Brüssel/Wien (bmi) - Im Zentrum des Innenministerrats am 06.12. in Brüssel standen das gemeinsame
europäische Asylsystem, der zweite Halbjahresbericht der Europäischen Kommission zur Schengen-Situation
und die europäische Visapolitik.
"Die Errichtung eines gemeinsamen, europäischen Asylsystems werden wir realistischerweise bis Ende 2012
nicht ganz schaffen. Auch wenn wir unter Zeitdruck stehen, dürfen wir dabei nicht die Qualität der Rechtsakte
vernachlässigen", sagte Innenministerin Mag.a Johanna Mikl-Leitner anlässlich des Innenministerrats.
"Am Ende der Verhandlungen ist es notwendig, dass wir Bestimmungen auf dem Tisch liegen haben, die in der
Praxis umsetzbar und tatsächlich anwendbar sind."
Der Europäische Rat hat vor zwei Jahren den Auftrag gegeben, bis Ende 2012 ein gemeinsames europäisches
Asylsystem zu realisieren. Um europaweit asylrechtliche Mindeststandards und Zuständigkeiten zu regeln, wurden
mehrere Rechtsakte überarbeitet. "Es ist wichtig, dass wir das gesamte Rechtsaktepaket möglichst
rasch auf Schiene bringen. Ein Blick auf aktuelle Zahlen der EU-27 spricht Bände: Nur zehn Mitgliedstaaten
arbeiten 90 Prozent der Asylanträge ab. Österreich liegt mit 14.426 Asylanträgen dabei auf Platz
sieben und auf Platz fünf bei der Pro-Kopf-Belastung", sagte die Innenministerin. Andere EU-Mitgliedstaaten
wie Tschechien und die Slowakei hätten im selben Zeitraum knapp 500 Asylanträge bearbeitet. "Darum
ist es notwendig, dass wir in der EU einheitliche Verfahrensstandards und Aufnahmebedingungen einführen, damit
es keinen Unterschied mehr macht, in welchem Mitgliedstaat ein Asylantrag gestellt wird", erklärte Mikl-Leitner.
Beim Innenministerrat wurde auch das Thema der europäischen Visapolitik besprochen. "Das Visainformationssystem,
Visa-Erleichterungsabkommen und Visadialoge sind zersplitterte Mosaiksteinchen, bei denen ich mir nicht sicher
bin, wie sie zusammenpassen. Wir brauchen einen durchdachten und zukunftsorientierten Gesamtansatz zur europäischen
Visapolitik", forderte die Innenministerin. "Und im Kern dieser Visapolitik müssen Sicherheitsaspekte
berücksichtigt und mitgedacht werden. Das erscheint mir derzeit nicht immer der Fall zu sein."
Beim Innenministerrat legte die Europäische Kommission den zweiten Halbjahresbericht zur Schengen-Situation
vor. Demnach wurden zwischen April und Juni 2012 etwa 23.000 illegale Grenzübertritte verzeichnet, was einem
Rückgang von 44 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Der Bericht dokumentiert einerseits auch,
dass 56 % aller illegalen Grenzübertritte in die EU über die griechisch-türkische Landgrenze erfolgen
und andererseits die Wiedereinführung der Grenzkontrollen bei Großveranstaltungen problemlos funktionierte.
"Wir müssen dort ansetzen, wo es hapert und das Schengen-System als Ganzes stärken. Für den
Fall der Fälle, wenn ein Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen auf Dauer nicht nachkommt, brauchen wir daher
als allerletzten Schritt die Wiedereinführung der Grenzkontrollen", sagte die Innenministerin.
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