die Bahn werde
zunehmend wichtiger, was der Grazer Experte angesichts der schlechten Bahnanbindung der steirischen Landeshauptstadt
mit Bedauern bestätigte. Das Kulturhauptstadtjahr habe Graz sehr viel gebracht: Entwicklungen seien beschleunigt
und die Infrastruktur ausgebaut worden. Zwar sei der Tourismus danach zurückgegangen, aber doch mindestens
4 % über dem Stand vor dem Kulturhauptstadtjahr geblieben und entwickle sich seither dynamisch weiter. Dasselbe
gelte für Linz. Die Politik sollte bei ihren Entscheidungen über Verkehrsverbindungen, Sicherheitsfragen
und Infrastruktur immer auch die Auswirkungen auf den Tourismus im Auge haben, sagten die Experten. Denn man sollte
nicht aus dem Auge verlieren, dass 300 Teilnehmer mehr bei einem internationalen Kongress einen zusätzlichen
Arbeitsplatz bedeuten. Grundsätzlich sei es wichtig, die Kaufkraft zu erhalten, in Kultur zu investieren und
gute Bedingungen für vitale Städten zu schaffen. Die Ladenöffnung am Sonntag sei für ihn kein
"Fetisch", sagte Norbert Kettner, an einzelnen Orten, etwa in der Wiener City, würde die Ladenöffnung
am Sonntag aber doch zu Umsatzzuwächsen führen, sagte der Fachmann mit Unterstützung seines Kollegen
Dieter Hardt-Stremayr. Die Frage dazu kam von Abgeordneter Birgit Schatz (G).
In weiterer Folge befassten sich die Abgeordneten Maximilien Linder (F) und Adelheid Irina Fürntrath-Moretti
(V) mit organisatorischen und budgetären Fragen im Städtetourismus und Abgeordnete Ruperta Lichtenecker
(G) erfuhr von den Experten, dass beim Fachkräftemangel im Tourismus ein West-Ost-Gefälle bestehe. In
erster Linie sei die Gastronomie von Personalmangel betroffen.
FPÖ und Grüne für Wertsicherung des Budgets der Österreich Werbung
Die als Verein organisierte Österreich Werbung wird vom Wirtschaftsministerium und der Wirtschaftskammer Österreich
im Verhältnis 75:25 finanziert. Derzeit erhält die Österreich Werbung 24,095 Mio. € vom Bund und
8 Mio. € von der Wirtschaftskammer. Diese Beträge seien seit 2001 nicht mehr erhöht worden, beklagt Abgeordneter
Roman Haider (F) und verlangt eine jährliche automatische Inflationsabgeltung für das Budget der Österreich
Werbung ( 2143/A(E)). Dasselbe Anliegen vertraten die Grünen in ihrem von Abgeordneter Ruperta Lichtenecker
vorgelegten Antrag 676/A [E]).
Während Abgeordneter Roman Haider seinen Antrag mit dem Argument untermauerte, dass in Länder wie Deutschland
und der Schweiz ihre Tourismuswerbeetats stark aufgestockt haben und Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) es für
sinnvoll hielt die Tourismuswerbung zu stärken, weil die Arbeitslosigkeit zunehme und die Tourismuswirtschaft
ein wichtiger Wohlstandsfaktor sei, machte Abgeordneter Franz Hörl auf die erfolgreiche Tourismuspolitik des
Wirtschaftsministers aufmerksam. Es sei Mitterlehner gelungen, das Budget der Österreich Werbung vor Kürzungen
zu bewahren. Die jüngsten Rekorde im Sommertourismus bestätigen die Politik des Bundesministers, sagte
Hörl.
Den Antrag des Abgeordneten Obernosterer, beide Initiativen zu vertagen, unterstützte Abgeordnete Heidrun
Silhavy (S), die darauf aufmerksam machte, dass es kurz nach dem Beschluss über ein neues Budget nicht sinnvoll
wäre, höhere Ausgaben zu beschließen. Der Tourismus Werbung seien in Form von Sonderbudgets die
notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt wurden und durch die Kooperation mit den Ländern konnte die
Effizienz gesteigert, fügte Obernosterer hinzu. Demgegenüber erinnerte Abgeordneter Ernest Windholz (B)
an Anträge der ÖVP zur Erhöhung der Mittel der Österreich Werbung und hielt es für sinnvoll
die Branche durch kluge Werbung zu unterstützen.
Bundesminister Reinhold Mitterlehner vermisste eine finanzielle Bedeckungsvorschläge in den beiden Anträgen,
betonte seinerseits die Effizienzsteigerungen bei der Österreich Werbung und die erfolgreiche Kooperation
mit den Ländern. – Die Anträge wurden mit den Stimmen der Koalitionsparteien vertagt.
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