Preis für wissenschaftliche Forschung 2012  

 

erstellt am
10. 12. 12

Preis der Stadt Innsbruck geht an drei Forscherinnen der Medizinischen Universität Innsbruck
Innsrbuck (med-uni) - Im Rahmen eines Festaktes in der Weiherburg wurde am 07.12. der Preis der Landeshauptstadt Innsbruck für wissenschaftliche Forschung 2012 an der Medizinischen Universität Innsbruck vergeben. Die Forscherinnen Valentina Di Biase, PhD, Dr.in Verena Labi und Ass.-Prof.in Priv.-Doz.in Doris Wilflingseder wurden für ihre hervorragenden Erkenntnisse ausgezeichnet.

Der 1979 ins Leben gerufene „Preis für wissenschaftliche Forschung an der Universität Innsbruck“ wird seit dem Bestehen der Medizinischen Universität Innsbruck 2004 jedes dritte Jahr an WissenschafterInnen der Medizin vergeben. Die hervorragende Arbeit und das besondere Engagement junger MedizinerInnen findet durch die Auszeichnung eine besondere Wertschätzung durch die Stadt Innsbruck. Entsprechend dem Vorschlag eines Gremiums der Medizinischen Universität Innsbruck ging der Preis in diesem Jahr an die drei ForscherInnen Valentina Di Biase, PhD, von der Sektion für Physiologie, Dr.in Verena Labi von der Sektion für Entwicklungsimmunologie und Ass.-Prof.in Priv.-Doz.in Doris Wilflingseder von der Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie.

Die Preisträgerinnen und ihre Forschungsarbeiten

Valentina Di Biase, PhD wurde 1975 im italienischen Chieti geboren, wo sie 2001 auch ihr Pharmaziestudium abschloss. Nach einem zweijährigen Forschungsaufenthalt im Labor von Clara Franzini-Armstrong an der University of Pennsylvania in Philadelphia absolvierte die Pharmazeutin von 2005 bis 2008 ein Doktoratsstudium im Graduiertenprogramm Molecular Cell Biology der Medizinischen Universität Innsbruck und dissertierte in der Arbeitsgruppe von ao.Univ.-Prof. Dr. Bernhard Flucher an der Sektion für Physiologie. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf der Rolle von L-Typ Kalziumkanälen in Neuronen.

In ihrer nun prämierten Forschungsarbeit „Surface traffic of dendritic CaV1.2 calcium channels in hippocampal neurons“, beschäftigte sich die junge Forscherin mit L-Typ-Kalziumkanälen, die für Lern- und Gedächtnisprozesse relevant sind. Das Gehirn ist das Organ, das Gedanken, Gefühle und Stimmungen erzeugt. Daneben finden im Gehirn weitere wichtige Prozesse, wie Entscheidungsfindung, Lernen oder Gedächtnisleistungen statt. Das Gehirn besteht aus hochspezialisierten Zellen - Neuronen -, die durch ihre Aktivität für das Auftreten dieser Phänomene verantwortlich sind. Die Neuronen erfüllen diese wichtige Aufgabe, indem sie ihre Zell-Funktionen im Zusammenspiel mit verschiedenen externen Stimuli regulieren. Rezeptoren und Ionenkanäle in den Zellmembranen spielen bei diesen Prozessen eine Schlüsselrolle. Sie registrieren Veränderungen in der Umgebung (Stimuli) und beeinflussen auf jeweils spezifische Weise das Funktionieren der Zelle. Es gibt verschiedene Belege dafür, dass die Neuronen das Ausmaß und die Ausprägung ihrer Reaktionen modulieren, indem sie das Zellmembran-Niveau verschiedener Rezeptoren und Ionenkanäle modifizieren und/oder indem sie diese für spezialisierte Membrankompartimente rekrutieren, die dafür ausgerüstet sind, bestimmte Signale zu übertragen. „In unserer Studie haben wir uns auf L-Typ-Kalziumkanäle konzentriert, die bei Prozessen wie Lernen und Gedächtnis eine Schlüsselrolle spielen. Es zeichnet sich interessanterweise ab, dass eine Funktionsstörung der Kalziumkanäle ein entscheidender Faktor bei der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen ist. In diesem Zusammenhang haben wir die Signalübermittlungseigenschaften dieser Kanäle in der Zellmembran von Nervenzellen untersucht. Insbesondere haben wir beschrieben, wie lange sie in der Membrane verweilen und welche Bahnen ein einzelner Kanal innerhalb der Zellwandschicht abdeckt. Das Datenmaterial und die Ergebnisse unserer Studie liefern die Grundlage und das Knowhow für weitere Untersuchungen und dazu, wie bestimmte Stimuli verschiedene Dynamiken auslösen und wie in der Folge verschiedene Dynamiken mit der Modulation und Regulierung der intrazellulären Signalübertragung zusammenwirken“, erklärt Valentina di Biase. Weitere Erkenntnisse unter diesem Forschungsansatz könnten zum Verständnis der molekularer Mechanismen, die die Funktion verschiedener Kanäle steuern, maßgeblich beitragen - sowohl im Bereich der Physiologie wie auch der Pathologie.

Dr.in Verena Labi wurde 1978 in Knittelfeld, Steiermark, geboren und absolvierte nach ihrem Diplomstudium der Mikrobiologie an der Universität Innsbruck ab 2003 ein Doktoratsstudium der Naturwissenschaften an der Medizinischen Universität Innsbruck in der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Andreas Villunger zum Thema “Die Rolle der zelltodauslösenden Proteine Bim und Bmf”. Seit 2010 befindet sie sich auf einem wissenschaftlichen Auslandsaufenthalt an der Harvard Medical School und am MDC Berlin, um weitere Erkenntnisse zur Rolle des Zelltodes in verschiedenen Zellsystemen und Erkrankungen zu gewinnen.

Der programmierte Zelltod, auch Apoptose genannt, dient dazu, geschädigte oder entartete und deshalb potentiell gefährliche Zellen zu eliminieren. Viele Krebstherapien machen sich eben dieses Prinzip zu Nutze, indem sie Tumorzellen in den zellulären Selbstmord treiben. In der von der Stadt Innsbruck ausgezeichneten Forschungsarbeit “Apoptosis of leukocytes triggered by acute DNA damage promotes lymphoma formation” konnte Verena Labi zeigen, dass entgegen gängiger Meinung beispielsweise der durch Bestrahlung induzierte Zelltod auch krebsfördernd sein kann. Dies führt dann zum Problem, wenn im Rahmen der Therapie zusätzlich zu den Tumorzellen auch gesunde Zellen abgetötet werden. Die überlebenden Vorläufer- oder Stammzellen im Gewebe, wie zum Beispiel dem Knochenmark, sind in der Folge enormem Stress ausgesetzt, da sie nach therapieinduzierter Schädigung ihre eigene DNA reparieren, aber gleichzeitig auch den Verlust ihrer Nachkommen im Gewebe wieder ausgleichen müssen. Dies ist mit massiver Zellteilung der Stammzellen verbunden und führt zu einer Expansion teilweise geschädigter Zellen, die dann im schlimmsten Fall durch die angehäuften Mutationen in ihrer DNA als Keimzellen für einen neuen Tumor dienen können. „In unserem Projekt konnten wir durch eine Hemmung von Zelltod im Knochenmark verhindern, dass wiederholte Bestrahlung zur Tumorentstehung führt. Insbesondere konnten wir zeigen, dass das Zelltod-auslösende Protein PUMA in diesem Prozess eine herausragende Rolle spielt, und dass die alleinige Hemmung von PUMA in Blutstammzellen zu einem deutlichen Schutz vor der akuten Zerstörung dieser Zellen aber auch vor späterer Krebsentstehung führte. Diese Beobachtung könnte auch eine mechanistische Erklärung für die Entstehung sogenannter behandlungsbedingter sekundärer Erkrankungen bieten, die vom Primärtumor unabhängig oft erst Jahre oder Jahrzehnte später entstehen. Die durch die erste Tumortherapie verursachten Schäden im gesunden Gewebe bilden dabei die Basis für die Entstehung weiterer Tumorerkrankungen. Unsere Arbeit liefert Hinweise darauf, dass das Risiko, solch eine sekundäre Erkrankung zu entwickeln durch Reduktion des therapievermittelten Zelltods im gesunden Gewebe während der Therapie deutlich verringert werden könnte“, erklärt Preisträgerin Labi. Die Studie wurde vom FWF und dem Spezialforschungsbereich SFB021 finanziert,

Ass.-Prof.in Mag.a Dr.in Doris Wilflingseder wurde 1971 in Innsbruck geboren, wo sie Biologie, Studienrichtung Zoologie, studierte. Nach ihrer Doktorarbeit am Institut für Theoretische Chirurgie der Universität Innsbruck war sie Universitätsassistentin an der Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Innsbruck, habilitierte 2009 im Fach Immunologie und ist seit Jänner 2012 stellvertretende Direktorin der Sektion. Die bereits durch drei FWF Projekte in Folge geförderte Preisträgerin forscht mit ihrem Team an Wechselwirkungen von dendritischen Zellen mit unterschiedlichen Krankheitserregern, vor allem HIV-1 und Pilzen, unter Berücksichtigung der angeborenen und erworbenen Immunität.

Im Zuge der nun von der Stadt Innsbruck prämierten Publikation „Complement as an endogenous adjuvant for dendritic cell-mediated induction of retrovirus-specific CTLs“ untersuchte Prof.in Doris Wilflingseder mit ihren MitarbeiterInnen die Rolle von Komplement für die durch dendritische Zellen vermittelte Ausbreitung HIV-spezifischer zytotoxischer, also zellzerstörender, T Zellen. Das Komplementsystem ist ein zentraler Bestandteil der angeborenen Immunität, bildet aber auch eine Brücke zur erworbenen Immunabwehr unseres Körpers. Nach dem Eindringen von Krankheitserregern in den Körper werden diese aufgrund ihrer Antigene vom Komplementsystem und später von spezifischen Antikörpern erkannt, indem Komplementfragmente wie auch Antikörper den Krankheitserreger bedecken und diesen damit als „fremd“ markieren. Dieser Prozess nennt sich Opsonisierung. „Ein solch markiertes Virus ist für dendritische Zellen - die Wächterzellen unseres Immunsystems - besser erkennbar. Dendritische Zellen nehmen Bestandteile von Krankheitserregern oder Krebszellen auf, und verarbeiten nicht opsonisierte und opsonisierte Antigene unterschiedlich. Anschließend präsentieren sie diese in einer für die T Zellen erkennbaren Form. Durch die Aktivierung der T Zellen verwandeln die dendritischen Zellen Warnsignale in zielgerichtete Immunreaktionen und verstärken somit die spezifische zelluläre Immunabwehr“, erklärt Doris Wilflingseder die unterstützende Rolle der HIV-1-Komplementopsonisierung. In der durchgeführten Forschungsarbeit konnte erstmals in vitro und in vivo belegt werden, dass die Kapazität dendritischer Zellen, zytotoxische T Zellen zu aktivieren durch Komplementopsonisierung retroviraler Partikel, wie HIV-1, signifikant erhöht wird. Nach genauerer Charakterisierung dieses Mechanismus´ könnten die neuen Erkenntnisse zukünftig für eine innovative, dendritische zellbasierende Vakzinierungsstrategie in Betracht gezogen werden. Die Studie wurde vom FWF (P22165 an DW) finanziert.

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin
"Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl
finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at