"Berichtstag" im Parlamentarischen Wirtschaftsausschuss
Wien (pk) - Die heimischen KMU haben Durchhaltevermögen bewiesen und die Krise besser überstanden
als die Unternehmen in anderen Staaten, stellte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner am 27.11. bei der Behandlung
des Mittelstandsberichts 2012 im Wirtschaftsausschuss fest. Der Bericht wurde von den Abgeordneten ebenso zur Kenntnis
genommen wie der Dritte Bericht des Biopatent Monitoring Komitees und der aktuelle Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde.
Zudem verabschiedete der Ausschuss ein Sicherheitskontrollgesetz betreffend Kernmaterial, ein Energielenkungsgesetz
2012 sowie Änderungen des Außenwirtschaftsgesetzes. Anträge der Opposition, deren Themenschwerpunkte
von der Stromnetzanpassung über die Sprachkenntnisse in Gewerben bis hin zu den Kosten für die Gesellenprüfung
und die Preisauszeichnung bei Zeitschriften reichte, wurden abgelehnt bzw. vertagt.
Österreichs KMU haben die Krise gut gemeistert
Rund 307.700 bzw. 99,7 % der Unternehmen zählten im Jahr 2010 zu den KMU. Diese Unternehmen beschäftigten
mehr als zwei Drittel der unselbstständig Erwerbstätigen und erwirtschafteten 63 % der Umsatzerlöse
und rund 58 % Bruttowertschöpfung. Im Vergleich zum Jahr 2008 waren 2010 um 2,7 % mehr KMU am Markt tätig,
was vor allem auf die hohe Gründungsrate bei den Ein-Personen-Unternehmen zurückzuführen ist.
Vor dem Hintergrund dieser Eckdaten debattierte der Ausschuss den Mittelstandsbericht 2012, der einmal mehr die
tragende Rolle der kleinen und mittleren Unternehmen für Österreichs Wirtschaft untermauert.
Abgeordneter Peter Haubner (V) schloss aus dem Bericht auf eine positive Entwicklung der KMU in Österreich
und meinte, die klein- und mittelständische Wirtschaft habe die Krise der letzten Jahre bestens gemeistert.
Abgeordneter Christoph Matznetter (S) wies auf die Vernetzung zwischen großen und kleinen Unternehmen hin
und gab zu bedenken, ohne die KMU wären die Exporterfolge der österreichischen Wirtschaft gar nicht möglich.
Im Zusammenhang mit den Ein-Personen-Unternehmen sprach Matznetter allerdings das Problem der Armutsgefährdung
in diesem Bereich an und stellte die Frage in den Raum, ob die sozialen Netze ausreichen, um für diese Personen
entsprechende Abfederungen zu bieten. Sein Fraktionskollege Abgeordneter Franz Riepl (S) erinnerte seinerseits
an die unternehmerischen Risiken und drängte auf Maßnahmen, um den Betrieben eine zweite Chance nach
der Insolvenz zu ermöglichen.
Abgeordneter Bernhard Themessl (F) sah in den KMU das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft, beklagte
allerdings Facharbeitermangel sowie eine niedrige Neugründerquote in Österreich und stellte überdies
fest, die KMU würden unter einer hohen Abgabenquote und der aktuellen Kreditklemme leiden.
Abgeordnete Ruperte Lichtenecker (G) begrüßte vor allem die Bedachtnahme des Berichts auf die Ein-Personen-Unternehmen,
wünschte eine bessere Unterstützung dieser Unternehmensform, etwa im Rahmen von ERP-Kleinkrediten, und
drängte weiters auf einfache und kostengünstige Finanzierungsmodelle für KMU.
Abgeordneter Rainer Widmann (B) vermisste Maßnahmen der Regierung, um dem drohenden Konjunktureinbruch gegenzusteuern,
lotete die Chancen auf ein Konjunkturpaket 2013 aus und verlangte neue Formen der Finanzierung für KMU sowie
Erleichterungen bei der Gründung von Unternehmen.
Bundesminister Reinhold Mitterlehner sprach von einer positiven Entwicklung der KMU und betonte, Österreichs
klein- und mittelständische Wirtschaft habe in der Zeit der Krise besseres Durchhaltevermögen bewiesen
als die Unternehmen in anderen Staaten. Der Minister war sich aber, wie er sagte, durchaus der aktuellen Probleme
bewusst und kündigte insbesondere Maßnahmen an, um den Finanzierungszugang für KMU zu erleichtern
und die Kreditsituation für Ein-Personen-Unternehmen zu verbessern. Was Konjunkturpakete betrifft, gab Mitterlehner
zu bedenken, der Spielraum dafür sei eingeschränkt, zumal es in erster Linie darum gehe, den Konjunkturpfad
nicht zu verlassen.
Der Bericht wurde bei der Abstimmung mit S-V-G-Mehrheit zur Kenntnis genommen.
Rechtssicherheit und Investitionsanreize durch Biopatentrichtlinie
Einstimmigkeit herrschte über die Kenntnisnahme des Dritten Berichts des Biopatent Monitoring Komitees , der
vor allem die zunehmende Bedeutung der Biotechnologie für österreichische Unternehmen unterstreicht.
So waren 2011 in Österreich 113 biotechnologische Unternehmen tätig, die rund 11 000 MitarbeiterInnen
beschäftigten, von denen 7 300 mit biotechnologischen Tätigkeiten im engeren Sinn betraut waren, heißt
es dazu im Bericht, der zudem für das Jahr 2010 von einem Umsatz der Branche in der Höhe von 3 Mrd. €
spricht.
In der Debatte wurde der Stellenwert der Biotechnologie von allen Fraktionen hervorgehoben, wobei die Abgeordneten
Rainer Widmann (B) und Ruperta Lichtenecker (G) vor allem auf die Bedeutung dieser Branche für die Medizin
hinwiesen. Die Grün-Sprecherin machte allerdings auf Schwierigkeiten der KMU bei Patentanmeldungen aufmerksam
und drängte ferner auf Erleichterungen beim Zugang zu Risikokapital für den Life-Science-Bereich. Abgeordneter
Christian Höbart (F) wiederum stellte fest, es gelte, alles zu unternehmen, um diese Zukunftsbranche zu unterstützen.
Bundesminister Reinhold Mitterlehner erinnerte an die 12 Mio. €, die derzeit an Seed-Kapital für Start-Ups
zur Verfügung stehen, und teilte mit, die Hälfte dieses Betrags würde Life-Science-Unternehmen zu
Gute kommen. Entsprechende aws-Programme bieten zudem Unterstützung bei Patentanmeldungen, berichtete der
Minister, der im Übrigen die überdurchschnittlich hohe Beschäftigungswirkung von F+E-Betrieben unterstrich.
Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde passiert den Ausschuss
Mit S-V-G-B-Mehrheit nahm der Ausschuss den Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für das
Jahr 2011 zur Kenntnis. Generaldirektor Theodor Thanner wies in seiner Präsentation vor allem auf einen Anstieg
im Bereich der Fusionskontrolle hin, informierte bei der Kartellbekämpfung über Ermittlungsschwerpunkte
im Brauereisektor, bei Baumärkten und im Dämmstoffhandel und gab einen Überblick über die Untersuchungen
des heimischen Treibstoffmarktes insbesondere hinsichtlich asynchroner Preisweitergabe, West-Ost-Gefälle und
Markteintritt neuer Diskonter.
Abgeordneter Christoph Matznetter (S) ortete Handlungsbedarf angesichts der hohen Marktkonzentration im Lebensmittelhandel,
während die Abgeordneten Franz Kirchgatterer (S) und Ernest Windholz (B) die Spritpreisproblematik in Österreich
thematisierten. Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) wiederum regte eine verstärkte internationale Kooperation
der Bundeswettbewerbsbehörde an.
Abgeordneter Bernhard Themessl (F) erinnerte an das anhängige Verfahren gegen Generaldirektor Thanner im Zusammenhang
mit Einflussnahmen bei Strafzahlungen und meinte, unter diesen Umständen könne seine Fraktion einer Kenntnisnahme
nicht zustimmen.
Erweiterung der Sicherheitskontrolle bei Kernmaterial
Der Wirtschaftsausschuss behandelte sodann eine Regierungsvorlage zu einem Sicherheitskontrollgesetz für Kernmaterial,
dass die inländische Rechtslage an die neuen völkerrechtlichen und EU-rechtlichen Bestimmungen anpasst.
Bundesminister Reinhold Mitterlehner erläuterte, man setze damit in erster Linie das Zusatzprotokoll zum Sicherheitskontrollabkommen
mit der Internationalen Atomenergieorganisation um, das vor allem erweiterte Meldepflichten und Überwachungsmechanismen
enthalte. Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) sah einen Widerspruch zu den Bestimmungen über ein kernkraftfreies
Österreich, die Grünen würden daher nicht zustimmen. Das Gesetz wurde mit Mehrheit aller Fraktionen
außer den Grünen plenarreif gemacht.
Energielenkungsgesetz wird neu erlassen
Weiters wurden vom Ausschuss die Änderungen einiger Bestimmungen im Energielenkungsgesetz (EnLG 2012)
mit S-V-Mehrheit beschlossen. Da sich in Zusammenhang mit der Novelle auch die Notwendigkeit von Ergänzungen
im Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetz 2010 (ElWGO) ergab, brachte Abgeordneter Peter Haubner
(V) einen diesbezüglichen Ausschussantrag ein. Diese Novelle enthält neben sprachlichen Klarstellungen
vor allem eine Ergänzung der Rechnungslegungsvorschriften von Netzbetreibern. Abgeordneter Haubner brachte
auch einen Abänderungsantrag zum EnLG zur Beseitigung eines Zitierfehlers ein. Auch dieser Antrag wurde mit
S-V-Mehrheit beschlossen.
Die Abgeordneten Rainer Widmann (B) und Bernhard Themessl (F) meinten, das EnLG enthalte zu viele Verordnungsermächtigungen.
Es sei möglicherweise viel zu kompliziert, um es im Krisenfall tatsächlich anwenden zu können. Abgeordneter
Werner Kogler (G) sah ein grundsätzliches Problem in der Kommunikation der Regierungsparteien mit den Fraktionen
der Opposition. Sie sollten daher nicht davon ausgehen, dass die Opposition stets für die Beschaffung von
Zwei-Drittel-Mehrheiten für Gesetzesbeschlüsse zur Verfügung stehen werde.
Bundesminister Reinhold Mitterlehner stellte fest, die Änderung der EnLG sei aufgrund einer EU-Verordnung
über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung, mit der auch eine Richtlinie des
Rates aus 2004 aufgehoben wird, erforderlich. Da die aus dem Jahr 1982 stammende Materie bereits mehrmals novelliert
wurde und nicht mehr übersichtlich ist, habe sich nun die Notwendigkeit einer Neuerlassung des Energielenkungsgesetzes
ergeben. Es würden im Grunde nur bereits bewährte Maßnahmen zusammengefasst, er sehe daher keine
Verkomplizierung.
Sicherstellung: Außenwirtschaftsgesetz wird angepasst
Mit Mehrheit, ohne die Stimmen des BZÖ, in der Fassung eines S-V-Abänderungsantrages angenommen wurde
der Antrag der Abgeordneten Konrad Steindl (V) und Christoph Matznetter (S). Dieser zielt, wie Abgeordneter Christoph
Matznetter erläuterte, darauf ab, die Bestimmungen des Außenwirtschaftsgesetzes hinsichtlich der Sicherstellung
an das EU-Recht anzupassen und so ein Vertragsverletzungs- und Mahnverfahren zu vermeiden. Bundesminister Reinhold
Mitterlehner meinte, es handle sich um ein rechtlich sensibles Gebiet, das Österreich hier im Außenhandelsgesetz
betrete. Man versuche damit, sicher zu stellen, dass keine vollständige und unbemerkte Übernahme von
Unternehmen, die in für die Versorgung der Bevölkerung kritischen Bereichen tätig sind, durch ausländische
Großunternehmen erfolgen kann. Abgeordneter Ernest Windholz (B) lehnte den Antrag mit der Begründung
ab, es gebe keinen Grund zu Eile, man hätte diese Frage auch anders als durch einen Initiativantrag lösen
können.
Energiewende: Opposition fordert Anpassung des Stromnetzes
Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) wies auf die Notwendigkeit einer Energiewende hin und drängte auf entsprechende
Anpassungen des Stromnetzes, um die dezentrale Einspeisung von Ökostrom zu erleichtern. In einem Entschließungsantrag
forderten die Grünen gemeinsam mit BZÖ und FPÖ zunächst eine von internationalen Experten mit
besonderen Erfahrungen in der Integration von Ökostromanlagen und Ökostromlastmanagement zu erstellende
umfangreiche Netzstudie, die das gesamte Stromnetz, alle Stromkraftwerke und alle Speichereinrichtungen erfassen
solle. Auf Basis dieser Studie sollen dann Netzausbauziele, deren Kosten und die adäquaten Systemnutzungstarife
festgelegt werden, um sämtlichen Netzbetreibern die Umsetzung der für die Energiewende erforderlichen
Netzumbauten zu ermöglichen, erläuterte Abgeordnete Lichtenecker.
Abgeordneter Rainer Widmann (B) meinte, man brauche Zahlen und Fakten, wenn man in der Bevölkerung Akzeptanz
für den Netzausbau schaffen wolle. Abgeordneter Peter Haubner (V) meinte hingegen, die E-Control beschäftige
sich intensiv mit den Fragen des Netzausbaus, es gebe zahlreiche Studien. Auch Bundesminister Reinhold Mitterlehner
meinte, nicht fehlende Studien seien das Problem, sondern die Umsetzung von Projekten gestalte sich oft schwierig.
Im Übrigen sei sein Ressort um die schnelle Umsetzung der EU-Richtlinie zur Energieeffizienz bemüht.
Abgeordneter Werner Kogler (G) meinte dazu, es fehle sehr wohl an der Planungsübersicht. Auf dem Energiemarkt
gebe es immer wieder wirtschaftlich unsinnige Entscheidungen, bei denen auch öffentliches Geld im Spiel sei
und die man daher hinterfragen sollte.
FPÖ sorgt sich um Sprachkenntnisse der Gewerbetreibenden
Abgeordneter Bernhard Themessl (F) unterstrich die Bedeutung von Sprachkenntnissen für Gewerbetreibende und
spricht dabei vor allem auch den Aspekt der Qualitätssicherung an. Gerade Dienstleistungen können im
Falle von Sprachbarrieren kaum in für beide Seiten zufriedenstellender Art und Weise erbracht werden, gab
er zu bedenken und fordert in einem Entschließungsantrag die Aufnahme einer Bestimmung in die Gewerbeordnung,
die bei der Erteilung einer Gewerbeberechtigung auf die Kenntnis einer Amtssprache eines EU-Landes abstellt. Abgeordneter
Christoph Matznetter (S) befand den Antrag für grundsätzlich nicht zu Ende gedacht. Der Antrag wurde
mit S-V-G-Mehrheit vertagt.
FPÖ: Staat soll Kosten für Gesellenprüfung übernehmen
Abgeordneter Bernhard Vock (F) plädierte in einem Entschließungsantrag für die Übernahme der
Kosten der Facharbeiterprüfung ("Gesellenprüfung") durch die öffentliche Hand. Während
SchülerInnen für die Maturavorbereitung weder Gebühren noch Prüfungsunterlagen bezahlen, müssten
BewerberInnen zur Gesellenprüfung für Prüfungsgebühren und die Unterlagen aus ihrer eigenen
Tasche aufkommen, argumentierte Vock. Es müsse hier eine Gleichbehandlung der Lehrlinge geben, die weniger
als SchülerInnen und StudentInnen gefördert würden.
Abgeordneter Franz Riepl (S) sagte, die Lehrlinge müssten die Kosten für Prüfungstaxen auch jetzt
nicht selbst tragen, der Antrag stelle unrichtige Behauptungen auf. Es gehe den Antragsstellern darum, Kosten von
den Unternehmen auf die öffentliche Hand abzuwälzen. Abgeordneter Gabriel Obernosterer (V) meinte, das
Anliegen sei richtig, aber die Frage, wie man ausreichend FacharbeiterInnen ausbilden könne, werde so nicht
zu lösen sein. Bundesminister Reinhold Mitterlehner verwies darauf, dass man pro Jahr über 300 Mio. €
für die Förderung von Lehrlingen bereitstelle. – Der Antrag blieb bei der Abstimmung in der Minderheit
von F und B und wurde damit abgelehnt.
FPÖ für konsumentenfreundliche Preisauszeichnung bei Zeitschriften
Abgeordneter Bernhard Vock (F) brachte einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, der die zu wenig konsumentenfreundliche
Preisauszeichnung von ausländischen Zeitschriften und Magazinen bemängelt. Die für Österreich
geltende Preisangabe sei oft nicht auf den ersten Blick erkennbar, kritisierte er. Dieser Antrag blieb in der Minderheit
der Oppositionsparteien und wurde damit ebenfalls abgelehnt.
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