Wien (universität) - "Alte Arten" entlarven neue – wie
die "Schatzkiste Museum" bei der Neubeschreibung von Arten helfen kann, fragten sich Patrick Strutzenberger
und Konrad Fiedler vom Department für Tropenökologie und Biodiversität der Tiere der Universität
Wien in Zusammenarbeit mit Gunnar Brehm von der Friedrich Schiller-Universität Jena. Im Fachmagazin PLoS ONE
beschreiben sie nun die DNA-Sequenzierung von Typusexemplaren der Faltergattung Eois, die seit 160 Jahren im Natural
History Museum in London aufbewahrt werden. Sie entdeckten 135 neue Arten.
Weltweit sind WissenschaftlerInnen auf der Suche nach neuen Arten, das Artensterben ist ihnen aber stets einen
Schritt voraus. Neue Hoffnung, schnell und kostengünstig zu einer Klassifizierung neuer Arten beitragen zu
können, liegt in einem vergleichenden Forschungsdesign, das das Team um Patrick Strutzenberger, Evolutionsbiologe
der Universität Wien, in einer neuen Studie erfolgreich angewandt hat. Der Schlüssel der Methode liegt
darin, aktuelle Artenfunde Typusexemplaren aus Museen
gegenüberzustellen.
Eois: Kleiner Falter im Rampenlicht
Hauptdarsteller der Studie ist der kleine südamerikanische Falter Eois, der besonders artenreich in den Wäldern
der Anden vorkommt. "Wir haben 96 Eois-Typenexemplare aus dem Natural History Museum in London untersucht
und konnten bei 95 dieser Exemplare einen verwertbaren Abschnitt der mitochondrialen DNA sequenzieren. Bei einem
anschließenden Vergleich der 'alten' DNA mit jener von 154 Eois-Arten, die kürzlich in den Wäldern
Ecuadors nachgewiesen werden konnten, gelang uns schließlich die Sensation: 135 Arten waren bislang neu für
die Wissenschaft", so Patrick Strutzenberger vom Department für Tropenökologie und Biodiversität
der Tiere der Universität Wien.
DNA-Schatzkiste Museum: Was Typusexemplare erzählen
Die Archive von Museen entpuppen sich für die zweifelsfreie Bestimmung von Organismen als wahre Schatzgrube:
Sie bewahren Typusexemplare auf und stellen umfassende Informationen darüber zur Verfügung. Neben der
fotografischen Dokumentation der Exemplare spielt heute insbesondere deren DNA-Sequenzierung, bei der mithilfe
des DNA-Barcodings quasi der biologische Fingerabdruck einer Art identifiziert wird, eine entscheidende Rolle.
Leistbare Vielfalt: Kostengünstige Bestimmung von Organismen
Doch viele Exemplare sind wahre Methusalems und bringen so manches Altersleiden mit sich: Sie lagern seit der vorletzten
Jahrhundertwende in den Archiven, ihre DNA ist stark abgebaut. Die Sequenzierung der DNA aus 100 bis 250 Jahre
altem Material brachte bislang Schwierigkeiten mit sich und stellte die Wissenschaft nicht zuletzt angesichts hunderttausender
Museumsexemplare vor eine finanzielle Herausforderung. "Aufbauend auf unseren Ergebnissen könnte eine
umfangreiche Erfassung aller Typusexemplare, die in Museen rund um den Globus ruhen, rasch und mit einem geringen
finanziellen Aufwand in Angriff genommen werden", erklärt Strutzenberger abschließend.
Publikation im Open Access Journal PLoS ONE:
Strutzenberger P, Brehm G, Fiedler K (2012) DNA Barcode Sequencing from Old Type Specimens as a Tool in Taxonomy:
A Case Study in the Diverse Genus Eois (Lepidoptera: Geometridae). PLoS ONE 7(11) 2012: e49710. doi: 10.1371/journal.pone.0049710
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